Das Amtsgericht Charlottenburg (Beschluss vom 17.12.2014, Az. 217 C 121/14) hat dem Betreiber eines Internet-Freifunk-Netzwerkes Recht gegeben und seiner Klage stattgegeben. Er hatte sich gegen eine Filesharing-Abmahnung gewandt. Der Abmahner muss nun sämtliche Anwalts- und Gerichtskosten zahlen.
Der Kläger betreibt ein öffentlich zugängliches WLAN-Netzwerk. Darüber soll ein Film in einer Tauschbörse angeboten worden sein (Filesharing), woraufhin er abgemahnt wurde.
AG Charlottenburg verpasst Anscheinsbeweis in Filesharing-Fällen Dämpfer
Das Gericht befand, dass er für den Filesharing-Vorfall weder als Täter noch als Störer haftet. Insbesondere tritt das Gericht der sogenannten Anscheinsvermutung für die Täterschaft des Inhaber eines Internetanschlusses entgegen. Denn „die Aufstellung einer tatsächlichen Vermutung setzt voraus, dass es einen empirisch gesicherten Erfahrungssatz aufgrund allgemeiner Lebensumstände dahingehend gibt, dass ein Anschlussinhaber seinen Internetzugang in erster Linie nutzt und über Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft bewusst kontrolliert“.„Ein derartiger Erfahrungssatz“, so das Amtsgericht weiter, „existiert nicht“.
Wer seinen Internetanschluss mit anderen Personen teilt, die selbständig auf den Internetanschluss zugreifen können, kann deshalb die Vermutung der Täterschaft recht einfach widerlegen.
Haftung für öffentliches WLAN nur als Access-Betreiber
Spannend wird es, als das Gericht zum Vorwurf der Störerhaftung des Freifunkers Stellung nimmt. Auch diese verneint das AG Charlottenburg. Den Freifunker trifft keine Verantwortlichkeit: „Wer ein öffentliches WLAN anbietet, ist grundsätzlich als Access-Provider einzustufen.“ Ein solcher ist gemäß Teledienstegesetz „nicht verpflichtet, Nutzer oder Kunden zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen“.
Offenes WLAN kann ohne Registrierungspflichten betrieben werden
Ein Haftung des offenen WLAN-Betreiberes kommt zwar bei Kenntnis von den rechtswidrigen Handlungen über sein WLAN oder bei der Verletzung von Prüfpflichten in Betracht. Nach Ansicht des AG Charlottenburg kann vom Betreiber eines WLAN-Netzwerkes aber „nichts abverlangt werden, was sein Geschäftsmodell gefährdet“ - z.B. schwere Eingriffe wie Port- oder DNS-Sperren oder Registrierungspflichten. Auch eine Belehrungspflicht könne von dem WLAN-Betreiber nicht verlangt werden.
Einzelfallentscheidung - noch keine sichere Rechtslage
Die Entscheidungsgründe des AG Charlottenburg sind eine deutliche argumentative Rückenstärkung für die Befürworter offener WLAN-Netzwerke. Die Entscheidung enthält einige überzeugende rechtliche Erwägungen. Allerdings ist es zu früh, rechtliche Entwarnung für Betreiber von offenen Netzwerken zu geben. Dazu bedarf es zunächst einer - noch nicht vorhandenen - einheitlichen und insbesondere obergerichtlichen Rechtsprechung oder einer klaren gesetzlichen Regelung.
Sie haben Fragen?
Sie haben Fragen im Zusammenhang mit unserem obigen Text oder einen ähnlichen Rechtsfall? Gern unterstützen wir Sie. Wir sind deutschlandweit tätig. Der Erstkontakt ist für Sie in jedem Fall kostenlos!
Rufen Sie jetzt einfach unverbindlich in unserer Rechtsanwaltskanzlei an. Sie erreichen uns unter Tel. (030) 31 00 44 00.