Im Jahr 2018 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass der europarechtlich vorgeschriebene Mindesturlaub von vier Wochen am Jahresende nicht nur deshalb verfallen darf, weil der Arbeitnehmer diesen bis dahin nicht beantragt hat. Hintergrund der EuGH-Rechtsprechung und des darauf aufbauenden BAG-Urteils ist Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeit-Richtlinie (Richtlinie 2003/88/EG). Danach müssen die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sicherstellen, dass jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Urlaub von mindestens vier Wochen pro Jahr erhält.
Urlaub darf nicht mehr automatisch verfallen
Sieht das Arbeitsrecht eines Mitgliedsstaats, wie in Deutschland, den Verfall des Urlaubs am Jahresende vor, dann muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt haben, seinen Urlaub rechtzeitig zu nehmen, und ihn außerdem rechtzeitig über den drohenden Verfall nicht genommener Urlaubstage aufklären, so die Aussage des EuGH.
EuGH-Vorgaben ändert deutsches Urlaubsrecht
Aufgrund dieser Vorgabe des Europäischen Gerichtshofes stand fest, dass § 7 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) künftig anders als bisher interpretiert bzw. angewendet werden müsse. Darin heißt es:
„Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden.“
Bisher hatte das Bundesarbeitsgericht hieraus abgeleitet, dass nicht beantragter und folglich nicht genommener Urlaub automatisch ersatzlos verfällt, wenn das Kalenderjahr abgelaufen ist. In Übereinstimmung mit den EuGH-Vorgaben gab das Bundesarbeitsgericht nun bekannt, dass dieser, für den Arbeitnehmer nachteilige, Wegfall von Urlaubsansprüchen künftig nur noch dann eintritt,
„[...] wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub andernfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt.“
Arbeitgeber hat Initiativlast bevor Urlaub verfällt
Geändert hat sich die Rechtslage laut dem BAG also in der Hinsicht, dass der Arbeitgeber „die Initiativlast für die Verwirklichung des Urlaubsanspruchs“ trägt. Der Verfall von Urlaub kann also in der Regel nur noch eintreten, wenn der Arbeitgeber seiner Pflicht nachgekommen ist und den Arbeitnehmer konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, bzw. klar und rechtzeitig auf den ansonsten drohenden Verfall des Urlaubs hingewiesen hat.
Wenn der Arbeitgeber seiner Pflicht, den Arbeitnehmer über den drohenden Wegfall seiner Urlaubsansprüche zu informieren, nicht nachgekommen ist, bleiben die Ansprüche somit bestehen.
Wir helfen Ihnen gerne!
In unserer Kanzlei stehen wir Arbeitnehmern in solchen und ähnlichen arbeitsrechtlichen Fällen gerne mit einer kostenlosen Erstberatung zur Verfügung.