Wenn Ihnen eine Verkehrsordnungswidrigkeit zur Last gelegt wird, haben Sie als Betroffener das grundgesetzlich garantiere Recht zu schweigen. Niemand braucht sich selbst belasten. Als Betroffener eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens brauchen Sie sich gegenüber den Ermittlungsbehörden also nicht zu dem Ihnen vorgeworfenen Sachverhalt zu äußern.
Nur Angaben zur Person sind verpflichtend
Sie sind lediglich verpflichtet, Angaben zu Ihrer Person zu machen, also Ihren vollständigen Namen, Ihre Wohnanschrift, Geburtsdatum und Geburtsort zu nennen.
Diese Angaben hat die Behörde meist aber schon erfasst und im Anhörungsbogen aufgeführt, so dass sich auch diesbezüglich eine Antwort erübrigt. Nur wenn die im Anhörungsbogen bereits aufgeführten Angaben zur Person falsch sind, müssen Sie der Behörde die korrigierten Angaben mitteilen.
Aussageverweigerungsrecht des Betroffenen
Ansonsten kann der Anhörungsbogen theoretisch ganz ignoriert werden. Es ist auch grundsätzlich sinnvoll, keine Angaben zur Sache zu machen, ohne die Ermittlungsakte zu kennen. Denn nur dann können Sie abschätzen, welche Beweise der Behörde vorliegen, und inwieweit eine Einlassung ratsam ist.
Keine Angaben zur Sache ohne vorherige Akteneinsicht machen
Denn auch wenn Ihnen als Betroffener ein Aussageverweigerungsrecht zusteht und vorschnelle Einlassungen tunlichst zu vermeiden sind, so räumt Ihnen die Ermittlungsbehörde mit Zusendung des Anhörungsbogens die Möglichkeit ein, von Ihrem ebenfalls grundgesetzlich garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör Gebrauch zu machen. Denn eine bußgeldrechtliche oder strafrechtliche Entscheidung darf niemals getroffen werden, ohne dass dem Betroffenen zuvor die Gelegenheit gegeben wurde, sich zu den Vorwürfen zu äußern.
In vielen Fällen ist es aber durchaus sinnvoll, als Betroffener seine Sichtweise darzulegen. Wenn der Sachverhalt beispielsweise von der Behörde unzutreffend dargestellt wird, kann mitgeteilt werden, was sich wirklich ereignet hat. Möglicherweise können dafür sogar Beweise benannt werden wie Zeugen (Beifahrer, anwesende Freunde, Familienangehörige etc.), die die eigene Sichtweise bestätigen können.
Eine solche Einlassung sollte aber immer erst nach Einsicht in die Ermittlungsakte erfolgen. Diese kann über einen Rechtsanwalt genommen werden.
Frist im Anhörungsbogen
Der Anhörungsbogen enthält immer eine Frist (in der Regel zwei Wochen), innerhalb derer geantwortet werden soll. Da Sie als Betroffener über ein Aussageverweigerungsrecht verfügen, brauchen Sie diese nicht einzuhalten. Sofern Sie zunächst die Ermittlungsakte einsehen und sich eine anschließende Einlassung vorbehalten wollen, können Sie der Behörde mitteilen, dass Sie sich erst nach Akteneinsicht weiter äußern können.
Was steht in der Ermittlungsakte?
Geht es um einen Verkehrsverstoß im Autoverkehr, so wird – etwa bei „geblitzten“ Geschwindigkeitsverstößen – oftmals lediglich der Fahrzeughalter angeschrieben, da aufgrund des fotografierten Kennzeichens nur dieser ermittelt werden kann. Verantwortlich für die Ordnungswidrigkeit ist aber immer nur der Fahrer selbst, den die Behörde Möglicherweise nicht kennt.
Verjährung bei Verkehrsordnungswidrigkeiten
Hier kann es je nach Fall sogar ratsam sein, gar keine Angaben zu machen, damit die Behörde keine Ermittlungen gegen den wahren Verkehrssünder – oft ein Familienmitglied – einleiten kann. Die meisten Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr verjähren bereits nach drei Monaten. Wenn die Bußgeldbehörde bis dahin nicht Ermittlungen gegen den richtigen Betroffenen bekanntgegeben hat (etwa durch Zustellung des Anhörungsbogens), kann das Verfahren also nicht mehr gegen diese Person betrieben werden.
Was man auf keinen Fall machen sollte, ist, bei Erhalt des Anhörungsbogens die Bußgeldbehörde anzurufen, um die Sache telefonisch zu klären. Solche Gespräche verlaufen meist nicht im Sinne des Betroffenen. Gesprächsnotizen des Sachbearbeiters können sich im weiteren Ermittlungsverfahren dann zu Lasten des Betroffenen auswirken.
Auch muss davon abgeraten werden, eine andere Person wahrheitswidrig als Fahrer zu benennen, nur weil diese vielleicht noch keine Punkte in Flensburg hat. Eine falsche Verdächtigung ist eine Straftat nach § 164 StGB.
Rechtsanwalt für Strafrecht und Ordnungswidrigkeitenrecht
Ein Rechtsanwalt hingegen kann für Sie Akteneinsicht bei der Bußgeldbehörde nehmen und danach für Sie eine auf die Ermittlungsakte abgestimmte Verteidigungsstrategie ausarbeiten. Dann kann es auch sinnvoll sein, sich zur Sache einzulassen, was ebenfalls der Rechtsanwalt für Sie übernehmen kann. So kann das Bußgeldverfahren beispielsweise bereits an formalen oder technischen Mängeln im Ermittlungsverfahren scheitern – etwa bei einer fehlerhaften Geschwindigkeitsmessung oder einem unzureichend durchgeführten Atemalkoholtest. Oder der Fahrer ist auf dem aufgenommenen Blitzer-Foto nicht ausreichend zu erkennen. Bei Berufskraftfahrern, die auf ihre Fahrerlaubnis angewiesen sind, kann Möglicherweise auch aufgrund besonderer Härte ein Fahrverbot verhindert werden.
Verkehrsrechtsschutzversicherung
Wer eine Verkehrsrechtsschutzversicherung hat, ist bei alledem eindeutig im Vorteil: Die Anwaltskosten für die Verteidigung in Bußgeldverfahren werden meist von der Rechtsschutzversicherung übernommen.
Weitere Informationen zur Anhörungsbogen bei Verkehrsverstoß
- Anhörungsbogen von der Polizei erhalten? (ein Text von Schumann & Rasch - Rechtsanwälte und Strafverteidiger, Aufruf über recht-aktuell.de)
- Bußgeldbescheid - So legen Sie erfolgreich Einspruch ein (ein Text von Posikov Kehren Rechtsanwälte, Aufruf über recht-aktuell.de)
- Lohnt es sich gegen einen Bußgeldbescheid vorzugehen (ein Text von Kanzlei am Südstern, Berlin, Aufruf über recht-aktuell.de)