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Medizinrecht | 09.01.2018

Krankenhaus­haftung

Verletzung der Fürsorgep­flicht: Krankenhaus haftet für Fenster­sturz einer dementen Patientin

Pflicht­widriges Unterlassen von Maßnahmen zur Sicherung der Fenster begründet Haftung

Eine demente Patientin hatte bei einem Sturz aus dem Fenster einer Klinik erhebliche Verletzungen davon­getragen. In einem in letzter Instanz vor dem Oberlandes­gericht Hamm aus­gefochtenen Rechts­streit verlangte die Kranken­versicherung der Patientin von der Klinik Erstattung von rund 90.000 Euro Behandlungs­kosten, die für die Versorgung der Sturz­verletzungen entstanden waren. Das Oberlandes­gericht Hamm gab der Kranken­versicherung mit Urteil vom 17. Januar 2017 recht (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 17.01.2017, Az. 26 U 30/16).

Demente Patientin verletzt sich beim Sturz aus Krankenzimmerfenster

Die demente Patientin hatte sich wegen eines Schwäche­anfalls in stationärer Behandlung der Klinik befunden und seit dem Aufnahmetag trotz entgegen wirkender Medikation Aggres­sivität, Unruhe, Verwirrtheit und Des­orientierung gezeigt. Wegen ebenfalls auf­getretener Hin- und Weglauf­tendenzen hatte das Klinik­personal die Zimmertür mit einem Behandlungs­bett versperrt. Der folgenschwere Sturz ereignete sich bei einem Flucht­versuch, bei welchem die Patientin unbemerkt aus ihrem Zimmer­fenster kletterte und mehrere Meter tief auf ein Vordach stürzte.

Klinik hätte Fluchtversuch durch effektive Sicherungsmaßnahmen verhindern müssen

Dem OLG Hamm zufolge hätte die Klinik angesichts des vorangegangenen Verhaltens der Patientin mit einem Flucht­versuch durch das Fenster rechnen und effektive Sicherungs­maßnahmen ergreifen müssen. Als Beispiele nannte das Gericht das Entfernen des vor dem Fenster stehenden Tisches und Stuhles, ein Blockieren durch Verriegeln des Fensters in Kipp­stellung oder das Anbringen von verschließb­aren Fenster­griffen.

Alternativ hätte die Patientin auch wegen ihres auffälligen Verhaltens als Notfall auf eine geschlossene geriatrische Station oder in eine ebenerdig gelegene Abteilung verlegt werden können. Sollten alle derartigen Maßnahmen für die Beklagte nicht möglich gewesen sein, müsse sie sich jedenfalls ein entsprechendes Organisations­verschulden vorhalten lassen. Die Patientin hätte dann nicht aufgenommen werden dürfen.

Patientin bzw. Erben hätten Anspruch auf Schadensersatz geltend machen können

Auf Grundlage dieser rechtlichen Argumentation hätten die Patientin bzw. deren Erben ebenfalls erhebliche Schadens­ersatz­ansprüche geltend machen können. Ob dies erfolgt ist und mit welchem Ergebnis, lässt sich den Entscheidungs­gründen nicht entnehmen.

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