Zunächst einmal: Vertraglich kann vieles geregelt werden. Sofern nicht gegen zwingende Gesetze verstoßen wird, können Verkäufer und Käufer im Kaufvertrag das Rücktrittsrecht selbst regeln und die gesetzlichen Rücktrittsrechte variieren. Wenn der Kaufvertrag zwischen zwei Unternehmern geschlossen wird – der Käufer also kein Verbraucher ist – können die gesetzlichen Gewährleistungsrechte, zu denen das Rücktrittsrecht gehört – weitgehend eingeschränkt werden.
Gesetzliches Rücktrittsrecht kann durch Kaufvertrag erweitert werden
Gegenüber Verbrauchern ist eine Einschränkung des gesetzlichen Rücktrittsrechts weitgehend nicht möglich. Das Rücktrittsrecht kann jedoch zugunsten der Käufer erweitert werden. Dies wird im Handel auch häufig praktiziert, um mit Kundenfreundlichkeit werben zu können. Das Rücktrittsrecht kann ausdrücklich vertraglich bzw. durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verkäufers, aber auch auf Kulanzbasis erweitert werden.
Kein anlassloses Rücktrittsrecht im Offline-Handel
Zu den Käuferrechten kursieren nach wie vor einige Mythen, die juristisch nicht haltbar sind. So muss klar gesagt werden, dass Käufer keinesfalls ein allgemeines, anlassloses Rücktrittsrecht haben. Eine gekaufte Sache kann nicht einfach innerhalb von 2 Wochen im Geschäft gegen Kaufpreis zurückgegeben werden.
Viele Händler räumen Kunden Rücktrittsrecht aus Kulanz ein
Wenn Händler dennoch auch einwandfreie Ware zurücknehmen, ohne dass die Käufer dies begründen müssen, so handeln sie entweder aufgrund einer selbst gegebenen vertraglichen Zusicherung, die über die gesetzlichen Rücktrittsrechte hinausgeht , oder schlichtweg aus Kulanz gegenüber den Kunden. Im Massengeschäft wie etwa an der Supermarktkasse kann es für den Verkäufer tatsächlich günstiger sein, Ware stets innerhalb eines bestimmten Zeitfensters von beispielsweise 2 oder 4 Wochen umstandslos zurückzunehmen und den Kaufpreis zu erstatten, statt bei jedem Rückgabewunsch die Kassenkräfte eine Einzelfallentscheidung treffen zu lassen, die die Prüfung des Rücktrittsgrundes erfordern würde. Der dafür nötige Arbeitsaufwand und der damit verbundene Stau an der Kasse wäre möglicherweise teurer, als dem Kunden einfach den Kaufpreis zu erstatten und die Ware zurückzunehmen. Außerdem kann auf diese Weise ein zufriedener Kunde gehalten werden.
Aber wie gesagt – im Offline-Kauf ist der anlasslose Rücktritt nicht gesetzlich vorgeschrieben. Käufer sollten sich vor dem Kauf also unbedingt informieren, ob und in welchem Zeitfenster sie die Kaufsache gegen Erstattung des Kaufpreises wieder zurückgeben können. Die Händler gehen in den Rückgabekonditionen nämlich sehr unterschiedlich vor. Während mancher Verkäufer umstandslos den vollen Kaufpreis zurückerstattet, kann bei anderen Händlern die Ware nur gegen eine andere Sache oder gegen einen Gutschein in Höhe des Kaufpreises umgetauscht werden.
Das Widerrufsrecht im Internet-Handel
Aber zurück zu den gesetzlichen Rücktrittsregelungen. Hier ist zwischen Online- und Offline-Kauf zu unterscheiden.
Wer den Kaufvertrag fernmündlich abschließt – also im Internet einkauft oder die Ware telefonisch bestellt – dem steht ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu. In dieser Zeit kann der Käufer ohne jede Begründung den Vertrag widerrufen. Die 14-tägige Frist beginnt, sofern der Verkäufer den Käufer über das ihm zustehende Widerrufsrecht belehrt, mit Zustellung der Ware. Mit diesem Widerrufsrecht haben Käufer im Internethandel die Möglichkeit, sich die Ware zu Hause anzusehen und dann innerhalb von 2 Wochen zu überlegen, ob sie sie behalten wollen, oder ob sie den Kaufvertrag widerrufen und die Sache zurücksenden wollen.
Dieses Widerrufsrecht im Online-Handel mit Verbrauchern kann nicht zu deren Nachteil eingeschränkt werden. Viele Verkäufer weiten die gesetzlichen Widerrufsregeln zugunsten ihrer Kunden allerdings sogar aus und verlängern die Widerrufsfrist oftmals um mehrere Wochen.
Offline-Handel: Gesetzliches Rücktrittsrecht nur bei Mangel an Kaufsache oder Nicht-Lieferung
Im Offline-Handel – also im stationären Handel – gibt es kein solches allgemeines Widerrufsrecht. Sofern also der Verkäufer die Sache nicht aufgrund Kulanz oder einer vom gesetzlichen Kaufrecht abweichenden Regelung im Kaufvertrag zurücknimmt, muss sich der Käufer mit dem gesetzlichen Rücktrittsrecht begnügen. Der Käufer kann nur unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen vom Kaufvertrag zurücktreten. Dies ist der Fall, wenn der Verkäufer die fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt. Außer in den Fällen der Nichtleistung ist das Rücktrittsrecht also als Gewährleistungsrecht ausgestaltet. Das heißt, dass ein Rücktritt nur bei Vorliegen eines Mangels an der Kaufsache möglich ist.
Was ist ein Sachmangel?
Ein Sachmangel liegt dann vor, wenn die Kaufsache nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Wenn es keine Beschaffenheitsvereinbarung zwischen Verkäufer und Käufer gibt, so ist die Sache gemäß § 434 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) frei von Sachmängeln, „wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet“; andernfalls, „wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann“.
Auch Aussagen des Verkäufers in der Werbung und in sonstigen öffentlichen Äußerungen zu den Eigenschaften der Sache gehören zu deren „Beschaffenheit“.
Ob der Verkäufer das Vorliegen des Mangels zu verschulden hat, ist dabei übrigens unerheblich. Der Verkäufer kann sich insbesondere nicht damit „herausreden“, dass es sich um einen Fabrikationsfehler handele und sich der Kunde deshalb an den Herstellen wenden müsse. Ansprechpartner bei Sachmängeln ist ganz klar der Verkäufer.
Käufer muss Verkäufer zunächst zur Nacherfüllung auffordern
Wenn nun also ein Sachmangel vorliegt, so kann der Käufer allerdings keineswegs sofort vom Kaufvertrag zurücktreten und die Kaufsache gegen Erstattung des Kaufpreises an den Verkäufer zurückgeben. Vielmehr muss er dem Verkäufer zunächst die Gelegenheit zur Nacherfüllung geben. Der Verkäufer muss die Möglichkeit haben, die Sache durch Nachbesserung (Reparatur) in den vertragsgemäßen Zustand zu versetzen bzw. durch einen anderen Gegenstand (Neulieferung) zu ersetzen. Wichtig ist, dass dabei dem Kunden die Entscheidung zusteht, zwischen Reparatur und einem neuen Kaufgegenstand zu wählen. Nur wenn die Neulieferung der Kaufsache gegenüber der Reparatur unverhältnismäßig teuer ist, kann der Verkäufer entgegen dem Wunsch des Käufers auf die Reparatur der Sache statt der Neulieferung bestehen.
Wenn im Ladengeschäft die Kaufsache vorrätig ist, so wird der Verkäufer in der Regel auf Wunsch des Kunden nicht um die Neulieferung herumkommen, da in einem solchen Fall kaum unverhältnismäßige Kosten für die Neulieferung entstehen können.
Zur Nachbesserung setzt der Käufer dem Verkäufer eine Frist. Die Länge der Frist muss angemessen sein, d.h. dem Verkäufer die Nachbesserung auch ermöglichen. Sie darf also nicht zu kurz bemessen sein. Allerdings braucht der Käufer keinen genauen Zeitpunkt zu benennen. Die Aufforderung zur „sofortigen“ oder „umgehenden“ Nachbesserung ist ausreichend.
Fristsetzung zur Nacherfüllung
Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Verkäufer die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen ist. In der Regel gilt die Nacherfüllung nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen. Die Fristsetzung ist ferner entbehrlich, wenn sie unzumutbar ist.
Wenn nun der Verkäufer innerhalb der angemessenen Frist nicht nachgebessert hat und der Käufer somit noch immer nicht die vertraglich geschuldete Kaufsache in Händen hält, so kann er vom Kaufvertrag zurücktreten. Dazu muss der Käufer dem Verkäufer gegenüber den Rücktritt erklären (§ 349 BGB). Die Rücktrittserklärung ist an keine Form gebunden. Sie kann also mündlich oder schriftlich erfolgen. Wichtig ist, dass die Rücktrittserklärung dem Verkäufer zugeht und der Käufer den Zugang im Zweifel auch nachweisen kann.
Die Rückabwicklung des Kaufvertrags
Sofern dem Käufer ein Rücktrittsrecht zusteht und er dies durch eine entsprechende Erklärung gegenüber dem Verkäufer ausübt, so ist das gesamte Vertragsverhältnis rückabzuwickeln. Das Kaufvertragsverhältnis verwandelt sich in ein Rückgewährschuldverhältnis. Dies bedeutet gemäß § 346 Absatz 1 BGB, dass „die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben“ sind. Der Käufer gibt dem Verkäufer also die Kaufsache zurück, und dieser erstattet den bezahlten Kaufpreis.