Der Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 03.11.2015 (Az. 2 Ss (Owi) 313/15) ist die erste obergerichtliche Entscheidung, die sich mit der Frage der Rechtmäßigkeit von Blitzer-Apps beschäftigt. Die verneinende Antwort des Gerichts ist nicht unumstritten. Bleibt abzuwarten, wie andere Gerichte entscheiden werden. Wer jedoch sicher gehen will, verzichtet als Fahrer in Zukunft auf die Installation entsprechender Blitzer-Apps auf seinem Handy.
§ 23 Absatz 1b StVO
Juristisch entscheidend ist die Frage, ob § 23 Absatz 1b StVO (Straßenverkehrsordnung) auf Blitzer-Apps anwendbar ist. Die Vorschrift lautet wie folgt:
„Wer ein Fahrzeug führt, darf ein technisches Gerät nicht betreiben oder betriebsbereit mitführen, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören. Das gilt insbesondere für Geräte zur Störung oder Anzeige von Geschwindigkeitsmessungen (Radarwarn- oder Laserstörgeräte).“
Smartphone mit Blitzer-App: Technisches Gerät im Sinne von § 23 Absatz 1b StVO?
Die Frage, ob es sich bei dem Smartphone des Fahrzeugführers um ein solches technisches Gerät im Sinne des § 23 Absatz 1b StVO handelt, bedarf der Auslegung durch die Rechtsprechung. Das OLG Celle gibt sich mit seiner Argumentation sichtlich Mühe. Das Gericht verweist auf die amtliche Begründung des Gesetzgebers, wonach nicht nur einzelne technische Geräte wie Radarwarngeräte und Laserstörgeräte von dem Verbot umfasst werden, sondern auch andere technische Lösungen, die einen vergleichbaren Effekt erreichen – vor allem, wenn die Warnung vor stationären Überwachungsanlagen mit modernen Zielführungssystemen verknüpft werden.
Weite Auslegung des § 23 StVO aus Präventionsgründen
So soll es aus Präventionsgründen bereits ausreichen, wenn das in Frage stehende Gerät aus Sicht des Fahrzeugführers zur Warnung vor Überwachungsanlagen bestimmt ist. Auf die konkrete Eignung, wirksam zu warnen, kommt es gar nicht an.
Diese Begründung kann durchaus in Zweifel gezogen werden. Denn das Gesetz setzt ausdrücklich voraus, dass das Gerät dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören. Es muss sich also um eine technische Einrichtung handeln, die ihrerseits Blitzer- bzw. Radarstationen technisch selbst erkennen kann. Dies ist bei Radarwarngeräten zweifelsfrei der Fall. Dass deren Verwendung illegal ist, ist unumstritten.
Ein Smartphone mit einer installierten Blitzer-App hingegen zeigt gar keine Überwachungsmaßnahmen an und ist dazu auch weder bestimmt noch in der Lage. Vielmehr werden über die App lediglich Meldungen der Nutzer-Community über gesichtete Blitzer veröffentlicht und mit der GPS-Funktion des Smartphone-Navigationssystems verknüpft.
Bestimmtheitsgebot setzt Gesetzesauslegung Grenzen
Es bleibt abzuwarten, wie die Rechtsprechung künftig mit der Beurteilung von Blitzer-Apps verfährt und entweder der Argumentation des OLG Celle folgt oder nicht. Die Argumentation vorrangig mit der amtlichen Gesetzesbegründung ist jedenfalls schwierig, da der Gesetzeswortlaut dem verfassungsrechtlich garantierten Bestimmtheitsgebot genügen muss.
Vorsicht vor Installation von Blitzer-App auf Smartphone
Vorerst ist die Entscheidung des OLG Celle jedoch in der Welt. Kraftfahrzeugführer sollten vorsichtshalber damit rechnen, dass die Blitzer-App auf dem Handy als Ordnungswidrigkeit verfolgt und mit Bußgeld geahndet wird.
Prüfung des Smartphones bei Verkehrskontrolle?
Da in diesem Fall bereits das betriebsbereite Mitsichführen des Smartphones mit installierter Blitzer-App ausreicht und der Nachweis der aktuellen Nutzung der App gar nicht erforderlich ist, besteht die Gefahr, dass künftig allgemeine Verkehrskontrollen zum Anlass genommen werden, das Smartphone des Fahrzeugführers nach entsprechenden Apps zu durchsuchen.
In dem Fall sollten sich betroffene Fahrer an ihr Recht erinnern, als Beschuldigte einer Ordnungswidrigkeit zu schweigen. Sie brauchen auch nicht an entsprechenden Durchsuchungsmaßnahmen mitwirken und insbesondere ihr Smartphone nicht freiwillig entsperren. Sollte es im schlimmsten Fall zu einer Beschlagnahme kommen, so kann dagegen rechtlich vorgegangen werden. Maßnahmen der Ordnungsbehörden müssen immer den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahren.
Was auch weiterhin erlaubt bleibt, ist die Installation der Blitzer-App auf dem Handy des Beifahrers. § 23 Absatz 1b StVO verbietet nämlich lediglich dem Fahrzeugführer das Mitsichführen des verbotenen Geräts.