Wohnsitz nicht mehr relevant für Schockschadensregulierung
Die Entscheidung des EuGH (Az : C-350/14 -Lazar/Allianz SpA, Urteil vom 10.12.2015) gestaltet die gesamte europäische Rechtslage für die Ansprüche von Opfern eines Schockschadens als Angehörige von Unfallgeschädigten neu. Zuvor war es in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Opfer eines sogenannten Schockschadens nach ihrer Herkunft, also nach dem Recht ihres gewöhnlichen Wohnsitzes zu beurteilen waren. Hintergrund war, dass etwa in Deutschland die nahen Angehörigen eines durch Unfall dauerhaft schwerst Verletzen oder Verstorbenen für den erlittenen Schock – wenn überhaupt – nach § 253 Abs. 2 BGB nur einen relativ kleinen Betrag erwarten können. In Italien dagegen setzen schockgeschädigte Angehörige teilweise sogar Millionen-Beträge gegenüber dem Haftpflichtversicherer durch.
Ort des Unfalls ist entscheidend
Durch die EuGH-Entscheidung ist nun für den Raum der EU festgestellt worden, dass es nicht auf den Wohnsitz des Angehörigen ankommt, der den Schockschaden geltend macht. Vielmehr ist maßgeblich, in welchem Mitgliedstaat der Verstorbene oder schwerstverletzte Angehörige – meist durch einen Verkehrsunfall – die Verletzung erlitten hat. Der Ort des Unfalls entscheidet.
Der Fall: Rumänische Staatsbürgerin in Italien bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen
Die nahen Angehörigen des Opfers haben einen jeweiligen Schockschaden gegenüber dem Haftpflichtversicherer des italienischen Unfallverursachers geltend gemacht. Nach bisheriger Rechtslage wäre die Höhe dieses Schadens nach dem Wohnort der Verwandten zu bestimmen gewesen. Nun ist der Schadensbegehungsort maßgeblich. Dies hatte in dem vom EuGH entschiedenen Fall zur Folge, dass die Anspruchsteller nicht etwa nach rumänischem Recht nur einen jeweiligen Schockschaden von rund 5000 Euro, sondern ein Vielfaches dessen beanspruchen konnten und letztlich auch erhalten haben. Nach deutschem Recht ist ein solcher Schockschaden meist gar nicht durchsetzbar.
Sollte also ein naher Angehöriger schicksalshaft zu dauerhaftem Schaden oder zu Tode kommen, ist genau zu prüfen, nach welchem Recht Schadensersatzansprüche für das Leid des Trauerns geltend gemacht werden können – und in welcher Höhe .