Die Durchsuchung des eigenen persönlichen Lebensbereichs in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren stellt einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff dar, der sich noch verstärkt, wenn dem Beruf des Betroffenen wie bei einem Steuerberater ein besonderes Vertrauensverhältnis zu seinen Kunden innewohnt und so die Durchsuchung in den beruflich genutzten Räumen das Vertrauen der übrigen Kunden um die Vertraulichkeit ihrer Daten erheblich erschüttern kann.
Grundsatz: Beschlagnahme- und Durchsuchungsfreiheit bezüglich anvertrauter Unterlagen und Gegenstände
Aus diesen Gründen sieht § 97 Abs. 1 Nr. 2 und 3 Strafprozessordnung (StPO) ein Beschlagnahmeverbot für Aufzeichnungen und andere Gegenstände im Gewahrsam einer Person vor, die wie ein Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO das Zeugnis über die ihm anvertrauten Daten und Gegenstände verweigern kann; eine Durchsuchung zur Auffindung eines derart beschlagnahmefreien Gegenstandes ist unzulässig.
Bei Beendigung der Beschlagnahmefreiheit bleibt noch die Verhältnismäßigkeitsgrenze
Besondere Probleme ergeben sich hier erst, wenn der Zweck der Beschlagnahmefreiheit erloschen ist. So verhielt es sich in einer Konstellation, über die das Landgericht Saarbrücken (Beschluss vom 12.03.2013 – 2 Qs 15/13) zu befinden hatte:
Gegen den Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung bestand der Anfangsverdacht wegen Insolvenzverschleppung (§ 15a Insolvenzordnung) und weiterer Wirtschaftsstraftaten, so dass die Staatsanwaltschaft eine Durchsuchung in den Kanzleiräumen des Steuerberaters der GmbH betrieb, um die dort noch befindlichen Bilanzen und sonstigen wirtschaftlichen Unterlagen der GmbH zu beschlagnahmen, die inzwischen bereits aufgelöst und aus dem Handelsregister gelöscht wurde. Aus diesem Grund endete die Beschlagnahmefreiheit der Unterlagen, weil sie für den ursprünglichen Zweck (Erstellung von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen) nicht mehr benötigt wurden. Dennoch erklärte das Landgericht Saarbrücken die Durchsuchung für unzulässig, weil unverhältnismäßig (iSd § 160a StPO), hätte mit einem Herausgabeverlangen nach § 95 StPO (gerichtet auf eine „freiwillige“ Herausgabe) doch ein milderes Mittel zur Verfügung gestanden.
Fazit – Tabuzone Steuerberater
Die vorliegende Entscheidung verdeutlicht einmal mehr die hohe Bedeutung des grundrechtlich verankerten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen, so dass in Absprache mit einem Rechtsanwalt diesen wirksam entgegengetreten oder sie zumindest nach ihrem Vollzug für rechtswidrig erklärt werden können, um künftige vergleichbare Eingriffe zu vermeiden.