Es war der Gärtner - oder der Detektiv!
Ein bisschen ironisch ist der Fall schon, über den das Oberlandesgericht da entscheiden musste. Gestritten wird nämlich um das Erbe einer Frau, die zu Lebzeiten an der Angst litt, bestohlen zu werden. Die Kläger, entfernte Verwandte der Erblasserin, behaupten vor Gericht, diese Angst sei so stark gewesen, dass sie einer schon krankhaften Wahnvorstellung entsprochen habe.
Die Frau stellte daher einen Detektiv ein, der ihr Haus mit mehreren Kameras ausstattete und für sie detektivisch tätig wurde. Dabei erhielt er von der Frau einen mittleren fünfstelligen Betrag als Bezahlung. Wie es das gewitzte Schicksal nun so will, ist es eben dieser Detektiv, der nach dem Testament der verstorbenen Witwe alles erben soll. Dass die gute Frau nach lebenslanger Angst vor Dieben post mortem von ihrem Detektiv um ihr Geld gebracht werden könnte, entbehrt doch einer gewissen Ironie nicht.
Testament anfechten bei Wahnvorstellungen?
Beim Lesen des Testaments fühlt man sich aufgrund der verwendeten Ausrufezeichen ein wenig angeschrien. Es beginnt mit den Worten: “Mein Testament!“ und endet mit dem Zusatz “Die Verwandtschaft soll nichts mehr erben.“ Da sind die Verwandten natürlich sofort auf den Barrikaden und vor Gericht gezogen.
Das erstinstanzliche Nachlassgericht verwarf aber zunächst die Ansprüche der Kläger. Ein Verfolgungswahn der Testierenden lasse nicht automatisch darauf schließen, dass die Verstorbene beim Verfassen des Testaments nicht testierfähig gewesen sei. Vielmehr könne sie auch in einem sogenannten „lichten Moment“ gehandelt haben. Diese Ansicht verwarfen nun die Richter des Oberlandesgerichts Frankfurt.
Testierunfähigkeit beweisen
In der Entscheidung führt das Gericht aus, dass eine Testierfähigkeit dann ausgeschlossen ist, wenn die Motive des Erblassers für die Errichtung des Testaments mit seinem konkreten Inhalt auf einer krankheitsbedingten Unfreiheit beruhen. Denn wenn jemand wegen seiner Krankheit nicht mehr in der Lage ist, sich über die für und gegen seine letztwillige Verfügung sprechenden Gründe ein Urteil zu bilden, sei seine Entscheidung eben nicht mehr “frei“.
Wann aber ist ein solcher Wahn krankhaft? Auch dazu nehmen die Richter Stellung: Wenn eine Abkoppelung von Erfahrung, Logik und kulturellem Konsens vorliegt und ein Verlust von Kritik- und Urteilsfindung gegeben ist. Schließlich müssen gerade diese Wahnvorstellungen auch auf die Frage der Erbeinsetzung Einfluss haben. Die Kriterien sind natürlich nachträglich in der Praxis schwer beweisbar. Dass ein kurzzeitiger lichter Moment eines sonst Kranken vorliegt, könne aber so lapidar nicht angenommen werden, sondern sei die absolute Ausnahme.