Wie kann man sich gegen Mobbing wehren?
Beschwerderecht (Arbeitgeber/Personalrat/Betriebsrat/Frauenvertretung)
Das Beschwerderecht gegenüber dem Arbeitgeber ergibt sich aus § 13 Abs. 1 AGG analog. Die Haftung des Arbeitgebers für Mobbing mit den entsprechenden Ansprüchen z.B. auf Schadensersatz, Schmerzensgeld kann nur eintreten, wenn der Betroffene nachweist, dass dieser Kenntnis von den Mobbingvorfällen hatte. In der zu Beweiszwecken schriftlichen Beschwerde müssen die einzelnen Mobbinghandlungen nach Zeit und Ort genau geschildert und Beweise z.B. durch E-Mails, Zeugen, angegeben werden.
Der Betriebs- oder Personalrat ist berechtigt, soweit er die Beschwerde für berechtigt erachtet, beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinzuwirken.
Wegen der Beschwerde dürfen dem Betroffenen keine Nachteile entstehen.
Anspruch auf Durchführung geeigneter Maßnahmen des Arbeitgebers
Betroffene können analog § 12 Abs.3 AGG von ihrem Arbeitgeber verlangen, dass er die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zur Unterbindung des Mobbings, wie z. B. Ermahnung, Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung des Mobbenden ergreift.
Zwar besteht grundsätzlich kein Anspruch des Betroffenen gegenüber dem Arbeitgeber, dass dieser eine bestimmte Maßnahme durchführt. Allerdings hat der Betroffene Anspruch auf die Ausübung rechtsfehlerfreien Ermessens durch den Arbeitgeber. Wenn nach objektiver Betrachtungsweise eine rechtsfehlerfreie Ermessensentscheidung nur das Ergebnis haben könnte, eine bestimmte Maßnahme zu ergreifen, besteht ein Anspruch auf deren Durchführung.
Dies kann bis zur Kündigung des Mobbenden gehen, z. B. im Falle des dringenden Verdachts der sexuellen Nötigung einer Betroffenen.
Anspruch auf Zurückbehaltung der Arbeitsleistung
Ein solcher Anspruch ergibt sich aus § 14 AGG analog, aber auch aus § 273 BGB.
Nach § 14 AGG analog sind die betroffenen Beschäftigten berechtigt, ihre Tätigkeit ohne Verlust des Arbeitsentgelts einzustellen, soweit dies zu ihrem Schutz erforderlich ist. Voraussetzung ist weiter, dass der Arbeitgeber keine oder offensichtlich ungeeignete Maßnahmen zur Unterbindung einer Belästigung oder sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz trifft.
Von Mobbing Betroffene gehen unter Umständen ein hohes Risiko ein, wenn sie ihre Tätigkeiten einstellen, weil der Arbeitgeber keine oder nicht geeignete Maßnahmen einleitet zur Unterbindung des Mobbing.
Stellt sich nämlich im Nachhinein heraus, dass die Voraussetzungen für ein Leistungsverweigerungsrecht nicht in vollem Umfang vorliegen - und dem Arbeitgeber steht ein Ermessensspielraum zu - bedeutet dies im Ergebnis, dass aufgrund der unterbliebenen Arbeitsleistung der Arbeitgeber berechtigt sein kann, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund fristlos zu kündigen. Es empfiehlt sich deshalb, vor Ergreifen einer solchen Maßnahme unbedingt eine Rechtsanwältin bzw. einen Rechtsanwalt zu konsultieren.
Anspruch auf Schadensersatz (gegenüber Arbeitgeber/Mobber):
Wenn der Arbeitgeber nachweislich gegen Mobbing keine oder unzureichende Maßnahmen ergreift, kann wegen Verletzung der Fürsorgepflicht und/oder Organisationsverschuldens ein Anspruch auf Schadensersatz bestehen. Das können zum Beispiel Arztkosten, Bewerbungskosten oder Verdienstausfall wegen Verlustes des Arbeitsplatzes sein. Ein Schadensersatz kann auch in der Differenz zwischen dem Krankengeld und dem Brutto-Gehalt bestehen, da das Krankengeld niedriger ist.
Ein solcher Schadensersatzanspruch kann auch gegenüber dem Mobber bestehen, sofern er vorsätzlich die Tat begangen hat und mindestens fahrlässig damit rechnen musste, dass sein Mobbing-Verhalten die entsprechenden Schäden verursachen konnte.
Anspruchsgrundlage sind die §§ 241 Abs.2, 278, 280 BGB.
Des weiteren kann ein Anspruch auf Schmerzensgeld sowohl gegenüber dem Arbeitgeber als auch dem Mobber bestehen.
Bezüglich des Schmerzensgeldes ergibt sich die Anspruchsgrundlage aus § 253 Abs.2 BGB i.V.m. §§ 280 Abs.1, 278 BGB.
Der Arbeitgeber haftet somit nicht nur für eigenes Mobbing, sondern auch für Mobbing durch Mitarbeiter, wenn er dieses kennt und nicht unterbindet oder seine Betriebs- und Arbeitsstrukturen nicht so organisiert, dass Mobbing möglichst vermieden wird.
Anspruch auf Widerruf/Unterlassung (Mobber)
Gegen rufschädigende oder beleidigende Äußerungen können Mobbing-Betroffene vorgehen, indem sie außergerichtlich einen Widerruf und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung von dem Mobbing-Täter verlangen.
Für den Fall, dass diese nicht abgegeben wird, kann auch mit der Unterlassungs- und Widerrufsklage vorgegangen werden. Anspruchsgrundlage sind die §§ 1004 i.V.m. 823 BGB.
Strafanzeige und Strafantrag (Mobber)
In vielen Fällen werden Mobbingtaten auch strafrechtliche Vorschriften verletzen. Hier ist sowohl an Beleidigungsdelikte (§§ 185 ff. StGB), an Körperverletzungsdelikte (§§ 223 ff. StGB), aber insbesondere auch an Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, wie sie in den §§ 177, 178 des Strafgesetzbuches geregelt sind, zu denken.
Auch dies will gut überlegt sein. Betroffene müssen mit Gegenanzeigen wegen übler Nachrede oder Verleumdung oder falscher Verdächtigung rechnen. Trotzdem kann dies in vielen Fällen empfohlen werden, um einen Mobber in die Schranken zu weisen.
Eigenkündigung
Dies ist etwas, was von Betroffenen häufig als letzter Ausweg gesehen wird.
Die Eigenkündigung kann durchaus ein angemessenes Mittel sein, um einer unerträglichen Situation zu entkommen.
Aber auch die Eigenkündigung will gut überlegt sein.
Zu denken ist insbesondere daran, dass im Falle der daraus folgenden Arbeitslosigkeit eine Sperrfrist durch das Arbeitsamt droht.
Es empfiehlt sich, selbst wenn die Mobbing-Betroffenen keine Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen wollen, die einzelnen Mobbing-Vorfälle genau zu dokumentieren, Beweise zu sammeln, um von Vornherein gegenüber dem zuständigen Arbeitsamt die Gründe, die zur Kündigung geführt haben, darzulegen.
Dazu gehört auch, darauf hinzuweisen, dass es sich um wichtige Gründe handelt, die es unzumutbar erscheinen lassen, an dem Arbeitsverhältnis festzuhalten.
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