Anleger klagte auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung
Behauptet ein Kapitalanleger, dass er vor seiner Anlageentscheidung über bestimmte Risiken und Eigenschaften der Geldanlage mündlich nicht aufgeklärt wurde und verlangt daher Schadensersatz, kann die in Anspruch genommene Anlageberatungsgesellschaft den Vorwürfen nicht nur bloße Vermutungen entgegensetzen oder die Behauptungen mit Nichtwissen bestreiten. Das gelte auch für die Behauptung des Anlegers, dass er den Emissionsprospekt nicht eher als einen Tag vor seinem Beitritt zu der Kapitalanlage erhalten habe. Selbst wenn die Anlageberatungsgesellschaft alle ihre verfügbaren Quellen ausgeschöpft und dennoch keine Kenntnis über einen von ihren Handelsvertretern durchgeführten Beratungsvorgang hat, könne sie sich nicht auf Nichtwissen oder Vermutungen zurückziehen, sondern müsse darlegen, dass die Anlageberatung ordnungsgemäß verlaufen ist, stellte das OLG Celle klar.
Anlageberatungsgesellschaft konnte Vorwürfe des Anlegers nicht entkräften
In dem Fall hatte ein Anleger sich auf Empfehlung eines Handelsvertreters einer Anlageberatungsgesellschaft an einem Schiffsfonds beteiligt und später auf Schadensersatz geklagt. Er sei weder über die hohen Vertriebskosten noch über das Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung aufgeklärt worden. Das OLG stellte fest, dass hohe Weichkosten für Vertrieb und Verwaltung von mehr als 15 Prozent der Anlagesumme für den Anleger ein entscheidendes Kriterium sein können und er sich deshalb ggf. gegen eine Beteiligung entscheiden könnte. Daher müsse er darüber ebenso aufgeklärt werden wie über das Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung, selbst wenn die Haftungssumme begrenzt wurde, so das OLG. Die Anlageberatungsgesellschaft konnte die Vorwürfe des Anlegers, dass er fehlerhaft beraten wurde, nicht entkräften. Sie zog sich darauf zurück, dass sie zu Inhalt und Hergang des Gesprächs zwischen ihrem Handelsvertreter und dem Anleger nichts wisse. Darauf könne sie sich aber nicht zurückziehen. Sie treffe auch eine Darlegungslast und nicht nur eine Bestreitenslast, so das OLG und sprach dem Anleger Schadensersatz wegen Falschberatung zu.
Rechtliche Einschätzung der Kanzlei Kreutzer, München:
Die Erfahrung zeigt, dass bei etlichen Anlageberatungsgesprächen die Vorgaben an eine ordnungsgemäße Anlageberatung nicht erfüllt wurden. Vielfach wurden die Geldanlagen, gerade auch Schiffsfonds, mit Attributen wie „sicher“ und „renditestark“ beworben. Diese Attribute treffen einerseits nicht zu, da Beteiligungen an geschlossenen Fonds in der Regel spekulativ und mit einer ganzen Reihe von Risiken behaftet sind. Andererseits müssen die Anleger auch über die Funktionsweise und bestehenden Risiken wie z.B. das Totalverlust-Risiko umfassend aufgeklärt werden. Ist diese Aufklärung ausgeblieben oder war nur unzureichend, können Ansprüche auf Schadensersatz geltend gemacht werden.