Die Richter hoben damit einen Bescheid der Arbeitsagentur auf, mit dem ein hauptsächlich im Innenausbau aktives Unternehmen aus Erfurt zur Zahlung von Umlage herangezogen wurde. Das Unternehmen führt Maler- und Fliesenlegerarbeiten aus, baut Fenster und Türen ein und übernimmt außerdem Aufträge im Trockenbau. Für die Gewerke Fliesenlegen sowie Trockenbau gibt es dort eigene Ansprechpartner, jeweils drei eigene Arbeitnehmer und damit eine eigene, selbstständige Betriebsabteilung. Unstreitig war, dass das Unternehmen Bauleistungen erbrachte.
Unternehmensverbände als entscheidendes Kriterium
Hintergrund der Entscheidung ist eine Vorgabe der Baubetriebeverordnung sowie die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Die Baubetriebeverordnung regelt, welche Betriebe und Betriebsabteilungen Anspruch auf Saison-Kurzarbeitergeld stellen können und umgekehrt am Umlageverfahren teilnehmen müssen, über das die sogenannten ergänzenden Maßnahmen der Winterbauförderung finanziert werden.
Keine Umlage für Betriebsabteilung für Trockenbau
Ein Betrieb oder eine Betriebsabteilung müssen dann keine Winterbeschäftigungsumlage abführen, wenn sie selbst nicht witterungsabhängig sind und deshalb auch keine Winterbauförderung in Anspruch nehmen können – aber nur, wenn sie außerdem zu einer „abgrenzbaren und nennenswerten Gruppe“ solcher Betriebe gehören. So war das hier bei der selbstständigen Betriebsabteilung für Trockenbau.
Gibt es einen Interessenverband witterungsunabhängiger Betriebe?
Es reicht also nicht, dass für den einzelnen Betrieb oder die Betriebsabteilung selbst winterliche Arbeitsausfälle keine Rolle spielen, weil sie witterungsunabhängig arbeitet. In der Praxis werten die Sozialgerichte das nur als eine Voraussetzung dafür, dass keine Umlage bezahlt werden muss. Weitere Voraussetzung ist, dass ein Branchen- beziehungsweise Interessenverband gleichartiger witterungsunabhängiger Unternehmen existiert.
- Im Fliesenlegerhandwerk gibt es – zumindest derzeit – für das Landessozialgericht keinen solchen Unternehmensverband witterungsunabhängiger Betriebe. Deshalb war die Betriebsabteilung für Fliesenlegearbeiten für die Richter umlagepflichtig.
- Für den Trockenbaubereich haben die Richter dagegen die „Bundesfachabteilung Akustik und Trockenbau“ des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie in der anerkannt. (Das haben andere Gerichte allerdings auch schon abweichend beurteilt.) Dass das Erfurter Unternehmen selbst gar kein Mitglied der Bundesfachabteilung ist, war dagegen nicht von Belang: Deren bloße Existenz reichte dem Gericht.
„Winterbauförderung“ und die Winterbeschäftigungs-Umlage
Winterbauförderung, Winterausfallgeld und Schlechtwettergeld gibt es genau genommen nicht mehr, auch wenn die Begriffe immer noch im Alltag verwendet werden. An ihre Stelle sind jedoch das Saison-Kurzarbeitergeld (Saison-Kug) und als ergänzende Maßnahmen das Mehraufwands-Wintergeld und das Zuschuss-Wintergeld getreten. Diese Instrumente sollen in der Schlechtwetterzeit die Arbeitslosigkeit im Baugewerbe bekämpfen.
- Saison-Kurzarbeitergeld können Betriebe in der gesetzlichen Schlechtwetterzeit (1. Dezember bis zum 31. März) beantragen, wenn die Witterung oder saisonbedingter Auftragsmangel für Arbeitsausfälle sorgt. Saison-Kug wird aus den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung finanziert.
- Zuschuss-Wintergeld bringt für jede Arbeitsstunde, die in diesem Zeitraum ausfällt und aus einem Arbeitszeitguthaben ausgeglichen wird, einen Zuschuss von 2,50 Euro im Bauhauptgewerbe und von 1,03 Euro im Baunebengewerbe.
- Mehraufwands-Wintergeld stockt in der Zeit vom 15. Dezember bis 28./29. Februar den Lohn für geleistete Arbeitsstunden um einen Euro auf.
Die Winterbeschäftigungsumlage beträgt 2 Prozent vom Bruttolohn, von denen im Bauhauptgewerbe der Arbeitgeber 1,2 Prozent tragen muss. Im Baunebengewerbe ist die gesamte Umlage Arbeitgebersache.
Unser Betrieb arbeitet ebenfalls im Innenausbau, und im Winter durch. Warum zahlen wir Winterbeschäftigungsumlage?
Grundsätzlich ist es durchaus geltendes Recht, dass auch solche Gewerke zur Winterbeschäftigungsumlage verpflichtet sind, die ausschließlich in geschlossenen Gebäuden arbeiten, also mindestens einen Rohbau mit eingesetzten Türen und Fenstern, vielleicht auch funktionierender Heizung benötigen. Die Tatsache, dass in diesem Fall das Winterwetter in der Regel nicht zu Arbeitsausfall führt, ändert daran zunächst einmal nichts. Entscheidend sind die Vorgaben der Baubetriebe-Verordnung.
Den dort genannten Gewerken bleibt nur, das Vorhandensein einer abgrenzbaren „Gruppe“ von Betrieben nachzuweisen, die witterungsunabhängig arbeiten und deshalb nicht förderfähig sind. In der Praxis haben verschiedene Sozialgerichte dies im Trockenbau bestätigt, es gab aber auch abweichende Entscheidungen. Bei den Fliesenlegern gibt es eine solche von den Gerichten akzeptierte Gruppe -zumindest bislang- nicht.
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