Hintergrund
Ein deutscher Händler verkaufte über seine Homepage Elektro- und Elektronikartikel. Er bot zudem einen Kundenservice an. Um diesen Service zu beanspruchen, mussten die Verbraucher eine 0180-Nummer wählen. Die Kosten überstiegen pro Anruf jedoch die üblichen Festnetz- und Handytarife, denn Verbraucher mussten 14 ct/Min aus dem Festnetz bzw. max. 42 ct/Min aus dem Mobilfunknetz bezahlen.
Die Wettbewerbszentrale sah hierin einen Verstoß gegen Verbraucherschutzvorschriften und verklagte den Händler u.a. auf Unterlassung.
Die Wettbewerbszentrale rügte einen Verstoß gegen § 312a Abs. 5 S. 1 BGB, wonach eine Vereinbarung unzulässig ist, durch die ein Verbraucher verpflichtet wird, wegen Fragen oder Erklärungen zu einem geschlossenen Vertrag höhere Kosten als die üblichen Telefonkosten zu zahlen.
Diese Regelung ist auf die europäische Verbraucherrechterichtlinie zurückzuführen, wonach keine höheren kosten als der Grundtarif entstehen dürfen. Was aber genau ist der “Grundtarif”? Eine Definition hierzu existiert nicht. Das Landgericht Stuttgart (Az. 1 O 21/15) hat diese Frage deshalb dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt.
Die Entscheidung
Der EuGH hat selbst noch keine Entscheidung getroffen. Allerdings liegen die Schlussanträge des Generalanwalts vor, derer sich der EuGH zumeist anschließt.
Der Generalanwalt sieht in der erhöhten, kostenpflichtigen Servicenummer einen Verstoß gegen die europäische Verbraucherrechterichtlinie, da ein höherer Tarif als der Grundtarif vom Verbraucher verlangt werde. Nach Ansicht des Generalanwalts gehören zum Grundtarif nur die Kosten, die bei einem gewöhnlichen Anruf zum marktüblichen Preis entstehen.
Folglich verstoßen Unternehmen gegen diese Vorgaben, wenn für Anrufe höhere Kosten entstehen, als für Anrufe zu einer sonstigen normalen Festnetz- oder Handynummer.
Es bestehe insoweit die Gefahr, dass Verbraucher aufgrund der Zusatzkosten davon abgehalten würden, ihr Rechte auszuüben. So könne nicht ausgeschlossen werden, dass Verbraucher von einer Kontaktaufnahme zum Unternehmer beispielsweise in Bezug auf Lieferzeiten, zur Rechnung oder zu Mängelrechten Abstand nehmen, weil sie die erhöhten Kosten nicht tragen wollen.
Der Generalanwalt führt weiter aus, dass für telefonische Servicedienste die unwiderlegliche Vermutung gelte, dass die Kosten mit dem bereits vom Verbraucher gezahlten Preis abgegolten seien. Mithin wären die Zusatzkosten eine doppelte Belastung für ein und denselben Service.
Abschließend stellt der Generalanwalt noch klar, dass es für seine Ansicht nicht von Bedeutung sei, ob der Unternehmer tatsächlich auch einen Teil des gezahlten Entgelts erhält oder nicht. Die Vermutung gelte unwiderleglich.
EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache C-568/15 vom 10.11.2016