Vereinfacht gesagt kommt es wohl darauf an, ob man die Kündigung so auslegen kann, dass der Arbeitgeber nicht ausschließlich zu dem genannten - falschen - Zeitpunkt kündigen wollte, sondern es ihm darauf ankam, das Arbeitsverhältnis zum „richtigen“ Zeitpunkt enden lassen zu wollen.
Kündigungszeitpunkt „nach unseren Berechnungen“
Letzteres wäre sofort zu bejahen, wenn es in der Kündigung hieße: „Wir kündigen fristgemäß zum nächstzulässigen Zeitpunkt, das ist nach unseren Berechnungen der 30.06.2015“. Wenn nun das Enddatum - beispielsweise aufgrund eines Rechenfehlers - falsch wäre, weil in Wahrheit erst zum 31.07.2015 gekündigt werden kann, würde man im Wege der Auslegung ohne Weiteres sagen können, dass der Wille darauf gerichtet war, das Arbeitsverhältnis wenigstens zum 31.07.2015 enden lassen zu wollen. Die Kündigung mit dem falschen Enddatum wäre also umzudeuten in eine solche mit richtigem Enddatum, hier also zum 31.07.2015.
Kündigungsfrist bei im Arbeitsvertrag zu kurz vereinbarter Kündigungsfrist?
Was ist aber, wenn im Arbeitsvertrag eine zu kurze Kündigungsfrist vereinbart wurde, an die sich der Arbeitgeber hält und er schreibt: „Wir kündigen zum 30.09.2015, Datum Unterschrift“, wobei frühestmöglicher Zeitpunkt in Wahrheit (nämlich nach Gesetz) der 31.10.2015 ist? Bei der Auslegung von Kündigungserklärungen war das BAG bislang recht großzügig („Auslegung als Kündigung zum richtigen Termin ist der Regelfall“).
Für die Auslegung der Kündigung als Kündigung zum 31.10.2015 spricht in meinem Beispielsfall, dass der Arbeitgeber offenbar die maßgebliche Kündigungfrist einhalten wollte. Er irrt aber darüber, aus welcher Rechtsquelle die maßgebliche Frist „stammt“ (Gesetz bricht Arbeitsvertrag).
Auslegung der Kündigung
Gegen die Auslegung der Kündigung zum „richtigen“ Termin spricht, dass der Arbeitgeber nicht geschrieben hat, dass er „fristgemäß“ oder „ordentlich“ kündigt. Erst recht problematisch wäre es, wenn sich die richtige Kündigungsfrist entweder aus Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Gesetz ergibt. Dann muss der Arbeitnehmer rätseln, welche Frist denn nun eigentlich die richtige sein soll.
Gegen eine Auslegung zum 31.10.2015 spricht meines Erachtens auch sehr stark das sog. Bestimmtheitsgebot. Aus der Kündigungserklärung muss sich ergeben, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis enden soll, ohne dass der Arbeitnehmer lange rätseln muss, zu welchem anderen Termin der Arbeitgeber die Kündigung gewollt haben könnte.
Kündigung „fristgemäß zum ...“
In einem vom BAG entschiedenen Fall (BAG, Urt. v. 15.5.2013 - 5 AZR 130/12) hat den Arbeitgeber „gerettet“, dass er „fristgemäß zum ...“ geschrieben hat. Dadurch sei es dem Arbeitnehmer ganz leicht möglich, in einem einfachen Rechenschritt die richtige Frist selbst zu ermitteln.
In meinem Beispielsfall fehlt wie gesagt der Zusatz „fristgemäß zum....“. Dass der Arbeitgeber fristgemäß kündigen will erkennt der Arbeitnehmer also „nur“ daran, dass er überhaupt eine Frist einhält. Ob dies vor dem BAG ausreicht, ist meines Erachtens fraglich. Die besseren Argumente sprechen allerdings nach meiner Einschätzung für die Unwirksamkeit der Kündigung insgesamt.
Tipp für den Arbeitgeber!
Ein gut beratener Arbeitgeber sollte daher sofort eine Nachkündigung aussprechen, wenn die Kündigung angegriffen wird.