Schmerzensgeld ist die Entschädigung für immaterielle Schäden in Geld und kann in gesetzlich geregelten Fällen verlangt werden (§ 253 BGB). Neben Verletzungen der Freiheit, der sexuellen Selbstbestimmung und der Persönlichkeitsrechte bestehen Schmerzensgeldansprüche insbesondere bei Körper- oder Gesundheitsverletzungen.
Die häufigsten Fälle, in denen es Schmerzensgeld gibt, sind das Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall oder das Schmerzensgeld bei einem Behandlungsfehler (vgl. Was ist ein Behandlungsfehler?). Aber Schmerzensgeld kann man auch in vielen weiteren Fallkonstellationen geltend machen. Wer z.B. in der Firma gemobbt wird, kann einen Schmerzensgeldanspruch wegen Mobbing haben. Zunehmen werden in Zukunft wohl leider Schmerzensgeldansprüche wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts, denn Schmerzensgeld kann auch bei einer Beleidigung verlangt werden oder wenn z.B. das Recht am eigenen Bild verletzt wird, insbesondere wenn kompromittierende Fotos im Internet veröffentlicht werden. Ein Anspruch auf Schmerzensgeld kann aber auch bestehen, wenn man sich seine Verletzungen selbst zugefügt hat, weil man von einem anderen herausgefordert wurde (sogenannte Herausforderungsfälle, vgl. dazu aktuell Amtsgericht München, Urteil vom 22.12.2016, Az. 173 C 15615/16). Es gibt darüber hinaus noch viele weitere Fallkonstellationen, in denen Schmerzensgeld verlangt werden kann.
Mit dem Schmerzensgeld sollen die erlittenen Schäden kompensiert werden. Dies führt zu der Frage, wie sich ein immaterieller Schaden wie eine Körperverletzung in Geld messen lässt.
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)§ 253 Immaterieller Schaden
(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.
(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.
Im Anschluss daran, beschäftigt sich dieser Artikel mit der wichtigen Frage, wie man einen Schmerzensgeldanspruch geltend machen kann.
Nach welchen Kriterien bemessen die Gerichte in Deutschland die Höhe des Schmerzensgeldes?
Für die Höhe von Schmerzensgeldbeträgen lässt sich keine ganz allgemeine Regel finden, daher kann eine Schmerzensgeldtabelle auch nur Anhaltspunkte für die Schmerzensgeldhöhe geben. Es kommt immer auf den Einzelfall an. Dabei gibt es eine ganze Reihe von Faktoren, die letztlich die Höhe des Schmerzensgelds mitbestimmen.
Maßgeblich für die Schmerzensgeldhöhe sind die Art und das Ausmaß der Verletzung und die dadurch verursachte Beeinträchtigung der verletzten Person. Hat sie Schmerzen erlitten, wie verlief der Heilungsprozess, waren aufwendige ärztliche Behandlungen, Operationen, Krankenhausaufenthalte oder Physiotherapien erforderlich, und in welchem Ausmaß wurde durch die Verletzung das Alltagsleben beeinträchtigt? Chronische körperliche Schäden, Narbenbildungen oder dauerhafte Entstellungen von Körperteilen sind weitere Faktoren, die die Höhe des Schmerzensgeldes deutlich beeinflussen können.
Die Höhe des Schmerzensgeldes hängt auch von der Schuldfrage bei der Verletzungshandlung ab. Wer hat die Verletzung verursacht? Wurde die Verletzungshandlung fahrlässig oder vorsätzlich begangen, und trägt möglicherweise der Verletzte eine Mitschuld?
Auch kann die gleiche Verletzung bei verschiedenen Personen zu ganz unterschiedlichen Schmerzensgeldbeträgen führen. Verliert beispielsweise ein Berufs-Musiker einen Finger und muss deshalb sein Klavierspiel und seine künstlerische Karriere aufgeben, die bis dahin einen wichtigen Teil seines Lebens ausgemacht und seine Persönlichkeit geprägt hat, so kann das zu einem sehr viel höheren Schmerzensgeld führen als es bei der gleichen Verletzung einer Person der Fall ist, für die der Verlust des Fingers einen weniger gravierenden Einschnitt in ihr Leben bedeutet.
Die DAWR-Schmerzensgeldtabelle
Dies alles zeigt, dass die Einschätzung eines individuellen Falles ein hochkomplexer Vorgang ist und die Höhe des Schmerzensgeldes von vielen Faktoren abhängt – von den Umständen des Einzelfalls. Die DAWR-Schmerzensgeldtabelle kann dabei als grober Richtwert für die mögliche Schmerzensgeldhöhe dienen.
Zivilprozessordnung (ZPO)§ 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
Aufgrund der Vielzahl bereits von deutschen Gerichten entschiedener Fälle lassen sich mit der DAWR-Schmerzensgeldtabelle auf einen Blick vergleichbare Gerichtsentscheidungen zu einer konkreten Verletzung finden. Die in der Schmerzensgeldtabelle erfassten Gerichtsentscheidungen können sodann darauf abgeklopft werden, inwieweit der der veröffentlichten Entscheidung zugrunde liegende Tatbestand – also der Sachverhalt, über den entschieden wurde – mit dem aktuell in Rede stehenden Fall vergleichbar ist, und inwieweit Abweichungen ein höheres oder niedrigeres Schmerzensgeld rechtfertigen.
Die DAWR-Schmerzensgeldtabelle ordnet die Verletzungen nach Körperteilen „von Kopf bis Fuß“. Dies ermöglicht es, auf einen Blick relevante Vergleichsbeträge zu finden. Dabei ist zu beachten, dass die angegebenen Werte nur Richtwerte für eine Ersteinschätzung sein können. Am Ende sind es in jedem Fall, um den vor Gericht gestritten wird, die zuständigen Richter, die die Entscheidung über die Schmerzensgeldhöhe treffen. Dabei sind sie nicht an die Schmerzensgeldtabelle gebunden, sondern entscheiden nach den Grundsätzen der Billigkeit, wobei sie den Schaden gemäß § 287 ZPO (Zivilprozessordnung) schätzen dürfen.
Wie macht man einen Schmerzensgeldanspruch geltend?
Wenn man als Opfer einen Schmerzensgeldanspruch geltend machen möchte, muss man beachten, dass im deutschen Recht die sogenannte Beweislast beim Geschädigten liegt. Als Geschädigter muss man das Verschulden des Verursachers und das Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigungen nachweisen. Daher ist es sehr ratsam, frühzeitig anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein Rechtsanwalt kann einschätzen, wie die Erfolgschancen in einem konkreten Fall aussehen, helfen Beweise für die Durchsetzung des Schmerzensgeldanspruchs zu sammeln (Arztberichte, Fotos etc.) und schließlich gegebenenfalls eine Schmerzensgeldklage bei dem zuständigen Gericht einreichen.
Wer Schmerzensgeld wegen eines Behandlungsfehlers durchsetzen möchte, wendet sich am besten an einen Rechtsanwalt für Arzthaftungsrecht. Dabei sollte man nicht zu lange warten, denn ein Schmerzensgeldanspruch wegen eines Behandlungsfehlers kann schnell verjähren. Wer dagegen einen Schmerzensgeldanspruch wegen eines Verkehrsunfalls geltend machen möchte, kann sich an einen Rechtsanwalt für Verkehrsunfallrecht wenden. Handelt es sich um einen Schmerzensgeldanspruch wegen Mobbing am Arbeitsplatz, so kann man sich an einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht oder an Rechtsanwälte, die sich mit dem Thema Mobbing beschäftigen, wenden.
Schmerzensgeld nach Verkehrsunfall
Häufig wird Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall geltend gemacht. Personen, die bei einem Autounfall verletzt werden, haben in vielen Fällen Anspruch auf Schmerzensgeld gegen den Unfallverursacher. Dem Schmerzensgeld kommt hier eine Ausgleichsfunktion für die erlittenen immateriellen Schäden zu – also die Gesundheitsverletzung, Schmerzen, Beeinträchtigungen des Alltagslebens etc. in Folge des Unfalls. Die Höhe des Schmerzensgelds nach einem Verkehrsunfall ist unter anderem abhängig von der Schwere der Verletzungen und der Verletzungsdauer (vgl. ausführlich: Schmerzensgeld nach einem Autounfall).
HWS-Distorsion (Schleudertrauma)
Ein typischer Fall für Schmerzensgeld ist das Schleudertrauma nach einem Verkehrsunfall (vgl. ausführlich: Schmerzensgeld bei HWS-Distorsion (Schleudertrauma)). Die HWS-Distorsion in Folge eines Verkehrsunfalls ist ein Massenphänomen. In Deutschland wird das Schleudertraum Schätzungen zufolge etwa 400.000 Mal pro Jahr diagnostiziert. Als Unfallopfer kann man vom Unfallverursacher Schmerzensgeld für die Schmerzen und Verletzungen nach einem Unfall verlangen. Das oft bei einem Autounfall auftretende HWS-Schleudertrauma äußert sich in vielen Symptomen. In Fernsehfilmen steht die Halskrause oftmals für unberechtigte und überzogene Schmerzensgeldforderungen von Unfallbeteiligten, die aus ihrem Unfall finanzielle Vorteile ziehen wollen. Das entspricht aber nicht der Realität. Das HWS-Schleudertrauma kann sich unter anderem in Kopf- und Nackenschmerzen, Schwindel, Sprachstörungen, Sehstörungen, Übelkeit, Schluckstörungen und Gangunsicherheit äußern. Die Verstauchung (Distorsion) der Halswirbelsäule (HWS) kann zu lang andauernden Schmerzen und einem langwierigen Krankheitsverlauf führen. Bei dem HWS-Schleudertrauma werden drei Gruppen unterschieden. Je nach dem Grad des HWS-Schleudertraumas ist das Schmerzensgeld unterschiedlich hoch (vgl. DAWR Schmerzensgeldtabelle – Kategorie Kopf).
Schmerzensgeld bei Schädelhirntrauma
Nicht zu verwechseln mit dem Schleudertrauma ist das Schädelhirntrauma. Das Schädelhirntrauma ist eine häufige Verletzung bei Unfällen im Haushalt, beim Sport und bei Verkehrsunfällen und kommt in vielen Schweregraden vor. Wurde das Schädelhirntrauma durch einen fremdverschuldeten Unfall verursacht, so kann das Unfallopfer neben dem Ersatz seiner materiellen Schäden Schmerzensgeld vom Verursacher verlangen (vgl. ausführlich: Schmerzensgeld bei Schädelhirntrauma).