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Arbeitsrecht | 11.03.2015

Urteil

Mindestlohn: Arbeitgeber darf Sonderzahlungen bei Anpassung an Mindestlohn nicht streichen

Änderungen von Arbeitsverträgen sollten sorgsam geprüft werden

Entscheidungsbesprechung von Rechtsanwalt Volker Schneider (Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 04.03.2015, Az. 54 Ca 14420/14)

Durch den gesetzlichen Mindestlohn müssen bekanntermaßen viele Arbeitsverträge umgestellt werden. Nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin (AG) dürfen dabei allerdings weder Sonderzahlungen noch zusätzliche Urlaubsgelder auf den Mindestlohn angerechnet werden. Wichtig: Das betrifft auch die Umstellung des Arbeitsvertrages, wenn versucht wird, mit einer Änderungskündigung Urlaubsgeld oder Sonderzahlungen zu streichen und dafür den Mindestlohn zu gewähren. Bei der Modifikation von Arbeitsverträgen sollten Arbeitgeber also einige Punkkte beachten. Leistungs- und Schichtzuschläge sind ebenfalls nicht anrechenbar.

Im konkreten Fall bekam eine Arbeitnehmerin 6,44 Euro die Stunde, was deutlich unter dem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro liegt. Zudem erhielt sie auch noch Leistungs- und Schichtzuschläge und der Arbeitgeber gewährte der Angestellten jedes Jahr eine Sonderzahlung, deren Höhe sich nach der Länge der Betriebszugehörigkeit bemisst. Zuletzt erhielt die Arbeitnehmerin ein Urlaubsgeld.

Arbeitgeber: Vorsicht bei der Anpassung des Arbeitsvertrags wegen des Mindestlohns

Der bestehende Vertrag entsprach aber nicht den gesetzlichen Vorschriften zum Mindestlohn, da nach geltendem Recht einige der Sonderzahlungen nicht auf den geschuldeten Lohn zum Mindestlohn angerechnet werden. Also versuchte der Arbeitgeber den Vertrag für sich möglichst günstig anzupassen und kündigte zunächst den bestehenden Vertrag. Damit einhergehend wurde der Arbeitnehmerin angeboten, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen – allerdings mit geänderten Voraussetzungen. Nun sollten die Jahressonderzahlung, das Urlaubsgeld und auch die Leistungszuschläge gestrichen, dafür aber 8,50 Euro die Stunde bezahlt werden.

Gesetzlicher Mindestlohn soll unmittelbar für die Leistung des Angestellten gezahlt werden

Damit war die Arbeitnehmerin alles andere als einverstanden und zog entschlossen vor Gericht. Mit einem für sie positiven Ergebnis: Das Arbeitsgericht hielt diese Änderungskündigung für rechtswidrig. Der Arbeitgeber rechne das Urlaubsgeld und die Jahressonderzahlungen auf den Mindestlohn an. Dies sei nicht dem Gesetz entsprechend, da der gesetzliche Mindestlohn als unmittelbares Entgelt für die Leistung des Angestellten entrichtet werden und nicht Zusatzzahlungen sonstiger Art beinhalten soll. Somit sei auch eine Änderungskündigung, die den Zweck hat, den Mindestlohn zwar zu zahlen, aber dafür sonstige Sonderzahlungen zu streichen, unwirksam. Denn dies sei nach Ansicht der Richter dem Anrechnen von Sonderzahlungen auf den Mindestlohn gleichzustellen.

Arbeitgeber sollten also besondere Vorsicht wahren, wenn sie einen Arbeitsvertrag abändern wollen oder müssen. Es empfiehlt sich, die neuen Verträge von einem Fachanwalt im Arbeitsrecht sorgfältig ausarbeiten zu lassen, damit die angepassten Arbeitsverträge auch mit Sicherheit wirksam sind und dennoch den Wünschen des Arbeitgebers entsprechen und gleichzeitig den Anforderungen des Mindestlohns genügen. Auf der anderen Seite sollten Arbeitnehmer bei einer Änderung ihres Vertrages nachprüfen oder nachprüfen lassen, ob der neue Arbeitsvertrag auch noch den gesetzlichen Vorschriften entspricht (Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 04.03.2015, Az. 54 Ca 14420/14).

Siehe auch:

Eine Entscheidungsbesprechung von [Anbieter­kenn­zeichnung]

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