Mit wechselndem Erfolg: Der Versuch, von einem auf Bauaufzüge spezialisierten Unternehmen Beiträge zu bekommen, schlug vor einigen Jahren fehl. Mit Beitragsforderungen an einen Betrieb, der vor allem mobile Tribünen vermietet, hatte sie dagegen vor Gericht Erfolg, genau wie schon im früheren Fall eines Eventbühnen-Vermieters.
Die zwei Grundregeln bezüglich der SOKA Gerüst
- Ob die SOKA Gerüst zu Recht Beiträge anmahnt, oder ob ihren Forderungen die rechtliche Grundlage fehlt, hängt vom konkreten Einzelfall ab. Rechtlich kann die Situation selbst dann unterschiedlich sein, wenn zwei Unternehmen scheinbar ähnliche Tätigkeiten ausführen.
- Ein Betrieb, der nicht ganz offensichtlich unter den VTV-Gerüstbau fällt (den Tarifvertrag, der die SOKA Gerüst regelt), sollte sich mit freiwilligen Informationen gegenüber der SOKA Gerüst zurückhalten.
Eine Auskunftspflicht besteht nur, wenn man auch beitragspflichtig ist. Umgekehrt nutzen die Sozialkassen freiwillig erteilte Auskünfte sehr gern, um eine Beitragspflicht zu unterstellen, die dann im Einzelfall vor Gericht mühsam entkräftet werden muss. Vor Auskunftserteilung sollte man den Anwalt fragen, was Sache ist.
„Wir vermieten Tribünensysteme!“
Das Besondere am jüngsten Fall: Der Betrieb, von dem die SOKA Gerüst Beiträge forderte, stellte selbst überhaupt keine Gerüste auf – und schon gar keine Baugerüste.
Vielmehr hatte sich das Unternehmen, das von der Sozialkasse verklagt worden war, auf die Vermietung von mobilen Tribünen als Baukastensystems für Veranstaltungen und Feste spezialisiert. Zusätzlich plante es im Kundenauftrag die Konstruktion der Event-Tribünen und Bühnen. Für den Aufbau und Abbau sorgten andere.
Die SOKA Gerüst berief sich bei ihren Beitragsforderungen dagegen auf einen Satz im VTV-Gerüstbau als tariflicher Grundlage: „Erfasst werden auch Betriebe, die gewerblich Gerüstmaterial bereitstellen.“ Das Verpachten sei eine Form des Bereitstellens. Und die mobilen Tribünen und Bühnen seien Sonderkonstruktionen der Gerüsttechnik und würden deshalb von der Sozialkassenpflicht erfasst.
Es geht um Gerüstbau – und das Soka-Verfahrensicherungsgesetz II
Das Gerichtsverfahren drehte sich um ganze 758 Euro, die die SOKA Gerüst als Beitragsnachzahlung forderte. Trotz dieser bescheidenen Summe ging der Prozess bis zum Bundesarbeitsgericht. Daran wird klar, dass das Verfahren sich um grundsätzliche Fragen drehte.
Zum einen wollte die SOKA Gerüst sicher ihren Beitragsanspruch gegenüber Eventtribünen-Anbietern zementieren. Gleichzeitig stand die Verfassungsmäßigkeit des SOKA-SiG II auf dem Prüfstand.
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichs fiel zugunsten der SOKA Gerüst aus
Der auf Beitragszahlung verklagte Betrieb wehrte sich zum einen mit verfassungsrechtlichen Argumenten: Das Gesetz, mit dem die Politik 2017 geradezu hektisch die Ansprüche der SOKA Gerüst und anderer „kleiner“ Sozialkassen wie der Malerkasse retten wollte, gilt nämlich rückwirkend. Eine echte Rückwirkung ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
Die wollte das Bundesarbeitsgericht hier jedoch nicht erkennen. Ebenso wenig beeindruckte es der Hinweis, dass die mobilen Tribünen sogenannte „fliegende Bauten“ seien und deshalb keine Gerüste. Die Richter entschieden wie bereits die Vorinstanzen zugunsten der SOKA Gerüst. Das Bundesarbeitsgericht bleibt seiner Linie treu, den Begriff des Gerüsts im Sinne des VTV-Gerüstbaus „umfassend“ zu verstehen. Durch diese Sichtweise werden mobile Zuschauertribünen oder Eventbühnen als „Sonderkonstruktionen der Rüsttechnik“ dem Gerüstbau-Handwerk zugeschlagen. Auf das Argument, dass man so gesehen auch in Lagerhallen montierte Hochregal-Systeme als „Gerüstbau“ einordnen könnte, gingen die Richter nicht wirklich ein.
Sie sollten trotzdem nicht voreilig
Aus Sicht von Event-Dienstleistern und Vermietern von mobilen Tribünen ist die Entscheidung sicher enttäuschend. Sie ist jedoch kein Grund, in vorauseilendem Gehorsam Beiträge an die SOKA Gerüst zu bezahlen.
Im Einzelfall hängt die Beitragspflicht von einer Vielzahl weiterer Faktoren ab. Welche Arbeiten werden im Betrieb ansonsten ausgeführt? Werden Module oder Elemente vielleicht auch hergestellt? Ist der mit Tribünenvermietung oder Montage befasste Betriebsteil eine „selbstständige Betriebsabteilung“? Und wo hat das Unternehmen seinen Sitz? Diese und andere Aspekte gilt es zu klären. Sonst zahlt das Unternehmen womöglich Sozialkassenbeiträge, obwohl es gar nicht müsste.
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