Bei dem Flugzeugunglück waren 150 Menschen ums Leben gekommen, weil der Co-Pilot die Maschine auf dem Flug von Barcelona nach Düsseldorf über den französischen Alpen absichtlich zum Absturz gebracht hatte. Er litt, so ergaben die Untersuchungen, an Depressionen. Es war ein erweiterter Suizid in der Variante des Massenmords – ob unter Drogen oder Psychopharmaka, ist nicht bekannt.
Lufthansa bietet 25.000 Euro Schmerzensgeld an
Seither streiten sich die Angehörigen der Opfer mit Germanwings bzw. der Lufthansa um den zu zahlenden Schadenersatz. Ein Angebot der Lufthansa belief sich auf 50.000 Euro Soforthilfe, 25.000 Euro Schmerzensgeld und 10.000 Euro für nähere Verwandte. Ein Anwalt mehrerer Opferfamilien bezeichnete dies als unangemessen. Es gibt aber auch Juristen, die das Lufthansa-Angebot in manchen Fällen für eher großzügig halten und auf die bisherige Rechtsprechung in Deutschland verweisen, die mit Schmerzensgeldbeträgen ausgesprochen zurückhaltend ist (vgl. Germanwings-Absturz: Zum Hinterbliebenen-Schmerzensgeld im deutschen Recht - Fachbeitrag von Rechtsanwalt Prof. Dr. Ronald Schmid).
Geringe Schmerzensgeldbeträge nach deutschem Recht
Es braucht noch nicht einmal das Beispiel USA als Vergleich herangezogen werden. Die in Gerichtsverfahren in Deutschland zugesprochenen, extrem niedrigen Schmerzensgeldbeträge sprechen für sich. Zudem erhält nach deutschem Recht zunächst einmal nur derjenige Schmerzensgeld, der direkt geschädigt wurde – also normalerweise das überlebende Opfer. Im Fall des Todes haben Angehörige nach deutscher Rechtslage nur im Fall des sogenannten Schockschadens Anspruch auf Schmerzensgeld – also dann, wenn sie durch den Verlust des Angehörigen so große seelische Qualen leiden, dass dadurch ihre eigene Gesundheit geschädigt wird (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.01.2015, Az. VI ZR 548/12). Im Streitfall sind sie es auch, die diese Gesundheitsbeeinträchtigung vor Gericht beweisen müssen - mit allen Konsequenzen der ihnen obliegenden Beweislast.
Rechtsprechung enscheidet über Schmerzensgeldhöhe
Für die juristische Praxis ist also die Klärung der Frage, wer im Fall von Verkehrsunfällen Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld hat und in welcher Höhe dies der Fall ist, sehr wichtig. Von der wissenschaftlichen Bearbeitung solcher Fragen an den Universitäten lebt auch die Rechtsprechung, die nicht statisch ist, sondern sich fortentwickelt, und in der Entscheidungsfindung auch durchaus die Rechtswissenschaften und deren Umgang mit umstrittenen Fragen im Blick hat.
Einheitlichkeit und Anpassung von Schmerzensgeldbeträgen ist auch rechtspolitische Frage
Denn es ist auch nicht in Ordnung, wenn es vom medialen Druck abhängt, wie hoch Entschädigungen nach Verkehrsunfällen ausfallen. Denn im Fall eines aufsehenerregenden Unglücks wie dem Germanwings-Absturz wird die betroffene Fluglinie naturgemäß eher bereit sein, höhere Zahlungen zu leisten, als sie nach dem Buchstaben des Gesetzes und entsprechend den mickrigen Tarifen der deutschen Rechtsprechung müsste.
Druck der Öffentlichkeit kann höhere freiwillige Schmerzensgeldzahlungen bewirken
Das ist den betroffenen Angehörigen natürlich sehr zu wünschen. Am Gesamtsystem ändern solche „freiwilligen“ Zahlungen aber nichts, und dann bleibt die Frage, ob es nicht doch eine Ungerechtigkeit darstellt, wenn Hinterbliebene bei „einfachen“ Verkehrsunfällen, für die sich keine Zeitung interessiert, die aber für die Betroffenen mit nicht weniger Leid verbunden sind, sich - im Zweifel nach einem Gerichtsverfahren - mit viel geringen Schmerzensgeldzahlungen bescheiden müssen.
Dann hängt es vom Zufall bzw. der Größe des gewählten Verkehrsmittels ab, wie viel die Schmerzen der Betroffenen wert sind. Geschädigten aus einem einfachen Autounfall wird nicht so viel Aufmerksamkeit zuteil wie den Opfern von Großunglücken wie ICE-Unfällen oder Flugzeugabstürzen. Sie bekommen am Ende allein deshalb ein geringeres Schmerzensgeld - auch wenn der Gegner in Form der Haftpflichtversicherung nicht minder solvent ist als die große Fluglinie in dem anderen Fall.
Solche Fragen müssen rechtspolitisch und rechtswissenschaftlich diskutiert werden, und sollten nicht einer Art medialer Ersatz-Justiz überlassen werden.
Jura-Studenten bekommen oft Aufgaben mit aktuellen Rechtsproblemen
Jura-Professor Gerald-Wagner, der die umstrittene Hausarbeit an der Humboldt-Universität schreiben lässt, äußerte sich indes zurückhaltend zum Vorwurf, dass das Hausarbeits-Thema geschmacklos sei. Der Berliner Morgenpost sagte er, dass es in den Rechtswissenschaften üblich sei, reale Fälle als Prüfungsaufgaben zu stellen. In seiner Hausarbeit würden die Gefühle der Betroffenen nicht verletzt, sondern lediglich bereits bekannte Fakten genannt. Es gehe ihm nicht darum, zu provozieren, sondern die Rechtsstellung der Angehörigen zu klären, da es im Allgemeinen eine große Unsicherheit über deren Rechtsansprüche gebe.