Direktions- oder Weisungsrecht des Arbeitgebers hat Grenzen
Grundsätzlich steht dem Arbeitgeber ein sogenanntes Direktions- oder Weisungsrecht gegenüber seinen Arbeitnehmern zu. Das bedeutet: Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Aspekte nicht anderweitig – insbesondere im Arbeitsvertrag oder einem Tarifvertrag – bereits geregelt sind (§ 106 Gewerbeordnung). Der Arbeitgeber muss bei der Ausübung seines Weisungsrechts allerdings auf die Interessen der Arbeitnehmer in angemessener Weise Rücksicht nehmen.
Häufig geschieht dies nur unzureichend. Befolgt der Arbeitnehmer eine unzulässige Weisung des Arbeitgebers nicht, ist eine darauf gestützte Kündigung Grundsätzlich unwirksam. Es kann für den Arbeitnehmer allerdings riskant sein, die Weisung zu ignorieren. Stellt sie sich nämlich später als rechtmäßig heraus, droht eine Abmahnung oder gar die Kündigung. Empfehlenswert ist daher die Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht.
Arbeitnehmer verweigert Tätigkeit im „Home-Office“
Der Arbeitnehmer ist als Ingenieur beim Arbeitgeber beschäftigt. Im Zuge einer Betriebsschließung bot ihm der Arbeitgeber an, seine Tätigkeit von nun an im „Home Office“ zu verrichten. Nachdem der Arbeitnehmer hierzu nicht bereit war, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos aus wichtigem Grund – wegen „beharrlicher Arbeitsverweigerung“. Der Arbeitnehmer hielt die Kündigung für unwirksam und erhob Klage vor dem Arbeitsgericht. Im betreffenden Arbeitsvertrag fanden sich keine Regelungen zu einer Änderung des Arbeitsortes.
LAG verneint arbeitsvertragliche Pflicht zur Telearbeit
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gab dem Arbeitnehmer Recht und erklärte die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung für unwirksam. Der Arbeitnehmer sei vertraglich nicht verpflichtet gewesen, die ihm angebotene Telearbeit („Homeoffice“) zu verrichten.
Zwar könne im Arbeitsvertrag wirksam vereinbart werden, dass der Arbeitgeber einseitig die Arbeit im „Homeoffice“ anordnen dürfe. Dies sei im vorliegenden Fall allerdings nicht geschehen. Der Arbeitsvertrag habe keine Klausel hierzu enthalten.
Einseitige Zuweisung von Telearbeit nicht vom Weisungsrecht des Arbeitgebers erfasst
Zwar sei der Arbeitgeber auch im Rahmen seines Weisungsrechts berechtigt, die Umstände der Arbeitsleistung näher zu bestimmen (siehe oben „Zum Hintergrund“). Die einseitige Zuweisung von Telearbeit („Homeoffice“) sei von diesem Weisungsrecht allerdings nicht mehr erfasst. Dazu seien die Umstände der Telearbeit zu unterschiedlich von einer Tätigkeit im Betrieb bzw. in der Betriebsstätte.
„Homeoffice“ bleibt in beide Richtungen freiwillig
Mit der Entscheidung stärkt das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg die Rechte von Arbeitnehmern. „Homeoffice“-Arbeit kann – etwa zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf – durchaus im Interesse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sein. Dazu „gezwungen“ werden dürfen sie aber nicht. Vorsicht: Anders kann es sein, wenn der Arbeits- oder Tarifvertrag dem Arbeitgeber das Recht gibt, einseitig die Tätigkeit vom “Homeoffice” aus anzuordnen.
Bei Fragen rund um das Thema Kündigung wenden Sie sich an Rechtsanwalt Dr. Ahlborn in Bielefeld (Schildesche), der Sie als erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht kompetent berät.