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Arbeitsrecht | 20.07.2022

Aufhebungs­vertrag

Was zur Wirksamkeit des Aufhebungs­vertrags zu beachten ist

Mit einem Aufhebungs­vertrag können Arbeitgeber und Arbeit­nehmer ein Arbeits­verhältnis ohne Kündigung beenden

Fachbeitrag von Rechtsanwalt Dr. Peter Meides

Statistisch gesehen wird etwa jedes zehnte Arbeits­verhältnis in Deutschland im Wege einen Aufhebungs­vertrags beendet.

Aufhebungs­verträge bieten insbesondere den Vorteil, dass beide Parteien das Arbeits­verhältnis innerhalb der ihnen zustehenden Vertrags­freiheit flexibel und auf die jeweilige Situation anpassbar beenden können. Neben der eigentlichen Beendigung des Arbeits­verhältnisses können dabei auch weitere Punkte geregelt werden, etwa zur Urlaubs­abgeltung, Frei­stellung und Zeugnis­erteilung.

Der Arbeitgeber, der sich von einem Arbeit­nehmer trennen möchte, kann über den Weg des Aufhebungs­vertrages erreichen, dass eine solche Trennung auch ohne das Vorliegen – gegebenenfalls gerichtlich zu über­prüfender – Kündigungs­gründe vollzogen werden kann. Als Ausgleich für den Verlust des Arbeits­platzes wird dann regelmäßig zwischen den Parteien eine Abfindung vereinbart. Aber auch für Arbeit­nehmer kann es sinnvoll sein, aus eigener Initiative auf einen Aufhebungs­vertrag hinzuwirken, insbesondere dann, wenn im Rahmen eines Jobwechsels die starren Kündigungs­fristen des bestehenden Arbeits­verhältnisses vermieden werden sollen.

Bei der Gestaltung eines Aufhebungs­vertrages sind neben den eigentlichen arbeits­rechtlichen Fragen auch sozial­rechtliche und steuerliche Aspekte zu berücksichtigen. So ist insbesondere sorgfältig zu prüfen, wie sich die Beendigung des bestehenden Arbeits­verhältnisses auf sozial­rechtliche Ansprüche (Rente, Arbeitslosengeld) auswirkt. Bezüglich der vereinbarten Abfindung sind zudem die entsprechenden steuerlichen Auswirkungen in den Blick zu nehmen.

Aufhebungsverträge sind auch nur Verträge

Das Bundes­arbeits­gericht sieht eine Störung des Aufhebungs­vertrags grund­sätzlich in einem Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns. Ist ein Aufhebungs­vertrag unter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zustande gekommen, so ist der Aufhebungs­vertrag unwirksam. Ob das der Fall ist, ist anhand der Gesamt­umstände der konkreten Verhandlungs­situation im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden.

Das Bundes­arbeits­gericht hat hierfür mehrere – wohl nicht ab­schließende – Fallgruppen entwickelt:

  • So ist eine Verletzung des Gebots fairen Verhandelns möglich durch die Schaffung besonders unangenehmer Rahmen­bedingungen, die erheblich ablenken oder sogar den Flucht­instinkt wecken.
  • Denkbar ist für das Bundes­arbeits­gericht ferner auch die Ausnutzung einer objektiv erkennbaren körperlichen oder psychischen Schwäche oder unzureichender Sprach­kenntnisse.
  • Ferner kann die Über­rumpelung des Vertrags­partners im Wege der Nutzung eines Überraschungs­moments zu einer Verletzung des Gebots fairen Verhandelns führen.

Erforderlich ist für das Bundes­arbeits­gericht in allen Fallgruppen, dass eine psychische Druck­situation geschaffen oder ausgenutzt wird, die eine freie und überlegte Ent­scheidung des Vertrags­partners erheblich erschwert oder sogar unmöglich macht.

Manche Kommentatoren sehen in dieser Rechtsprechung einen Irrweg. Sie argumentieren, das Gebot fairen Verhandelns sei letztlich reines aus General­klauseln ab­geleitetes „Richter­recht“. Dieses konterkariere die fein austarierte Systematik der gesetzlich normierten Anfechtungs- und Nichtigkeits­gründe in Form der arglistigen Täuschung, der wider­rechtlichen Drohung, des Irrtums sowie der Nichtigkeit des Vertrages wegen Sitten­widrigkeit.

Harte Bandagen sind grundsätzlich erlaubt

Zu beachten ist jedoch auch, dass das Bundes­arbeits­gericht durchaus für den Arbeit­nehmer höchst unangenehme Gesprächss­ituation zulässt, die gleichwohl nicht zu einer Anfechtbarkeit des Aufhebungs­vertrags führen. So müssen Arbeitgeber, wie das Bundes­arbeits­gericht in einem aktuellen Urteil fest­gestellt hat, bei Verhandlungen über einen Aufhebungs­vertrag ihre Interessen nicht verleugnen. Der Arbeitgeber ist weder verpflichtet, eine angenehme Verhandlungs­situation zu schaffen, noch dem Arbeit­nehmer eine Bedenkzeit und/oder ein Rücktritts- oder Widerrufs­recht zu gewähren. Es besteht auch keine Pflicht, dem Arbeit­nehmer vorab anzukündigen, dass es bei einem Personal­gespräch um einen Aufhebungs­vertrag gehen soll.

Ein aktuelles Urteil zum Aufhebungsvertrag

In dem Fall, der dem aktuellen Urteil des BAG zugrunde liegt, wurde eine Arbeit­nehmerin durch den Geschäfts­führer ihres Arbeitgeber ohne weitere Information zu dem Grund des Gesprächs in das Büro des Geschäfts­führers gebeten. Dort war zudem der Anwalt des Arbeit­gebers zugegen. Die Arbeit­nehmerin wurde im Büro mit dem Vorwurf konfrontiert, Sie habe in der EDV des Unternehmens Preise manipuliert, um so einen höheren Verkaufs­gewinn vorzu­spiegeln. Ihr wurde sodann ein vor­bereiteter Aufhebungs­vertrag vorgelegt, der ein ein­vernehmliches Ausscheiden der Arbeit­nehmerin aus betrieblichen Gründen vorsah. Nach einer etwa zehn­minütigen Pause, in der die drei anwesenden Personen schweigend am Tisch saßen, unterzeichnete die Arbeit­nehmerin den angebotenen Aufhebungs­vertrag.

Ankündigung außerordentlicher Kündigung und Strafanzeige

Nach Aussage der Arbeit­nehmerin wurde ihr für den Fall der Nicht­unter­zeichnung des Aufhebungs­vertrags die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung sowie die Erstattung einer Straf­anzeige angedroht. Ihrer Bitte, eine längere Bedenkzeit zu erhalten und Rechtsrat einholen zu können, sei nicht entsprochen worden. Vielmehr habe der Anwalt des Arbeit­gebers erklärt, dass dann, wenn sie durch die Tür gehe, auch wenn sie nur die Toilette aufsuchen wolle, der Abschluss des Aufhebungs­vertrags nicht mehr in Betracht komme. Vor diesem Hintergrund habe sich die Arbeit­nehmerin dazu bewegen lassen, den Aufhebungs­vertrag zu unter­zeichnen.

Unabhängig von den im Einzelnen streitigen Details zum genauen Ablauf des Gesprächs, sieht das Bundes­arbeits­gericht im vorliegenden Fall keinen Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns. Die Arbeit­nehmerin konnte sich damit nicht auf die Unwirksamkeit des Aufhebungs­vertrages berufen. Der Arbeitgeber habe keine Situation geschaffen oder ausgenutzt, derer sich die Klägerin nur durch Unter­zeichnung des Aufhebungs­vertrags entziehen konnte. Die Klägerin hätte ohne Beeinträchtigung ihrer Willens­freiheit das Gespräch auch beenden und den Raum verlassen können.

Fazit

Aufhebungs­verträge werden häufig nicht so „einvernehmlich“ geschlossen, wie dies nach außen offiziell bekundet wird. Die durch die arbeits­gerichtliche Rechtsprechung aufgestellten Spielregeln für den Abschluss von Aufhebungs­verträgen geben Grund­bedingungen vor, an die sich die Beteiligten zu halten haben. Gleichwohl ist mit den durch die Rechtsprechung aufgestellten auslegungs­bedürftigen Kriterien eine gewisse Rechts­unsicherheit verbunden. Zu empfehlen ist daher, möglichst faire und störungs­freie Rahmen­bedingungen zu schaffen.

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Herr Rechtsanwalt Dr. Läßle hilft seit vielen Jahren Unternehmen in arbeits­rechtlichen Frage­stellungen. Sie erreichen Rechtsanwalt Dr. Läßle bei der MEIDES Rechts­anwalts­gesellschaft unter MEIDES Rechts­anwälte Frankfurt.

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