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Arbeitsrecht und Sozialrecht | 03.08.2020

Winter­beschäftigungs­umlage

Trockenbau: Muss für diese Betriebs­abteilung Winter­beschäftigungs­umlage bezahlen?

Entscheidend sind die Vorgaben der Baubetriebe-Verordnung

Fachbeitrag von Rechtsanwalt Dr. Peter Meides

Wenn ein Bau­unternehmen eine selbstständige Betriebs­abteilung für Trockenbau unterhält, muss es für diese Arbeit­nehmer keine Winter­beschäftigungs­umlage bezahlen. Eine Betriebs­abteilung für Fliesenlege­arbeiten ist dagegen umlagepflichtig. Das lässt sich als Fazit aus einer Ent­scheidung des Landes­sozial­gerichts Thüringen festhalten.

Die Richter hoben damit einen Bescheid der Arbeits­agentur auf, mit dem ein hauptsächlich im Innenausbau aktives Unternehmen aus Erfurt zur Zahlung von Umlage herangezogen wurde. Das Unternehmen führt Maler- und Fliesen­leger­arbeiten aus, baut Fenster und Türen ein und übernimmt außerdem Aufträge im Trockenbau. Für die Gewerke Fliesen­legen sowie Trockenbau gibt es dort eigene Ansprech­partner, jeweils drei eigene Arbeit­nehmer und damit eine eigene, selbstständige Betriebs­abteilung. Unstreitig war, dass das Unternehmen Bau­leistungen erbrachte.

Unternehmensverbände als entscheidendes Kriterium

Hintergrund der Ent­scheidung ist eine Vorgabe der Baubetriebe­verordnung sowie die Rechtsprechung des Bundes­sozial­gerichts. Die Baubetriebe­verordnung regelt, welche Betriebe und Betriebs­abteilungen Anspruch auf Saison-Kurzarbeiter­geld stellen können und umgekehrt am Umlage­verfahren teilnehmen müssen, über das die sogenannten er­gänzenden Maßnahmen der Winterbau­förderung finanziert werden.

Keine Umlage für Betriebsabteilung für Trockenbau

Ein Betrieb oder eine Betriebs­abteilung müssen dann keine Winter­beschäftigungs­umlage abführen, wenn sie selbst nicht witterungs­abhängig sind und deshalb auch keine Winterbau­förderung in Anspruch nehmen können – aber nur, wenn sie außerdem zu einer „abgrenzbaren und nennenswerten Gruppe“ solcher Betriebe gehören. So war das hier bei der selbstständigen Betriebs­abteilung für Trockenbau.

Gibt es einen Interessenverband witterungsunabhängiger Betriebe?

Es reicht also nicht, dass für den einzelnen Betrieb oder die Betriebs­abteilung selbst winterliche Arbeits­ausfälle keine Rolle spielen, weil sie witterungs­unabhängig arbeitet. In der Praxis werten die Sozial­gerichte das nur als eine Voraussetzung dafür, dass keine Umlage bezahlt werden muss. Weitere Voraussetzung ist, dass ein Branchen- beziehungs­weise Interessen­verband gleichartiger witterungs­unabhängiger Unternehmen existiert.

  • Im Fliesen­leger­handwerk gibt es – zumindest derzeit – für das Landes­sozial­gericht keinen solchen Unter­nehmens­verband witterungs­unabhängiger Betriebe. Deshalb war die Betriebs­abteilung für Fliesenlege­arbeiten für die Richter umlagepflichtig.
  • Für den Trockenbau­bereich haben die Richter dagegen die „Bundesfach­abteilung Akustik und Trockenbau“ des Haupt­verbands der Deutschen Bau­industrie in der anerkannt. (Das haben andere Gerichte allerdings auch schon abweichend beurteilt.) Dass das Erfurter Unternehmen selbst gar kein Mitglied der Bundesfach­abteilung ist, war dagegen nicht von Belang: Deren bloße Existenz reichte dem Gericht.

„Winterbauförderung“ und die Winterbeschäftigungs-Umlage

Winterbau­förderung, Winter­ausfallgeld und Schlecht­wettergeld gibt es genau genommen nicht mehr, auch wenn die Begriffe immer noch im Alltag verwendet werden. An ihre Stelle sind jedoch das Saison-Kurzarbeiter­geld (Saison-Kug) und als ergänzende Maßnahmen das Mehraufwands-Winter­geld und das Zuschuss-Wintergeld getreten. Diese Instrumente sollen in der Schlecht­wetter­zeit die Arbeits­losig­keit im Baugewerbe bekämpfen.

  • Saison-Kurzarbeiter­geld können Betriebe in der gesetzlichen Schlecht­wetter­zeit (1. Dezember bis zum 31. März) beantragen, wenn die Witterung oder saison­bedingter Auftrags­mangel für Arbeits­ausfälle sorgt. Saison-Kug wird aus den Beiträgen zur Arbeitslosen­versicherung finanziert.
  • Zuschuss-Wintergeld bringt für jede Arbeits­stunde, die in diesem Zeitraum ausfällt und aus einem Arbeitszeit­guthaben ausgeglichen wird, einen Zuschuss von 2,50 Euro im Bau­haupt­gewerbe und von 1,03 Euro im Bauneben­gewerbe.
  • Mehraufwands-Winter­geld stockt in der Zeit vom 15. Dezember bis 28./29. Februar den Lohn für geleistete Arbeits­stunden um einen Euro auf.

Die Winter­beschäftigungs­umlage beträgt 2 Prozent vom Bruttolohn, von denen im Bau­haupt­gewerbe der Arbeitgeber 1,2 Prozent tragen muss. Im Bauneben­gewerbe ist die gesamte Umlage Arbeitgeber­sache.

Unser Betrieb arbeitet ebenfalls im Innenausbau, und im Winter durch. Warum zahlen wir Winterbeschäftigungsumlage?

Grund­sätzlich ist es durchaus geltendes Recht, dass auch solche Gewerke zur Winter­beschäftigungs­umlage verpflichtet sind, die ausschließlich in geschlossenen Gebäuden arbeiten, also mindestens einen Rohbau mit eingesetzten Türen und Fenstern, vielleicht auch funktionierender Heizung benötigen. Die Tatsache, dass in diesem Fall das Winter­wetter in der Regel nicht zu Arbeits­ausfall führt, ändert daran zunächst einmal nichts. Entscheidend sind die Vorgaben der Baubetriebe-Verordnung.

Den dort genannten Gewerken bleibt nur, das Vorhanden­sein einer abgrenzbaren „Gruppe“ von Betrieben nach­zuweisen, die witterungs­unabhängig arbeiten und deshalb nicht förder­fähig sind. In der Praxis haben verschiedene Sozial­gerichte dies im Trockenbau bestätigt, es gab aber auch abweichende Entscheidungen. Bei den Fliesen­legern gibt es eine solche von den Gerichten akzeptierte Gruppe -zumindest bislang- nicht.

Fachanwalt Dr. Meides berät zur Wintersbeschäftigungs-Umlage

Rechtsanwalt Dr. Meides berät Sie, wenn Sie wissen wollen, ob Ihr Unternehmen Winter­beschäftigungs­umlage abführen muss oder ob es Möglichkeiten zur Vermeidung der Umlage gibt. Als Fachanwalt für Arbeits­recht unterstützt er Sie auch bei Streitig­keiten um Saison-Kurzarbeiter­geld, Zuschuss-Wintergeld und Mehraufwands-Winter­geld: E-Mail MEIDES Rechts­anwälte.

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