Arbeitnehmer können sich aus verschiedenen Gründen fortbilden. Während bei manchen Arbeitnehmern das persönliche Interesse an der Weiterbildung im Vordergrund steht, werden viele Fortbildungsveranstaltungen auf Veranlassung und im Interesse des Arbeitgebers absolviert. Aus steuerlicher Sicht ist die Frage, in wessen Interesse an der Weiterbildung teilgenommen wird, von großer Bedeutung. Denn wenn der Arbeitgeber eine Fortbildung bezahlt, an der der Arbeitnehmer ein überwiegendes Eigeninteresse hat, so handelt es sich um Arbeitslohn, der gemäß § 19 EStG (Einkommenssteuergesetz) der Einkommenssteuer unterliegt.
Berufskraftfahrer sind gesetzlich zur Weiterbildung verpflichtet
In dem von dem Finanzgericht Münster entschiedenen Fall ging es um einen Berufskraftfahrer, der an einer Weiterbildung teilnahm, wozu er nach dem Berufskraftfahrer-Qualifikationsgesetz verpflichtet war. Die Kosten dafür übernahm sein Arbeitgeber – ein Unternehmen für Schwer- und Spezialtransporte. Das zuständige Finanzamt wertete diese Kosten als Arbeitslohn, für den Einkommenssteuer zu entrichten sei. Das sah das Finanzgericht Münster anders und gab dem Unternehmen auf dessen Klage Recht. Dabei schloss sich das Gericht der Auffassung des Unternehmens an, dass die Kostenübernahme im eigenbetrieblichen Interesse erfolgt sei.
§ 19 EStG: Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
Dazu führte das Finanzgericht aus, dass zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 EStG neben Gehältern und Löhnen auch andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im Dienst gewährt werden, gehören. Entscheidend ist dabei, „dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden“.
Vorteil mit Entlohnungscharakter?
Keine Vorteile im Sinne dieser Vorschrift sind hingegen solche Vorteile, die sich „nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen“. Ob es sich um ein überwiegendes eigenbetriebliches Interesse handelt, wird daran gemessen, ob der jeweils verfolgte Zweck im Vordergrund steht. Diese Beurteilung erfolge im Rahmen einer Gesamtwürdigung, bei der vor allem „Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seine besondere Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck“ zu berücksichtigen sind.
Eigeninteresse des Arbeitnehmers an Fortbildung
Wenn das Interesse das Arbeitnehmers gegenüber demjenigen des Arbeitgebers in den Hintergrund tritt, kann eine Lohnzuwendung verneint werden. Wenn der Arbeitnehmer hingegen ein nicht unerhebliches eigenes Interesse an der Fortbildung hat, so liegt die Vorteilsgewährung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers – mit der Folge, dass die Fortbildungskosten als Arbeitslohn zu versteuern sind.
Fortbildung des Kraftfahrers im Eigeninteresse des Arbeitgebers
Im Fall des Berufskraftfahrers, über den das Finanzgericht Münster zu entscheiden hatte, kam das Gericht zum Ergebnis, dass die Fortbildung im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers bezahlt wurde. Denn in der Weiterbildung wurde unter anderem verkehrsgerechtes Verhalten in Gefahrensituationen, kraftstoffsparendes Fahren, sicheres Beladen der Fahrzeuge und die Rolle des Fahrers als Imageträger des Unternehmens unterrichtet.
Die Weiterbildung diente demnach unter anderem der Sicherstellung des reibungslosen Ablaufs des Betriebs und dem gewinnsteigernden Arbeiten der Fahrer.
Persönlicher Vorteil des Kraftfahrers als bloße Begleiterscheinung
Dass der angestellte Berufskraftfahrer durch die Fortbildung auch persönlich profitierte, ändert an diesem im Vordergrund stehenden Eigeninteresse des Arbeitgebers nichts. Das Finanzgericht wertete den Vorteil auf Seiten des Arbeitnehmers lediglich als notwendige Begleiterscheinung der mit den Weiterbildungen bezweckten betriebsfunktionalen Zwecksetzung.