Die Klassiker sind Probleme im Job. Das fällt in die Rubrik „Arbeitsrecht“. Trennt sich eine Familie, fällt das in die Kategorie „Familienrecht“. Gab es einen Unfall und die Schuldfrage ist zu klären, findet man diesen Fall in der Akte zum „Verkehrsrecht“. Diese drei Sparten sind jedoch nur ein Bruchteil der insgesamt 23 großen Rubriken, in die sich die Rechtsvertretung unterteilen lässt. Vertreten werden sie durch Fachanwälte, die im Fokus dieses Ratgebers stehen sollen. Sehr umfangreiche Informationen zur Fachanwaltschaft finden Sie zudem unter http://www.fachanwalt.de/magazin/ueber-fachanwaelte/.
Fachanwalt oder Rechtsanwalt? Was ist der Unterschied?
Die juristische Grundlage eines Rechts- und eines Fachanwalts ist in weiten Teilen ähnlich: Sie haben ein Jura-Studium absolviert. Sie verfügen über eine Zulassung, um am Gericht tätig werden zu können, an dem sie zugelassen sind. Und sie unterliegen der Schweigepflicht. Der Verbraucher, der nach einer rechtlichen Stütze sucht, muss sich von dem Fachanwalts-Titel nicht beirren lassen. Egal welche Titel der Anwalt trägt, vertreten darf er seine Mandanten grundsätzlich als Rechtsanwalt. Hat er sich jedoch zum Fachanwalt weitergebildet, dann ist er in maximal drei Fachgebieten ein wahrer Profi. Und Profis sind immer dann nötig, wenn es gilt einen strittigen Fall gewinnen zu können.
Wie sich der Rechtsanwalt zum Fachanwalt qualifiziert hat, zeigt diese Grafik (zum Vergrößern anklicken):
Die Gründe, die der Wahl eines bestimmten Rechtsfachgebiets zugrunde liegen, sind meist ganz vielfältiger Natur. Zum einen kann es persönliche Interessensgebiete geben, die sich bereits bei den Einzelstationen (Schritt 2) ausgebildet haben. Zum anderen entscheiden sich Strategen auch häufig dafür, ein juristisches Gebiet zu belegen, in der die Konkurrenz rar ist oder die Praxisfälle sich besonders häufen. Letztlich aber ist es natürlich ein „Glücksspiel“ seine juristische Karriereplanung mit Blick in die Glaskugel planen zu wollen. Im schlimmsten Fall kann im Laufe der Jahre ein Fachanwalt gar nicht mehr gefragt sein. Dann wird dieser vermutlich seinen Titel „verfallen“ lassen, um sich in einem anderen Fachbereich zum Fachanwalt weiterzubilden. Natürlich dürfen auch die persönlichen Vorlieben nicht außer Acht gelassen werden. Wer gerne mit Zahlen arbeitet, für den ist das Steuer- und Wirtschaftsrecht sicherlich eher von Interesse als das Familienrecht.
Fachanwalt oder Rechtsanwalt? Wofür soll sich der Laie entscheiden?
Dem Klienten soll die Auszeichnung als „Fachanwalt“ in erster Linie anzeigen, dass es sich hierbei um einen versierten Profi handelt, der seine Fachkenntnisse nicht nur werbewirksam auf seine Internetseite schreibt, sondern diese auch in Prüfungen und Fortbildungen bewiesen hat bzw. regelmäßig beweist. Zudem hat der Blick auf die einzelnen Stationen gezeigt: Ein Fachanwalt muss neben theoretischem Wissen auch praktische Fälle begleitet haben.
Für den Mandanten ergibt sich daraus diese Empfehlung:
- Nutzen Sie die Fachexpertise, wenn es um einen komplizierten Fall geht, bei dem vielleicht sogar mehrere Parteien involviert sind.
- Konsultieren Sie einen Fachanwalt, wenn der Fall durch zeitliche Komponenten oder andere Details deutlich komplexer als „Standard“ ist.
- Suchen Sie gezielt nach einem Fachanwalt, wenn der Fall nicht ein-eindeutig ist oder vielleicht nur schwer vergleichbar ist.
- Fragen Sie einen Fachanwalt, wenn es sich um ein außergewöhnliches Rechtsgebiet oder um Rechtsangelegenheiten handelt, die sich im Umbruch befinden.
Neugierig auf die Expertise? Es gibt 23 verschiedene Fachanwälte!
Abbildung 1: Fachanwälte picken sich maximal drei Themenbereiche heraus und spezialisieren sich theoretisch und praktisch darauf.Quelle: pixabay.com © Joergelmann (CC0 Public Domain)
Vielleicht hat der eine oder andere eingangs gestutzt, wie die 23 Fachanwälte zustande gekommen. Das ist mit Blick auf diese Fachbereiche aber schnell erklärt: Agrarrecht, Arbeitsrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht, Bau- und Architektenrecht, Erbrecht, Familienrecht, Gewerblicher Rechtsschutz, Handels- und Gesellschaftsrecht, Informationstechnologierecht, Insolvenzrecht, internationales Wirtschaftsrecht, Medizinrecht, Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Migrationsrecht, Sozialrecht, Steuerrecht, Strafrecht, Transport- und Speditionsrecht, Urheber- und Medienrecht, Verkehrsrecht, Vergaberecht, Versicherungsrecht und Verwaltungsrecht.
Die große Bandbreite an Fachanwälten wird im Übrigen erst seit dem Jahr 2006 auch zahlenmäßig deutlich. Von 1960 bis 2005 weist die Statistik Steuerrecht, Verwaltungsrecht, Strafrecht, Familienrecht, Arbeitsrecht, Sozialrecht und Insolvenzrecht aus (vgl. http://www.brak.de/w/files/04_fuer_journalisten/statistiken/2016/fachanwaelte-entwicklung.pdf). Anschließend gibt es deutlich mehr Fachanwälte.
Spannend ist auch die Verteilung auf die einzelnen Fachgebiete. In Deutschland sind insgesamt 163.772 Rechtsanwälte gelistet. So viele haben einen Fachanwaltstitel (Quelle: http://www.brak.de/w/files/04_fuer_journalisten/statistiken/2016/fachanwaelte-zum-1-1-2016.pdf):
Abbildung 2: Im internationalen Wirtschaftsrecht sind Experten rar. Bild:pixabay.com © geralt (CC0 Public Domain)
- Agrarrecht: 143
- Arbeitsrecht: 10.265
- Bank- und Kapitalmarktrecht: 1.013
- Bau- und Architektenrecht: 2.796
- Erbrecht: 1.807
- Familienrecht: 9.685
- Gewerblicher Rechtsschutz: 1.093
- Handels- und Gesellschaftsrecht: 1.619
- Informationstechnologierecht: 539
- Insolvenzrecht: 1.662
- internationales Wirtschaftsrecht: 81
- Medizinrecht: 1.661
- Miet- und Wohnungseigentumsrecht: 3.559
- Sozialrecht: 1.881
- Steuerrecht: 4.910
- Strafrecht: 3.542
- Transport- und Speditionsrecht: 203
- Urheber- und Medienrecht: 332
- Verkehrsrecht: 3.876
- Vergaberecht: 13
- Versicherungsrecht: 1.379
- Verwaltungsrecht: 1.570
Für den Mandaten bedeutet das, dass nicht nur das Angebot an Arbeitsrechtlern extrem hoch ist, sondern auch nach Spezialisten im Vergaberecht vermutlich gesucht werden muss, wie nach der Nadel im Heuhaufen.