Nach § 23 Abs. 1 S. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) trifft den Fahrzeugführer die Pflicht, dafür zu sorgen, dass sein Gehör nicht durch Geräte beeinträchtigt wird. Der Kopfhörer ist nach seinem ihm angedachten Verwendungszweck zweifelsfrei als Gerät im Sinne der Vorschrift zu qualifizieren. Beeinträchtigt wird das Gehör des Fahrzeugführers immer dann, wenn eine Verschlechterung oder Minderung des Hörvermögens eintritt. Hierzu reicht bereits eine geringfügige Überschreitung der Schwelle zu einer bedeutsamen Beeinträchtigung aus. Sollte dies der Fall sein, so stellt das Tragen des Kopfhörers eine Ordnungswidrigkeit dar, durch die der Träger den Pflichten des § 1 StVO, insbesondere der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme, nicht ausreichend nachkommen kann. Ein Verstoß kann daher entsprechend mit einem Bußgeld geahndet werden.
Einzelfall entscheidet?
Ob die Schwelle zu einer bedeutsamen Beeinträchtigung tatsächlich überschritten wird, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalls. Eine feste Regel etwa, die besagt, dass das Tragen von nur einem Knopf im Ohr zulässig sei, während eine beidseitige Beschallung zwangsläufig zu einer Beeinträchtigung führe, gibt es nicht. Zweifelsfrei liegt eine Beeinträchtigung dagegen beispielsweise vor, wenn der Fahrzeugführer Martinshörner überhört und einem Einsatzwagen den Platz versperrt. Im konkreten Fall muss die Frage nach dem Vorliegen einer Beeinträchtigung des Gehörs durch einen Richter entschieden werden. Geht es nur um den Vorwurf des Tragens eines Kopfhörers, dürfte dies in den meisten Fällen angesichts des geringen Bußgelds aus wirtschaftlichen Gründen nicht sinnvoll sein.
Haftpflichtversicherung?
Kommt es zu einem Unfall, kann dagegen der Frage, ob eine Beeinträchtigung des Gehörs vorlag, für die zivilrechtliche Auseinandersetzung erhebliche Bedeutung zukommen. Hier sollte gegebenenfalls auch gegen einen Bußgeldbescheid vorgegangen werden. Zwar besteht hinsichtlich des Ausgangs des Ordnungswidrigkeitsverfahrens grundsätzlich keine Bindungswirkung für ein zivilrechtliches Verfahren. Zumindest ist aber damit zu rechnen, dass sich der Ausgang auch auf das Ergebnis der zivilrechtlichen Auseinandersetzung auswirken könnte. Selbst dann, wenn das Verschulden klar bei der Gegenseite liegt, wird diese versuchen, bei demjenigen, der während des Unfalls einen Kopfhörer trug, ein Mitverschulden zu konstruieren. Im Übrigen ist nicht auszuschließen, dass die Haftpflichtversicherung desjenigen, der während eines Unfalls einen Kopfhörer trug, ihre Einstandspflicht aufgrund einer grob fahrlässigen Schadensherbeiführung entsprechend zu kürzen versucht.
Fazit?
Ein generelles Verbot der Benutzung von Kopfhörern besteht - im Gegensatz etwa zum umfassenden Nutzungsverbot für Mobiltelefone – nicht (vgl. refrago.de: Darf man als Autofahrer das Handy während der Fahrt in die Hand nehmen?). Im Hinblick auf die drohenden tatsächlichen und rechtlichen Konsequenzen dürfte jedoch von dem Tragen eines Kopfhörers während des Führens eines Fahrzeugs abzuraten sein.
ra-online/ARAG (pm/pt)