Ein Beispiel aus der Praxis – technischen Betriebsleiter:
- Die Situation: Der Inhaber eines Holzbaubetriebs hat den Meisterbrief als Zimmerer. Der Betrieb hat sich auf ökologische Holzbausätze für Hallen, Garagen und landwirtschaftliche Bauten spezialisiert. Dann wird der Meister durch einen schweren Arbeitsunfall berufsunfähig. Die Tochter möchte den Zimmereibetrieb zwar später übernehmen, sie studiert jedoch noch.
- Die Lösung: Um den Betrieb aufrechtzuerhalten und die Arbeitsplätze zu retten, wird ein Zimmerermeister als technischer Betriebsleiter eingestellt. Dieser will parallel seinen eigenen, neu gegründeten Zimmererbetrieb weiterführen.
- Die Aufgabe: Das Arbeitsverhältnis muss so gestaltet werden, dass die Handwerkskammer keine Einwände erhebt.
Fällt der Meister aus – muss ein technischer Betriebsleiter her
Typischerweise tritt das Problem ein, weil in einem zulassungspflichtigen Handwerk der Meister ausfällt und damit der Betrieb gefährdet ist. Was nun?
In der Regel besteht die Lösung darin, einen technischen Betriebsleiter zu beschäftigen, der die Verantwortung für die handwerkliche Tätigkeit übernimmt.
Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten, abhängig von der konkreten Situation. Der Betriebsleiter kann per Arbeitsvertrag angestellt oder – im Fall einer GbR, OHG, GmbH oder UG etc. – als Gesellschafter aufgenommen werden. Es kann sich um einen Meister handeln oder um jemand mit gleichwertiger Qualifikation. Was zählt, ist die Möglichkeit, trotz Ausfall des bisherigen Meisters den Handwerksbetrieb fortführen zu können. Ob die Handwerkskammer zustimmt, hängt von der Einbindung des neuen Betriebsleiters in den Betrieb und den vertraglichen Regelungen ab.
Die Pflichten eines Meisters als technischer Betriebsleiter?
Zu den wichtigsten Aufgaben des Betriebsleiters gehört die technische Leitung des Betriebs:
- Er ist für alle fachlichen Entscheidungen zuständig. Es reicht nicht aus, wenn der Betriebsleiter nur die Arbeitsergebnisse kontrolliert.
- Er muss dafür sorgen, dass die maßgeblichen Rechtsvorschriften bei der handwerklichen Arbeit eingehalten werden.
- Er muss alle im Betrieb anfallenden handwerklichen Tätigkeiten überwachen und jederzeit eingreifen können, wenn etwas schief zu laufen droht.
- Er muss im Fall von Eil- und Notfällen erreichbar und einsatzbereit sein.
Technischer Betriebsleiter ist kein Schreibtischjob. Um seiner Position gerecht zu werden, muss ein angestellter Meister beispielsweise zu Baustellen oder sonstigen externen Arbeitsstellen fahren, um dort die Arbeit der Mitarbeiter zu überwachen.
Betriebsleiterposition nur mit fachtechnischer Weisungsbefugnis
Der technische Betriebsleiter muss „für die Ausübung des einzutragenden Handwerks technisch verantwortlich“ sein. Mit anderen Worten: Er muss in der Lage sein, den Betrieb unter handwerklichen Gesichtspunkten verantwortlich zu leiten.
Dazu muss er auf die technisch-fachlichen Abläufe im Betrieb so viel Einfluss haben wie ein Meister im eigenen Betrieb. Ist seine fachtechnische Weisungsbefugnis begrenzt, dann handelt es sich nicht um eine Betriebsleiterposition.
Spielt das Alter des technischen Betriebsleiters eine Rolle?
Eine Altersgrenze für technische Betriebsleiter gibt es nicht.
Der Meister muss allerdings gesundheitlich in der Lage sein, den Anforderungen seiner Position nachzukommen: Ein Dachdeckermeister muss noch aufs Dach kommen, ein Zahntechnikermeister darf keine schwere Arthrose in den Fingern haben etc.
Wie viel Zeit muss der technische Betriebsleiter im Betrieb verbringen?
Der Betriebsleiter muss zeitlich im gleichen Umfang zur Verfügung stehen wie der Meister im eigenen Handwerksbetrieb. In der Regel bedeutet das eine Ganztagsbeschäftigung. Die Untergrenze dürfte bei der durchschnittlichen Halbtagsbeschäftigung liegen, gerechnet auf den Monat.
Das bedeutet umgekehrt: Ein Meister, der quasi nur als „freier Mitarbeiter“ auftritt, ist nicht ausreichend in den Betrieb eingebunden. Die Handwerkskammer wird in einem solchen Fall die Eintragung in die Handwerksrolle verweigern, weil der Kandidat die Aufgabe des technischen Betriebsleiters nicht ausfüllen kann.
Auch der Versuch, einen Meister auf 450-Euro-Basis anzustellen, scheiterte vor Gericht, weil ein angestellter Meister für dieses Entgelt kaum die erforderliche Zahl von Stunden arbeiten würde.
Geht das? Technischer Betriebsleiter im fremden Unternehmen, gleichzeitig Meister im eigenen Betrieb
Der Betriebsleiter muss – auch zeitlich – so eingebunden sein, dass er seine Aufgabe tatsächlich wahrnehmen kann. In seiner restlichen Zeit kann er jedoch durchaus auch im eigenen Handwerksbetrieb tätig sein, solange er jederzeit erreichbar bleibt.
Allerdings gibt es Einschränkungen: In gefahrgeneigten Handwerken und bei Gesundheitshandwerken muss der technische Betriebsleiter in Vollzeit beschäftigt werden. Damit ist die parallele Tätigkeit in einem anderen Betrieb ausgeschlossen.
Der Meister als Arbeitnehmer: die arbeitsrechtlichen Anforderungen an den technischen Betriebsleiter
Der Arbeitsvertrag mit dem technischen Betriebsleiter muss die Eingliederung in den Betrieb deutlich machen (Aufgabenbeschreibung, Arbeitszeit). Außerdem muss die vereinbarte Vergütung der Tätigkeit als Betriebsleiter angemessen sein.
Liegt der vereinbarte Bruttoverdienst deutlich unter einem üblichen Meistergehalt, wird die Handwerkskammer die Eintragung in die Handwerksrolle verweigern. Falls für das das betroffene Handwerk ein Tarifvertrag besteht, kann dieser als Orientierungsmaßstab dienen.
Darf der Meister als Gesellschafter tätig sein?
Soll ein (Mit-)Gesellschafter einer Personengesellschaft als Betriebsleiter eingetragen werden, muss dem Betreffenden im Innenverhältnis die technische Leitung des Betriebs übertragen worden sein. Aus dem Gesellschaftsvertrag oder dem zusätzlichen Anstellungsvertrag müssen sich die Arbeitszeit und die Höhe der Gewinnbeteiligung ergeben.
Entsprechendes gilt für einen UG- oder GmbH-Gesellschafter, der als technischer Betriebsleiter eingesetzt wird. Ein solcher „Gesellschafter-Betriebsleiter“ einer Kapitalgesellschaft kann in Ergänzung zu einem anderen als Geschäftsführer eingesetzten Gesellschafter fungieren, wenn dieser über betriebswirtschaftliche Kenntnisse verfügt, aber über keine handwerkliche Qualifikation. Arbeitszeit und Gewinnbeteiligung/Verdienst des Betriebsleiters müssen klar vereinbart sein.
Mitteilungspflicht gegenüber der Handwerkskammer: Betriebsleitererklärung
Wenn der Betrieb einen technischen Betriebsleiter bestellt oder abberuft, oder dieser von sich aus kündigt, muss das der Handwerkskammer angezeigt werden.
Bei der Aufnahme der Tätigkeit verlangt die Kammer eine Betriebsleitererklärung. Dazu muss belegt werden, auf welcher Qualifikation (z. B. Meisterbrief) und welcher Vertragsvereinbarung (z.B. Arbeitsvertrag) die Betriebsleitung basiert. Auch der Verdienst und die Arbeitszeit sind Bestandteil der Betriebsleitererklärung, ebenso wie Angaben zu möglichen weiteren Tätigkeiten des Betriebsleiters. Schließlich gehört zur Erklärung die Zusicherung, dass der Kandidat das für diese Position nötige Weisungsrecht ausübt.
Die Handwerkskammer wird die Gesellschaft oder den angestellten Meister nur dann in die Handwerksrolle eintragen, wenn der Betriebsleiter selbst die persönlichen Voraussetzungen erfüllt und das Vertragsverhältnis die Betriebsleitertätigkeit gewährleistet.
Scheinvertrag mit einem Betriebsleiter
Wer einen technischen Betriebsleiter nur zum Schein anstellt, um so den Eintrag in die Handwerksrolle zu erreichen, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Neben dem Verlust der Eintragung drohen zusätzlich Bußgelder.
Außerdem ist in diesem Fall auch der Scheinvertrag mit dem angeblichen Betriebsleiter nichtig. Das bedeutet, dass dieser keinen Anspruch auf Vergütung hat.
Rechtsfragen zum technischen Betriebsleiter?
Rechtsanwalt Dr. Meides ist Fachanwalt für Arbeitsrecht, das Handwerksrecht ist ein Schwerpunkt seiner Arbeit. Er weiß, was bei der Berufung oder Anstellung eines technischen Betriebsleiters zu beachten ist und wie Konflikte mit der Handwerkskammer gelöst werden können.