Die Steuerlast soll zum Teil dramatisch steigen, obwohl die Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts als Ziel eine „verfassungskonforme, rechtssichere und zeitgemäße Fortentwicklung der Grundsteuer und der damit verbundenen Bewertung der Grundsteuerobjekte, um die Grundsteuer als verlässliche Einnahmequelle der Kommunen zu erhalten“, formuliert hat (Deutscher Bundestag, Drucksache 19/11085). „Nicht beabsichtigt ist eine strukturelle Erhöhung des Grundsteueraufkommens“. Es bestehen zumindest Zweifel an einer gerechten und aufkommensneutralen Grundsteuerreform.
BVerfG-Entscheidung: Bemessung der Grundsteuer verfassungswidrig
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Verfassungswidrigkeit der Einheitsbewertung zur Bemessung der Grundsteuer beruhte im Wesentlichen auf zwischenzeitlichen Wertverzerrungen bei der Einheitsbewertung des Grundvermögens, die zu entsprechenden Ungleichbehandlungen bei der Erhebung der Grundsteuer geführt haben (BVerfG, Urt. v. 10.04.2018 - 1 BvL 11/14). Es bestehen demnach wohl auch Zweifel an einer gerechten und aufkommensneutralen Grundsteuer und deren Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG im Einzelfall (Gleichheitssatz).
Bisherige Normen sollen auch nach Verkündung der Neuregelung noch begrenzt fortgelten
Allerdings führte die Unvereinbarkeit der Vorschriften der Einheitsbewertung mit Art. 3 Abs. 1 GG in den Verfassungsbeschwerdeverfahren (nur) zu der Feststellung, dass die Beschwerdeführer in diesem Grundrecht verletzt werden, weil und soweit die zulässig angegriffenen Behörden- und Gerichtsentscheidungen darauf beruhen. Der Gesetzgeber wurde (nur) verpflichtet, eine Neuregelung spätestens bis zum 31.12.2019 zu treffen. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen die als unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG festgestellten Regeln über die Einheitsbewertung weiter und nach Verkündung einer Neuregelung für weitere fünf Jahre ab der Verkündung, längstens aber bis zum 31.12.2024 angewandt werden.
Einspruch gegen Feststellungsbescheid und Widerspruch gegen den Grundsteuerbescheid
Weil die Finanzämter an geltendes Recht gebunden sind, werden sie die Einsprüche regelmäßig zurückweisen, solange keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorliegt, dass die Normen verfassungswidrig sind, oder nicht wenigstens ein Musterverfahren zur Verfassungsmäßigkeit des neuen Bewertungsverfahrens anhängig ist und ein Ruhen des Einspruchsverfahrens in Betracht kommt. Nichts anderes gilt für Widersprüche gegen die Grundsteuerbescheide der Gemeinden.
Gleichwohl könnte gegen die Feststellungsbescheide der Finanzämter Einspruch eingelegt und ggf. auch gegen die Grundsteuerbescheide der Gemeinden Widerspruch erhoben werden. Ggf. könnte auch von der Möglichkeit des Bewertungsgesetzes (BewG) Gebrauch gemacht werden, den niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen.
Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts
Weist der Steuerpflichtige nämlich nach, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit am Bewertungsstichtag niedriger ist als der nach den §§ 179, 182 bis 196 ermittelte Wert, so ist dieser Wert anzusetzen. Für den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts gelten grundsätzlich die aufgrund des § 199 Abs. 1 des Baugesetzbuchs erlassenen Vorschriften (§ 198 Abs. 1 BewG).
Als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts kann regelmäßig ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses im Sinne der §§ 192 ff. des Baugesetzbuchs oder von Personen, die von einer staatlichen, staatlich anerkannten oder nach DIN EN ISO/EC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken bestellt oder zertifiziert worden sind, dienen. (§ 198 Abs. 2 BewG).
Als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts kann auch ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag zustande gekommener Kaufpreis über das zu bewertende Grundstück dienen, wenn die maßgeblichen Verhältnisse hierfür gegenüber den Verhältnissen am Bewertungsstichtag unverändert sind (§ 198 Abs. 3 BewG).
Teilerlass der Grundsteuer möglich
Unbeschadet dessen ermöglicht das Grundsteuergesetz (GrStG) auch einen Teilerlass der Grundsteuer für Kulturgut und Grünanlagen (§ 32 GrStG), wegen wesentlicher Reinertragsminderung bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft (§ 33 GrStG) und wegen wesentlicher Ertragsminderung bei bebauten Grundstücken (§ 34 GrStG), also etwa bei bebauten Grundstücken, die zur Vermietung bestimmt sind und ganz bzw. teilweise leer stehen oder die einen substantiellen Mietausfall zu verzeichnen hatten (Corona).