An dieser Stelle meinem Kollegen Klamert meine Gratulation zu diesem Erfolg.
Begründet hat das Landgericht kurz und präzise mit einem Hinweis auf ein Urteil des europäischen Gerichtshofs, welches zum sogenannten „Quelle-Backofen-Set“ erging.
EuGH: Nutzungsentschädigung im Gewährleistungsfall unzulässig
Zusammenfassend hält der europäische Gerichtshof fest, dass ein Käufer, der im Rahmen eines geschlossenen Vertrags bei Auftreten eines Mangels keine Reparatur, sondern die Lieferung einer mangelfreien Ersatzsache verlangt, keine Nutzungsentschädigung zu zahlen hat, wenn sein Anspruch berechtigt ist.
Bisher wurde diese Rechtsprechung offensichtlich ausschließlich auf Verträge angewandt, die nicht widerrufen oder aus sonstigen Gründen rückabgewickelt wurden.
LG überträgt EuGH-Urteil auf den Fall der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung
Das Landgericht Augsburg hat nunmehr erstmals diese Rechtsprechung auch auf den Fall der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung übertragen, was sich meines Erachtens nach durchaus hören lässt.
Wenn schon demjenigen Verkäufer, der eine mangelhafte Ware liefert, ohne den Käufer hiermit vorsätzlich schädigen zu wollen, keinen Nutzungsersatz verlangen darf, um wie viel mehr muss dies erst für denjenigen Verkäufer gelten, der (und im VW-Skandal kann man mit gutem Recht behaupten, dass einige kriminelle Energie eingesetzt wurde) seinen Käufer vorsätzlich und in sittenwidriger Weise schädigt?
Welche Folgen sind aus der Entscheidung zu ziehen?
1. Ich habe sofort im Rahmen der zahlreichen, von mir geführten Gerichtsverfahren weitere Rechtsausführungen an die zuständigen Landgerichte gesandt.
2. Ich weise in jedem neu hinzukommenden Verfahren bereits außergerichtlich (und später natürlich auch gerichtlich) auf diesen neuen und zutreffenden Rechtsaspekt hin.
3. Ich gehe davon aus, dass in Verfahren, in denen Ansprüche aus vorsätzlich sittenwidriger Schädigung geltend gemacht werden, nun auch andere Landgerichte die obigen Erwägungen in ihre Entscheidungen einbeziehen werden.
4. Ich vergesse jedoch keinesfalls, dass im Falle von Leasingfahrzeugen/ kreditfinanzierten Fahrzeugen, jederzeit die Möglichkeit besteht, den Widerruf eines solchen Kredit- oder Leasingvertrages zu erklären, so dieser Formfehler (z.B. im Bereich der Widerrufserklärung) enthält.
5. Die gilt im Übrigen für jegliches Fahrzeug (egal ob Diesel oder Benziner, egal ob von den Skandalen betreffend oder nicht!).
6. Die einzige Voraussetzung ist ein beim Kauf abgeschlossener Kredit- oder Leasingvertrag, der fehlerhaft ist – mag er auch schon vor langer Zeit erfüllt worden sein.
7. Hängt ein solcher Vertrag bei einer Privatperson (einem sog. „Verbraucher“) mit dem Kaufvertrag über ein Fahrzeug zusammen (wurde also beispielsweise der Kredit- oder Leasingvertrag mit der Bank des Herstellers abgeschlossen oder vom Händler beim Kauf eine Bank empfohlen), liegt ein sogenanntes „verbundenes Geschäft“ vor, bei dem sich ein Verbraucher im Falle von Formfehlern nicht nur vom Kredit- oder Leasingvertrag lösen kann, sondern gleichzeitig ebenfalls von dem zugrundeliegenden Kaufvertrag.
8. Auch bei dieser Konstellation ist es möglich, unter Verweis auf die obigen Argumente bei vor dem 13.06.2014 geschlossenen Verträgen die Nutzungsentschädigung zu ersparen – bei Verträgen, die nach diesem Datum abgeschlossen wurden, ist in der Rechtsprechung derzeit (ohne auf obige Argumente zurückgreifen zu müssen) noch umstritten, ob überhaupt Nutzungsentschädigung geschuldet wird oder nicht.
9. Momentan ist also jedem Fahrzeugbesitzer zu raten, einmal seine eigenen Unterlagen durchzusehen und zu überlegen, von welchem der ihm zustehenden Rechte er Gebrauch machen möchte.