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Erbrecht | 16.10.2020

Immobilien­schenkung

Pflicht­teils­recht: Pflicht­teils­anspruch bei Immobilien­schenkung des Erblassers

Immobilien­schenkung bleibt wegen Ablaufs der Zehnjahres­frist bei der Nachlass­verteilung unberücksichtigt

Das OLG Zweibrücken hat mit Urteil vom 01.09.2020 entschieden, dass die Immobilien­schenkung eines Erblassers bei der Berechnung des Pflicht­teils­anspruchs nach 12 Jahren keine Berücksichtigung mehr findet, auch wenn sich der Erblasser ein Wohn- und Rück­forderungs­recht vorbehalten hat.

Wird ein gesetzlicher Erbe (z. B. ein Kind des Erblassers) von der Erbfolge ausgeschlossen, so kann der Betroffene von den Erben den Pflichtteil verlangen.

Pflichtteilsberechtigten steht Pflichtteilsergänzungsanspruch zu

Um zu verhindern, dass der Pflichtteil durch Schenkungen des Erblassers zu Lebzeiten ausgehöhlt wird, steht dem Pflichtteilsberechtigten ein Pflicht­teils­ergänzungsa­nspruch zu. Für den Pflichtteilsberechtigten bedeutet dies, dass die Höhe seines Pflicht­teils­anspruchs so berechnet wird, als wäre der verschenkte Gegenstand noch Teil des Nachlasses.

Keine Berücksichtigung für 10 Jahre zurückliegende Schenkungen

Schenkungen die mehr als 10 Jahre zurück­liegen sollen jedoch keine Berücksichtigung mehr finden. Für die Dauer von 10 Jahren seit der Schenkung hat der Gesetzgeber eine Ab­schmelzung vorgesehen. Der Wert mit dem der verschenkte Gegenstand berücksichtigt wird, verringert sich um 10 % pro Jahr. Sind also 10 Jahre seit der Schenkung verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt (§ 2325 Abs. 3 BGB).

Abschmelzungsfrist beginnt nach Umschreibung im Grundbuch

Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist für den Beginn der Abschmelzungs­frist auf die „Leistung des verschenkten Gegenstandes“ abzustellen. Bei Immobilien ist dies die Umschreibung im Grundbuch.

Rechtsprechung macht hiervon Ausnahmen

Nur die Umschreibung des Eigentums ist nicht ausreichend. Der geschenkte Gegenstand muss auch tatsächlich aus dem Vermögen des Erblassers ausscheiden. Eine solche Aus­gliederung aus dem Vermögen liegt dann nicht vor, wenn sich der Erblasser z.B. ein Nießbrauchs­recht oder umfassendes Wohnrecht an der Immobilie vorbehält. Auch ein Rück­forderungs­recht kann den Fristenlauf hemmen, weil keine endgültige Aus­gliederung des verschenkten Gegenstandes aus dem Vermögen des Erblassers vorliegt.

Der Fall

In dem durch das OLG Zweibrücken (Urteil vom 01.09.2020 - 5 U 50/19 -) entschiedenen Fall, hatte sich der Erblasser ein Wohn- und Nutzungs­recht nur an der Wohnung im Erdgeschoss der Immobilie vorbehalten. Die Wohnung im Ober­geschoss stand dem Beschenkten zur freien Verfügung.

Der Erblasser hatte sich zudem ein Rück­forderungs­recht vorbehalten, welches jedoch ein bestimmtes Verhalten des Beschenkten voraussetzte. Der alleinige Wille des Erblassers zur Ausübung des Rückforderungs­rechts sollte nicht ausreichen.

OLG Zweibrücken: Zehnjahresfrist bereits abgelaufen

Das OLG Zweibrücken entschied, dass die Zehnjahres­frist mit der Grundbuch­umschreibung zu laufen begonnen hat und die vor 12 Jahren übertragen Immobilie somit bei der Berechnung des Pflicht­teils­anspruchs keine Berücksichtigung mehr findet.

Der Erblasser hatte sich kein umfassendes Wohnrecht an der Immobilie vorbehalten. Bezieht sich das Wohn- und Nutzungs­recht auf mehr als 50 % der Immobilie, so dürfte von einer Hemmung und bei weniger als 50 % der Immobilie von dem Beginn der Frist auszugehen sein. Da sich der Erblasser das Wohn- und Nutzungs­recht nur an der unteren Wohnung vorbehalten hatte, reicht dies dem Gericht nicht aus, um eine Hemmung des Fristen­laufs anzunehmen.

Auch das vor­behaltene Rück­forderungs­recht reichte dem Gericht nicht aus, da dies nicht nach dem freien Willen des Erblassers ausgeübt werden konnte.

Die Ent­scheidung des OLG Zweibrücken steht in Einklang mit der Ent­scheidung des BGH vom 29.06.2016. In dieser Leitsatz Ent­scheidung aus dem Jahr 2016 hatte der BGH folgendes fest­gestellt:

„Behält sich der Erblasser bei der Schenkung eines Grundstücks ein Wohnungs­recht an diesem oder Teilen daran vor, so kann hierdurch in Ausnahme­fällen (hier verneint) der Beginn des Fristlaufs gem. § 2325 Abs. 3 BGB gehindert sein (Fortführung des Senats­urteils vom 27. April 1994 - IV ZR 132/93, BGHZ 125, 395).“ (BGH, Urteil vom 29. Juni 2016 - IV ZR 474/15 -, Leitsatz)

Vorbehaltende Nutzungsmöglichkeit des Erblassers maßgebend

Auch in dem Fall des BGH aus dem Jahre 2016 hatte sich der Erblasser ein Wohnrecht nur an dem Erdgeschoss und nicht zugleich auch an dem Mittel- und Dach­geschoss vorbehalten. Maßgeblich sind immer die Umstände des Einzelfalls. Es ist in jedem Einzelfall danach zu fragen, inwieweit der Erblasser die Nutzungs­möglichkeit der Immobilie aufgibt.

Wir helfen Ihnen gerne!

Bei Fragen zur Durch­setzung oder auch Abwehr eines Pflicht­teils­anspruchs beraten wir Sie gerne. Vereinbaren Sie einfach ein kostenloses Erst­gespräch mit uns.

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