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Strafrecht | 24.11.2015

Strafvollzug

Wucher im Gefängnis: Gericht unterbindet hohe Telefonkosten für Gefangene

Telefonkosten in vielen Justizvollzugsanstalten unverhältnismäßig

Kasse machen mit Strafgefangenen: Anders kann man die Preise, die für Telefongespräche in vielen Justizvollzugsanstalten berechnet werden, nicht bezeichnen. Wenn pro Minute 0,20 Euro für Ferngespräche im deutschen Festnetz berechnet werden, ist dies schlichtweg unverhältnismäßig. Das Landgericht Stendal hat deshalb auf Antrag eines Strafgefangenen entschieden, dass die Telefongebühren in der JVA Burg zu hoch sind und gesenkt werden müssen.

Der prozessierende Strafgefangene der JVA Burg hatte zuvor binnen drei Jahren knapp 8.000 Euro Telefongebühren für Gespräche über das Festnetz mit seinen Kindern bezahlen müssen. Da Insassen der JVA für Telefonate nur die von der Anstalt bereitgestellte Telefonanlage nutzen können, hatte er keine Alternative zu diesen teuren Telefonaten.

Strafgefangene sind auf Gefängnistelefone angewiesen

Dabei ist es für Strafgefangene besonders wichtig, ihre sozialen Kontakte über das Telefon zu pflegen. Die Besuchsmöglichkeiten im Gefängnis sind begrenzt. Wenn dann auch noch die Familie an einem anderen Ort wohnt, bleibt nur noch das Telefon, um regelmäßig Kontakt zu halten. Mobiltelefone sind im Gefängnis verboten, so dass die JVA den Zugang zu einem Telefon bereitstellen und dabei für marktgerechte Preise sorgen muss.

LG Stendal, Beschluss vom 30.12.2014, Az. 509 StVK 179/13

Die kleine Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Stendal hat mit Beschluss vom 30.12.2014 (Az. 509 StVK 179/13) die Preise in der JVA Burg als unverhältnismäßig bewertet. Danach wurden bislang pro Minute 0,10 Euro für Ortsgespräche, 0,20 Euro für Ferngespräche, 0,70 Euro für Mobilfunkgespräche und 0,60 Euro bis 2,60 Euro ins Ausland berechnet.

Privatfirma betreibt Gefangenentelefonie

Zwar war die JVA nicht selbst der Betreiber der Telefonanlage. Diese Aufgabe war an eine Privatfirma, die auf Gefangenentelefonanlagen spezialisiert ist und über die Hälfte der deutschen Justizvollzugsanstalten zu ähnlichen Preisen mit ihren Leistungen bedient, übertragen worden.

JVA muss bei privaten Anbietern für angemessene Kosten sorgen

Jedoch muss die JVA dafür Sorge tragen, dass ein von ihr ausgewählter privater Anbieter die Leistungen zu marktgerechten Preisen erbringt. Auch wenn im Strafvollzug besondere technische Anforderungen erfüllt werden müssen (wie z.B. ein besonders stabiles, fest verankertes Telefon und die Möglichkeit des Mithörens von Gesprächen durch die JVA), die das Telefonieren im Gefängnis verteuern, so dürfen die Telefonkosten dennoch nicht deutlich über dem außerhalb des Vollzugs Üblichen liegen.

Fürsorgepflicht der Justizvollzugsanstalten gegenüber Gefangenen

Die Fürsorgepflicht der Anstalt gebietet es, die finanziellen Interessen der Gefangenen zu wahren. Die Missachtung ihrer wirtschaftlichen Interessen ist auch unvereinbar mit dem verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgrundsatz. Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet angemessene Telefonkosten.

JVA muss für Senkung der Kosten sorgen oder Verträge neu ausschreiben

Die JVA muss aufgrund der Gerichtsentscheidung für angemessene Telefonkosten sorgen – indem sie bei ihrem Vertragspartner auf eine angemessene Senkung der Preise hinwirkt oder die Gefangenentelefonie neu ausschreibt. Angesichts der Tatsache, dass die gleiche Firma die Telefonanlagen für Gefangene in einem Großteil der deutschen Gefängnisse betreibt, wird die Entscheidung des LG Stendal noch nachhaltige Auswirkungen auf den deutschen Justizvollzug haben.

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