Der Rechtsstreit betrifft zwei Frauen, die in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft verheiratet zusammenleben. Mithilfe einer anonymen Samenspende wurde eine der beiden schwanger. Noch bevor sie das Kind zur Welt brachte erkannte ihre Partnerin mittels einer notariell beurkundeten Erklärung ihre Mit-Mutterschaft an. In der Erklärung hieß es, „dass sie unbedingt, uneingeschränkt und von Geburt an die Eltern-Verantwortung für das Kind übernehmen“ wolle.
Standesamt lehnte Feststellung der „Mit-Mutterschaft“ ab
Das zuständige Standesamt konnte hiermit wenig anfangen. Einer solchen Mit-Mutterschaft würde schließlich die geltende Rechtslage im Wege stehen.
Geltende Recht kennt nur eine Mutter
Es kam zum Rechtsstreit, der schließlich beim OLG Celle landete. Auch hier stellten die Richter fest, dass sie dem Paar nicht helfen konnten, weil die geltenden gesetzlichen Regelungen im Familienrecht dies nicht hergeben würden. Nach Paragraf 1591 BGB sei Mutter nun mal die Frau, die das Kind geboren hat. Daneben gebe es halt noch den Vater. Das sei der Mann, der mit der Mutter verheiratet ist, die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft von einem Gericht festgestellt wurde.
Wie auch im Rahmen der Vaterschaftsanfechtung komme es nun einmal darauf an, dass eine genetische Verwandtschaft bestehe. Diese fehle aber bei der Mit-Mutter. Der Gesetzgeber habe zwar mit der Ehe für alle den gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu einer Gleichstellung verholfen. Das Abstammungsrecht habe er aber bewusst nicht angepasst.
Hat der Gesetzgeber die Mit-Mütter vergessen?
Das Gerechtigkeitsempfinden des OLG Celle scheint jedoch auf der Seite der Mütter zu stehen. Die Richter sehen nämlich in der fehlenden gesetzlichen Regelung einer Mit-Mutterschaft eine Verletzung des verfassungsrechtlich geschützten Elternrechts. Dies hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in einer früheren Entscheidung noch anders gesehen.
Das OLG Celle führte aus, dass „die Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegenden Pflichten“ seien. Die Verpflichtung der Eltern beruhe darauf, dass diese dem Kind das Leben gegeben haben und ihnen sozial und familiär verbunden sind. Dies sehe auch das Bundesverfassungsgericht so. Aus diesem Grund hat das OLG Celle dann auch genau dieses Bundesverfassungsgericht angerufen. Der Gesetzgeber müsse in die Pflicht genommen werden, die Elternstellung von Mit-Eltern gesetzlich zu begründen und näher auszugestalten.
Eltern schauen nach Karlsruhe
Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe ist in dieser Frage sicherlich geboten. Die Berührung verfassungsrechtlicher Grundrechte sowohl der Eltern als auch des Kindes ist offensichtlich.
Es ist wohl an der Zeit, dass sich das Abstammungsrecht wieder ein Stückchen der Lebenswirklichkeit moderner Familien anpasst. Dass eine Frau, die sich mit ihrer Partnerin entschließt ein Kind zu bekommen und aufzuziehen nicht schlechter gestellt sein sollte, als ein anonymer Samenspender, der an diesem Projekt beteiligt ist, drängt sich auf.
Bei dieser Gelegenheit sollte man gleich über die rechtliche Situation von zwei Männern in gleichgeschlechtlicher Ehe mit Kinderwunsch nachdenken. Auch hier sind offene Fragen zu klären