Worum ging es?
Die minderjährige Erblasserin war unter bisher ungeklärten Umständen tödlich verunglückt. Ihre Mutter hoffte, über den Facebook-Account ihrer Tochter etwaige Hinweise über mögliche Absichten ihrer Tochter für den Fall zu erhalten, dass es sich bei dem Tod ihrer Tochter um einen Suizid handelte. Da der Facebook-Account jedoch in den sog. Gedenkzustand versetzt wurde, war ein Zugang nicht mehr möglich.
Weder der Vater noch die Mutter der Verstorbenen hatten veranlasst, dass der Account in den Gedenkzustand versetzt worden ist. Facebook weigerte sich jedoch, der Mutter als Teil der Erbengemeinschaft den Zugang zu dem Benutzerkonto zu gewähren.
Was ist das rechtliche Problem?
Einen Schwerpunkt der Entscheidung bildete die Frage, ob der Zugang zu einem Facebook-Account zum Nachlass eines Erblassers gehört.
Problematisch hieran ist nämlich, dass § 1922 BGB, der die Gesamtrechtsnachfolge im Erbfall regelt, von „Vermögen“ spricht und sich die Frage stellt, ob der Zugang zu einem Facebook-Account darunter fallen kann.
Grundlage der Nutzung von Facebook ist jedoch ein schuldrechtlicher Vertrag, in dessen Rechte und Pflichten die Erbengemeinschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge eintreten kann. Die Erbengemeinschaft habe deshalb aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 BGB den Anspruch auf Zugang zu dem Facebook-Account der Erblasserin geerbt, da sich eine unterschiedliche Behandlung von digitalem und „analogem“ Nachlass nicht rechtfertigen lasse, so das Landgericht Berlin.
Das Landgericht Berlin hatte ferner darüber zu entscheiden, ob das postmortale Persönlichkeitsrecht der minderjährig Verstorbenen der Gewährung des Zugangs entgegensteht.
Eine Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts könne nach Ansicht des Gerichts jedenfalls dann nicht vorliegen, wenn – wie in diesem Fall – die Erben zugleich auch die Sorgeberechtigten waren, da diese Sachwalter des Persönlichkeitsrechts ihrer Kinder sind. Das Landgericht Berlin ließ jedoch dahinstehen, ob in anderen Fällen eine Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts anzunehmen wäre.
Schließlich stünden weder das Fernmeldegeheimnis noch datenschutzrechtliche Aspekte der Zugangsgewährung entgegen. Obwohl Facebook seinen europäischen Sitz in Irland hat, sei nach Ansicht des Gerichts auf das deutsche Bundesdatenschutzgesetz abzustellen, dessen Vorschriften durch die Zugangsgewährung jedoch nicht verletzt seien.
Zwar seien die Rechte Dritter, mit denen die Erblasserin kommunizierte, zu beachten, doch diese müssten im Wege praktischer Konkordanz zurückstehen, begründete das Landgericht Berlin seine Entscheidung.
Fazit
Da das Urteil des Landgerichts Berlin noch nicht rechtskräftig ist, bleibt abzuwarten, ob es in dieser Form Bestand haben wird, zumal offen gelassen wurde, wie der Fall zu beurteilen wäre, wenn der Erblasser volljährig wäre.
Doch an diesem Beispiel zeigt sich, welche Schwierigkeiten in der Praxis entstehen können, wenn sich erbrechtliche Fragestellungen, das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie (internationale) datenschutzrechtliche Vorschriften gegenüberstehen.
In diesen Fällen sollten Sie sich rechtlich beraten lassen, um Ansprüche feststellen und Handlungsmöglichkeiten aufzeigen zu lassen.
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