Kein Sonderkündigungsrecht wegen finanziellen Problemen durch Corona
Problematisch ist daran für Mieter bzw. Pächter von Gewerbeflächen vor allem, dass es so etwas wie ein Sonderkündigungsrecht wegen finanziellen Problemen, die durch Schließungsanordnungen und ausbleibende Kundschaft – kurz „wegen Corona“ – entstehen, nicht gibt. Denn ein Lockdown und auch ein „Lockdown Light“ und alle damit verbundenen negativen finanziellen Folgen sind rechtlich nicht ausreichend für ein Sonderkündigungsrecht.
Erst ein Insolvenzverwalter kann einen Gewerbemietvertrag oder Pachtvertrag mit fester Laufzeit auf Grundlage von § 109 InsO kündigen. Er ist dann allerdings auch an eine Kündigungsfrist gebunden und § 109 InsO gilt nur, wenn Insolvenz angemeldet wurde bzw. das Insolvenzverfahren bereits eröffnet ist.
Zahlungen der Miete einstellen - nicht ratsam
Momentan ist es auch nicht ratsam, die Zahlung von Miete oder Pacht einzustellen und wie im 2. Quartal 2020 auf eine Stundung der Zahlungen zu vertrauen, ohne dass das Risiko einer Kündigung durch den Vermieter bzw. Verpächter droht. Zwar gab es im 2. Quartal 2020 eine solche Regelung. Diese Regelung war allerdings bis zum Ablauf des Monats Juni 2020 befristet und gilt deshalb aktuell nicht. Das kann sich ggfs. in den kommenden Tagen / Wochen ändern. Dafür ist aber eine Erneuerung der alten Regelung oder eine Neuregelung notwendig.
Bei ausbleibenden Miet- und Pachtzahlungen droht Kündigung durch Vermieter / Verpächter
Eine Kündigung durch den Vermieter / Verpächter wegen ausbleibender Miet- und Pachtzahlungen zu provozieren, ist allerdings ebenfalls keine gangbare Lösung: solange die Gewerbeeinheit nicht neu vermietet wird, hat der Vermieter in dieser Situation Anspruch auf monatliche Nutzungsentschädigung bis zum Zeitpunkt einer Neuvermietung. Diese Entschädigung entspricht der ortsüblichen Miete.
Grundsätzlich wird seit dem Frühjahr 2020 für Gewerbemietverträge auch diskutiert, ob Mieter / Pächter einen Anspruch auf Anpassung des Mietvertrages bzw. Pachtvertrages haben (z.B. auf Anpassung der Mietzahlungen etc.). Rechtsgrundlage dafür ist § 313 BGB – beschränkt auf die Zeit eines Lockdowns bzw. partiellen Lockdowns – wie aktuell – für bestimmte Unternehmen (Gastronomie, Kosmetikstudios, Tattoostudios etc.) und für die Zeit, in der der Lockdown Auswirkungen hat.
Sich auf diese Möglichkeit zu verlassen, ist allerdings nicht ganz risikofrei. Denn bereits im Frühjahr 2020 war dieser rechtliche Ansatz nicht unumstritten und ist es nun für die zweite Welle umso weniger.
Ordentliche Kündigung wegen Schriftform-Fehler möglich
Das BGB kennt jedoch eine Regelung, die Mietern / Pächtern von Gewerbeimmobilien eine Möglichkeit für eine ordentliche Kündigung gibt, auch wenn der Gewerbemietvertrag bzw. Pachtvertrag Grundsätzlich für eine feste Vertragslaufzeit geschlossen wurde und damit eigentlich unkündbar ist. Denn ein Gewerbemietvertrag, der fest für mehr als 12 Monate geschlossen wird, muss schriftlich geschlossen werden. Geschieht das nicht, gilt der Vertrag als „auf unbestimmte Zeit geschlossen“ und kann deshalb unter Einhaltung einer Frist (bis zu 6 Monate) „normal“ gekündigt werden (§ 550 BGB).
Diese Regelung gilt immer und damit unabhängig von der aktuellen Pandemie. Natürlich ist sie aber gerade in der aktuellen Situation ein legales rechtliches Schlupfloch, das von der Pandemie gebeutelten Unternehmern sinnvoll zugutekommen kann.
Wann liegt ein Schriftformfehler vor?
Dieser Fehler in der Schriftform kann nicht nur beim Vertragsschluss passieren. Auch wenn ein zeitlich befristeter Pachtvertrag oder Mietvertrag über eine Gewerbefläche angepasst wird (z.B. Miethöhe, Mietfläche oder Vertragsparteien geändert) oder der befristete Vertrag vor Laufzeitende verlängert wird, muss das schriftlich passieren. Geschieht das nicht, kann das dazu führen, dass der gesamte Vertrag dann als unbefristet geschlossen gilt und ordentlich gekündigt werden kann.
Dabei ist zu beachten: eine E-Mail mit einer entsprechenden Vereinbarung im E-Mail-Text (anders: eingescannte unterschriebene Vereinbarung) oder z.B. eine Whats-App-Nachricht genügt nicht den Anforderungen an die gesetzliche Schriftform und führt dazu, dass der Vertrag unter einem Schriftformfehler leidet.
Wird die Abänderungsvereinbarung/ Vertragsergänzung nicht (oder nicht nur) zwischen den Parteien des Ursprungsvertrages geschlossen, bedarf die Erfüllung der Schriftform zusätzlich der festen körperlichen Verbindung beider Urkunden (ursprüngliche Mietvertragsurkunde und Vertragsergänzung). Denn angesichts der Änderung der Vertragsparteien kann nur auf diese Weise dokumentiert werden, dass das gesamte Vertragswerk von dem rechtsgeschäftlichen Willen der neuen Parteien getragen wird. Der bloße Verweisungsvermerks auf der ursprünglichen Urkunde reicht deshalb nicht, weil die dortigen Unterschriften nicht von dem nunmehrigen Vertragspartner herrühren.
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