So
- wird ein Mietvertrag über Wohnraum meist unbefristet geschlossen und
- den Mietvertrag über Wohnraum kann der Vermieter z.B. nur unter sehr engen Voraussetzungen kündigen, z.B. wegen Eigenbedarf.
Anders das Gewerbemietrecht: Hier wird der Mietvertrag in der Regel für eine bestimmte feste Vertragslaufzeit geschlossen, während der, weder Vermieter noch Mieter den Vertrag ordentlich kündigen können.
Der Fall vor dem Landgericht
Unser Mandant hatte in Köln eine „Räumlichkeit mit einer beheizbaren Gesamtfläche“ von knapp 70 qm angemietet. Er ist Gründer und Geschäftsführer eines Unternehmens, das Mode- Accessoires herstellt und vertreibt.
Er wurde von der Vermieterin auf Räumung und Herausgabe des Mietobjektes verklagt – dagegen wehrte er sich. Im Rahmen dieser Auseinandersetzung wurde streitentscheidend, ob über die „Räumlichkeit“ ein Gewerbemietvertrag oder ein Mietvertrag über Wohnraum geschlossen wurde. Der schriftliche Mietvertrag war uneindeutig. Einerseits fanden sich Elemente eines Gewerbemietvertrages wie z.B.
- Vertrag als Geschäftsraummietvertrag betitelt
- ein vereinbarter Betriebszweck
- eine Konkurrenzschutzklausel
- eine Regelung des vertragsgemäßen Gebrauchs.
Andererseits fanden sich Regelungen, die sich normalerweise in Wohnraummietverträgen finden, z.B.
- die Tatsache, dass der Mietvertrag unbefristet geschlossen wurde
- eine sog. Kleinreparaturklausel enthalten war und
- lediglich zwei Monatsmieten Kaution vereinbart waren.
Nicht zuletzt hatte die Vermieterin dem Mieter eine Wohnungsgeberbescheinigung gem. § 19 Bundesmeldegesetz (BMG) unterzeichnet und dem Mieter überlassen. Das widersprach ihrer Auffassung, dass der Mieter die Räumlichkeit zu gewerblichen Zwecken angemietet habe.
Anderer Auffassung war der Mieter: Man sei sich immer einig gewesen, dass das Mietobjekt zu Wohnzwecken genutzt werde. Der Gewerbemietvertrag sei lediglich „pro forma“ von der Vermieterin benutzt worden. So musste letztlich das Gericht über die Einordnung des Mietverhältnisses entscheiden.
Im Mischmietverhältnis ist der Schwerpunkt entscheidet
Die Landgericht Köln zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Mietvertrag um ein Mischmietverhältnis handelt, vor allem aufgrund der unklaren Vertragsgestaltung mit gewerbe- und wohnraummietrechtlichen Vertragsklauseln (s.o.).
Laut Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urteil v. 09.07.2014, Az.: VIII ZR 376 /13) ist in derartigen Fällen jedoch entweder Gewerbemietrecht oder Wohnraummietrecht anwendbar. Die Festlegung auf den einen oder den anderen Bereich des Mietrechts erfolgt danach, welche Nutzungsart überwiegt. Um das festzustellen wird u.a. der Vertrag ausgelegt. Letztlich entscheidend ist aber der prägende Vertragszweck und der (gelebte) Wille der Vertragsparteien.
Unter Anwendung der vom BGH aufgestellten Regeln kam das Landgericht in diesem Fall zu dem Ergebnis, dass der Mietvertrag keinen Schwerpunkt im Gewerbemietrecht habe und deswegen als Wohnraummietvertrag einzustufen ist.
Denn sogar bei einer gewerblichen Nutzung und Wohnnutzung zu gleichen Teilen – denkbar, wenn ein Mietobjekt von Selbstständigen / Gründern beruflich und zu Wohnzwecken genutzt wird! – ist nach BGH von einem Mietvertrag über Wohnraum auszugehen.
Da das Gericht in diesem Fall von einem Wohnraummietvertrag ausging, konnte sich der Mieter hier erfolgreich darauf berufen, dass die Kündigung durch den Vermieter nur möglich ist, wenn ein Kündigungsgrund nach § 573 Abs. 2 BGB vorliegt (Eigenbedarf Vermieter, erhebliche Pflichtverletzung Mieter, Hinderung an wirtschaftlicher Verwertung durch Mietverhältnis).
Die Bedeutung in der Praxis
Ist unklar, ob ein Mietvertrag ein Gewerberaummietvertrag oder ein Mietvertrag über Wohnraum ist, ist nicht allein die Bezeichnung des Mietvertrages entscheidend und nicht allein, was im Mietvertrag schriftlich geregelt ist. Maßgeblich für die Einordnung eines unklaren Mietvertrages – und damit für die Rechte und Pflichten von Mietern und Vermietern – ist der prägende Vertragszweck und der wirkliche Wille der Mietvertragsparteien.
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