Beim Auto Diebstahl, beim Apfel Mundraub
„Mit Geld- oder Haftstrafe wird bestraft, wer Nahrungs- oder Genußmittel oder andere Gegenstände des hauswirtschaftlichen Verbrauchs in geringer Menge oder von unbedeutendem Wert zum alsbaldigen Verbrauch entwendet oder unterschlägt“. So lautete § 370 Abs.1 Nr. 5 StGB in seiner bis 1975 geltenden Fassung. Gemeinhin ist dieser Straftatbebstand als Mundraub bekannt. Keineswegs jedoch war der Mundraub straffrei. Der Mundraub galt als sog. Übertretung, und durfte daher höchstens mit 500 Mark Geldstrafe bzw. einer Haftstrafe bis zu sechs Wochen geahndet werden. Im Zuge einer Strafrechtsform wurde diese Norm abgeschafft. Es spielt nun grundsätzlich keine Rolle mehr, was für ein Gegenstand gestohlen wird. Egal ob Apfel oder Auto, es handelt sich immer um Diebstahl gemäß § 242 StGB. Geblieben ist, dass der Diebstahl von Sachen mit geringem Wert (bis ca. 50,00 EUR) nur auf Antrag verfolgt wird. Polizei oder Staatsanwaltschaft verfolgen den Diebstahl also nicht von sich aus.
Die Natur ist kein Selbstbedienungsladen
Durch eine neue Internetseite ist das Thema allerdings wieder in aller Munde. Auf einer Deutschlandkarte werden dort Obstbäume und Sträucher verzeichnet. Deren Früchte sind nach Auskunft der Seitenbetreiber vom Eigentümer zur freien Verfügung gestellt worden - die Macher sprechen von legalem Mundraub. Legal deshalb, weil die Eigentümer der Bäume damit einverstanden sind, dass die Früchte gesammelt werden dürfen. Wem jedoch gehört der verlockende Beerenstrauch in der freien Natur? Dass er herrenlos ist, ist nahezu ausgeschlossen. Denn grundsätzlich ist der Eigentümer des Grundstücks auch Eigentümer der Bäume und Sträucher auf dem diese stehen. Ist der Grund und Boden verpachtet, so genießt der Pächter die Rechte. Steht ein Baum am Straßenrand, wird er in der Regel der Gemeinde, dem Kreis, dem Land oder dem Bund gehören. Man muss also davon ausgehen, dass in Deutschland jeder Quadratmeter Grund jemandem gehört.
Obsternte nur mit Einverständnis
Entscheidend ist deswegen ein vorliegendes Einverständnis des Eigentümers. Nur wenn ein Einverständnis vorliegt, macht man sich nicht wegen Diebstahls strafbar. Um beim Pflücken oder Sammeln wirklich sicher zu gehen, sollte daher stets der Eigentümer kontaktiert werden. Steht der Baum auf einer öffentlichen Fläche, kann bei der Stadt ein Einverständnis eingeholt werden. Sind Flächen umzäunt, dürfen diese nicht betreten werden. Wer dies tut, macht sich wegen Hausfriedensbruchs strafbar. Wer sich also auf Ernte begibt ohne zu prüfen, ob der Eigentümer einverstanden ist, kann sich wegen Diebstahls strafbar machen. Da die Tat allerdings nur auf Antrag verfolgt wird, gilt der bekannte Spruch „wo kein Kläger, da kein Richter“. Übrigens: Ein Strafrichter wird das Argument, man habe sich beim Pflücken auf Angaben im Internet verlassen, nicht gelten lassen.
ra-online/ARAG (pm/pt)