Die Frage nach der Möglichkeit von Rabattgewährung EU-ausländischer Versandapotheken steht allerdings noch immer im Raum.
Umstrittener Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten
Mehr als 420.000 Menschen hatten die Petition des Pharmaziestudenten Benedikt Bühler unterzeichnet, die nun als Grundlage für eine Debatte im Bundestag über den Vertrieb von Arzneimitteln im Internet diente. Die Befürchtung der Befürworter eines Vertriebsverbotes – lokale Apotheken kommen durch den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten in starke Bedrängnis. Gerade im Kampf um den günstigeren Preis seien Apotheken vor Ort den Online-Apotheken meist unterlegen.
Im Rahmen der Anhörung zur Petition im Bundestag bekräftigte Gesundheitsminister Jens Spahn am 27.01.2020 dagegen, dass es in der Bundesregierung europa- und verfassungsrechtliche Bedenken gegen ein Verbot des Versandhandels von Medikamenten gebe. Von einem vollständigen Vertriebsverbot nimmt der CDU-Politiker daher Abstand. Wenn es nach ihm geht, sollen auch künftig Patienten ihre Medikamente online bestellen können.
Angesicht der rechtlichen Bedenken hinsichtlich eines vollständigen Verbotes, sei es besser, ein milderes Mittel zu wählen, so Spahn. Geplant sei deshalb eine „Gleichpreisigkeit“: Online-Apotheken aus dem Ausland sollen bei verschreibungspflichtigen Medikamenten für gesetzlich Versicherte keine Rabatte mehr anbieten dürfen. Doch diese Pläne sind von einer Umsetzung noch weit entfernt.
EU kippt nationale Preisbindung
Im deutschen Vertriebsrecht galt lange Zeit eine Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Medikamenten. Arzneimittel sollten in Deutschland überall gleich viel kosten.
Diese Preisbindung hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) aber bereits 2016 für ausländische Versandhändler für unzulässig erklärt. Sie behindere den freien Warenverkehr innerhalb der EU, so die Einschätzung der EU-Richter (Urteil v. 19.10.2016; Az. C-148/15). Seitdem herrschen unterschiedliche Preise.
Lösung über Umwege
Das Bundesgesundheitsministerium um Jens Spahn war nach dem Urteil bemüht, einen Ausweg aus der Misere zu finden. Die Lösung sollte eine Umverortung der gesetzlichen Grundlage einer Beschränkung bieten. Die Preisbindung für Arzneimittel soll aus dem Arzneimittelgesetz gestrichen und dafür in das Sozialgesetzbuch verortet werden. In diesem Bereich bietet das Europarecht den einzelnen Mitgliedstaaten für nationale Bestimmungen regelmäßig mehr Raum.
Spahn hält eine solche Regelung im Sozialgesetzbuch wegen der gesetzlichen Krankenversicherung für möglich. Rabatte würden das Sachleistungs- und Solidaritätsprinzip unterlaufen. Das Bundesgesundheitsministerium hofft so, dass eine nationale Regelung trotz des EuGH-Urteils möglich ist.
Ob die Pläne zum Rabatt-Verbot europarechtlich Bestand haben werden, ist allerdings noch unklar. Bislang ist das entsprechende Apotheken-Stärkungsgesetz seit dem Kabinettsbeschluss vom Juli 2019 auf Eis gelegt. Bislang wartet man auf eine Stellungnahme der EU-Kommission zu dem Gesetzesvorschlag.
Im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD noch darauf verständigt, sich für ein vollständiges Verbot des Online-Vertriebs mit verschreibungspflichtigen Medikamenten einzusetzen. Diese Zielvorgabe hat sich nun bereits auf ein Verbot von Rabattgewährungen minimiert.
Weitere Informationen zum Thema Vertriebsrecht finden Sie auch unter: https://www.rosepartner.de/rechtsberatung/handelsrecht-vertriebsrecht/vertriebsrecht-vertriebsvertraege.html