Ein Einzelunternehmen befasst sich vornehmlich mit Garten- und Landschaftsbau: mit Rodungsarbeiten, dem Rekultivieren oder Renaturieren von Flächen, mit dem Beschnitt von Hecken und Bäumen sowie mit Dachbegrünung und dem Anlegen von Rasenflächen. Außerdem schreddert es Totholz und Grünschnitt zu Mulch und übernimmt Transportarbeiten. Dazwischen legt es Gartenwege an und führt Pflasterarbeiten aus. Es zahlt Beiträge zur EWGaLa, der Einzugsstelle der Sozialkasse für den Garten- Landschafts- und Sportplatzbau.
Angemeldete aber nicht gegründete GmbH macht SOKA-Bau hellhörig
Doch dann meldet der Inhaber des Einzelunternehmens bei der SOKA-Bau eine noch zu gründende GmbH an, die sich mit Straßenbau befassen soll. Dieser Geschäftsplan zerschlägt sich wieder, die GmbH wird nie gegründet, das Einzelunternehmen ist weiter im Garten- und Landschaftsbau tätig. Doch die SOKA-Bau ist hellhörig geworden.
SOKA-Bau fordert für nicht existierendes Unternehmen Beiträge
Die Sozialkasse will von der voreilig erfolgten Anmeldung nicht wieder abrücken. Sie behauptet, das existierende Einzelunternehmen führe tatsächlich überwiegend Pflasterarbeiten und Tiefbauarbeiten aus. Deshalb fordert sie fast 45.000 Euro an Beitragsnachzahlungen für zwei Jahre und verklagt das Unternehmen.
Klage erstinstanzlich erfolgreich
In der ersten Instanz äußert der Betrieb sich inhaltlich nicht zu den Angaben und verweist nur auf Beitragszahlungen an die EWGaLa. Das Arbeitsgericht Berlin-Brandenburg gibt der Klage statt und verurteilt den Betrieb zur Beitragszahlung an die SOKA-Bau.
Berufung des gegen Urteil erfolgreich
Der Betrieb geht gegen das Urteil der ersten Instanz in Berufung. Vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg legt er nun Zahlen und Rechnungen vor, die für sich sprechen.
Hauptumsatz durch Garten- und Landschaftsbau erzielt
Im ersten der strittigen Jahre machte er demnach fast 60.000 Euro Umsatz mit Garten- und Landschaftsbau, rund 7.500 Euro Umsatz mit Beratung und etwas über 5.000 Euro Umsatz mit Transportarbeiten, dagegen weniger als 1.000 Euro mit baulichen Leistungen. Im darauffolgenden Jahr, das ebenfalls Gegenstand des Verfahrens ist, entfallen mehr als 180.000 Euro Umsatz auf Garten- und Landschaftsbauleistungen, dafür weniger als 8.000 Euro auf bauliche Tätigkeiten.
Vorgelegte Rechnungen belegen auch Arbeitszeiten
Insgesamt beschreibt das Unternehmen 23 Vorhaben aus den beiden Geschäftsjahren detailliert anhand der Rechnungen. Dagegen macht die SOKA-Bau geltend, dass reine Umsatzangaben belanglos seien. Doch aus den vorgelegten Rechnungen gehen auch Arbeitszeiten hervor.
LAG verneint SOKA-Bau-Beiträge nach Rechnungsprüfung
Das Landesarbeitsgericht prüft die Rechnungen. Es kommt insgesamt zum Ergebnis, dass bei der Gesamtarbeitszeit Tätigkeiten überwogen haben, die nicht unter den VTV fallen. („VTV“ steht für den Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe, der detailliert festlegt, welche Arbeiten SOKA-beitragspflichtig sind.) Entscheidend ist, dass in der Gesamtbetrachtung weitaus mehr Arbeitsstunden auf Tätigkeiten des Garten- und Landschaftsbaus entfallen als auf Arbeiten, die gemäß VTV Beitragspflicht zur SOKA-Bau auslösen.
Kosten des Berufungsverfahrens trotz erfolgreicher Berufung vom Betrieb zu tragen
Allerdings weisen die Richter darauf hin, dass der Garten- und Landschaftsbaubetrieb seine Ausführungen ja schon in der ersten Instanz hätte machen können. Deshalb muss er die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Doch die Beitragsforderungen der Sozialkasse hat er erfolgreich abgewehrt.
Geltungsbereich des VTV grundsätzlich weit auslegbar
Nicht immer geht es so glimpflich ab. Grundsätzlich wird in solchen Fällen der Geltungsbereich des VTV recht weit ausgelegt. So gelten zwar reine Gartenerdarbeiten und Rasenbauarbeiten nicht als beitragspflichtig zur Sozialkasse der Bauwirtschaft. Doch das kann beim Wegebau, beim Anlegen von Seitenbefestigung an Straßen oder Fahrradwegen sowie bei der Melioration etwa durch Drainierungen schon anders aussehen: Solche Arbeiten können eine SOKA-Beitragspflicht begründen. Und zwar unabhängig davon, ob sie „von ihrem Gepräge her“ eher zum Garten- bzw. Landschaftsbau gehören oder ob sie typischerweise in den Straßenbau bzw. Tiefbau fallen.
Einzelfallprüfung erforderlich
Schon allein deshalb ist es immer eine Frage des Einzelfalls, ob ein bestimmter Betrieb in einem bestimmten Jahr Beiträge zur SOKA-Bau bezahlen muss. Entscheiden lässt sich dies nur mit Blick auf die konkret ausgeführten Bauvorhaben. Außerdem setzt die Antwort genaue Kenntnisse der Rechtslage voraus. Wenn ein Rechtsanwalt allerdings feststellt, dass SOKA-Beitragsforderungen kaum berechtigt sind, dann lohnt es sich durchaus, der Sozialkasse vor Gericht die Stirn zu bieten.
Fragebogen nicht ohne anwaltliche Hilfe ausfüllen
Die entscheidenden Weichenstellungen beginnen schon früher: sobald die SOKA-Bau Auskunft verlangt. Es ist gefährlich, gutwillig Erfassungsbögen auszufüllen und darauf zu vertrauen, die SOKA-Bau werde schon einsehen, dass man nicht baulich sei. Diese Strategie führt oft geradewegs in die Beitragspflicht. Deshalb ist es ratsam, auch Selbstauskünfte nur in Rücksprache mit dem Anwalt zu erteilen.