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Gewerbemietrecht und Mietrecht | 24.10.2016

Gewerbemietrecht

Gewerbemietvertrag: Die Besonderheiten der Geschäfts­raum­miete

Vermieter von Geschäfts­räumen kann Mieter erhebliche Pflichten und Kosten übertragen

Fachbeitrag von Rechtsanwalt Achim Böth

Bei einigen Besonderheiten der Geschäfts­raum­miete können dem gewerb­lichen Mieter bspw. wesentlich mehr an Kosten und Pflichten als dem einfachen Wohnraum­mieter übertragen werden.

Gewerblicher Mietvertrag sollte anwaltlich geprüft werden

Der Vermieter von Geschäfts­räumen kann dem Mieter sogar schon in den sogenannten Formular­klauseln, also ohne besondere individuelle Vereinbarung, ganz erhebliche Pflichten und Kosten übertragen. Dies dann im Endeffekt, ohne dass der Mieter es anfänglich überhaupt bemerkt. Vor dem Abschluss insbesondere eines länger­fristigen gewerb­lichen Miet­vertrages sollte daher sowohl aus Vermieter- als auch aus Mietersicht unbedingt eine anwaltliche Über­prüfung und Beratung erfolgen.

Besonderheiten bei formularvertraglicher Überwälzung

Die Problematik einer bereits formular­vertraglichen Über­wälzung stellt sich insbesondere auch hinsichtlich der Über­tragung nochmals zusätzlicher Betriebs­kosten (gegenüber dem Wohnraum­mietrecht) auf den Geschäfts­raum­mieter. Dies z.B. hinsichtlich der Verwaltungs­gebühren, was bspw. bei der Anmietung von Laden­lokalen in Einkaufs­zentren für den gewerb­lichen Mieter nahezu unvorherseh­bare Kosten mit sich bringen kann. So hat der BGH (v. 4.5.11; XII ZR 112/09) ausgeführt, dass auch die formular­vertragliche Vereinbarung der Übernahme „der Kosten der kaufmännischen und technischen Haus­verwaltung der Mietsache“ als sonstige Betriebs­kosten durch den Gewerberaum­mieter wirksam ist. Allerdings hat der BGH in einer später ergangenen Entscheidung (v. 3.8.11 - XII ZR 205/09) - diesmal zugunsten des Geschäfts­raum­mieters - ausgeführt, dass „die formularmäßig vereinbarte Klausel eines Gewerberaum­miet­vertrages, die dem Mieter eines in einem Einkaufs­zentrum belegenen Ladenlokals als Nebenkosten des Einkaufs­centers zusätzlich zu den Kosten der Verwaltung nicht näher aufgeschlüsselte Kosten des Center-Managements gesondert auferlegt, intransparent und daher unwirksam ist.“

Hinsichtlich der Anmietung von Laden­lokalen in Einkaufs­zentren ist zudem die formular­vertraglich vereinbarte Verpflichtung des Gewerberaum­mieters zum Beitritt zu sogenannten Werbe­gemeinschaften wirksam, sofern die durch den Geschäfts­raum­mieter zu übernehmende Kostenlast bestimmbar ist. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Werbe­gemeinschaft in Form einer GbR betrieben wird, da der gewerbliche Mieter in diesem Fall als Mitgesellschafter im Ergebnis einer unbegrenzten gesamtschuldnerischen Haftung ausgesetzt wäre (BGH v. 12.7.06, XII ZR 39/04).

Zu beachten ist hier allerdings, dass der Mieter des Ladenlokals die vereinbarten Werbe­beiträge nach den Grund­sätzen der „fehler­haften Gesellschaft“ bis zum Zugang, d.h. Erhalt einer wirksamen Kündigung auch dann schuldet, wenn der Beitritt zur Werbe­gemeinschaft unwirksam war (BGH v. 28.4.16, XII ZR 147/14).

Kündigungsfrist bei Geschäftsraummietverträgen

Hinzuweisen ist auf die besondere sechs­monatige Kündigungs­frist des § 580a Abs. 2 BGB (nur) zum jeweiligen Quartalsende für auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Geschäfts­raum­miet­verträge.

Im Gewerbe­mietrecht bedarf auch der Vermieter keines berechtigten Kündigungs­interesses i.S.d. § 573 Abs. 2 BGB.

Bei Geschäfts­raum­miet­verhältnissen kann einzel­vertraglich eine Kaution vereinbart werden, die die im Wohnraum­mietrecht erlaubte Summe von drei Monat­smieten übersteigt.

Langfristige Gewerbemietverträge bedürfen der Schriftform

Gewerbemiet­verträge, die für einen längeren Zeitraum als ein Jahr abgeschlossen werden, bedürfen der Schriftform (§ 550 BGB).

Wird diese Form nicht beachtet, so ist der Vertrag keinesfalls ungültig, sondern er gilt dann als für unbestimmte Zeit geschlossen und ist frühestens nach einem Jahr ab Gebrauchs­überlassung (vorzeitig) mit der im Gewerbe­mietrecht gültigen Halbjahres­kündigungs­frist des § 580a Abs. 2 BGB zum jeweiligen Quartalsende kündbar.

Dies wurde vor allem mieterseitig zum „Herauskommen“ aus langfristig abgeschlossenen Geschäfts­raum­miet­verträgen ausgenutzt. Dies gerade infolge des Umstandes, dass auch spätere Vertrags­änderungen der Schriftform bedürfen und erhebliche Anforderungen an deren Einhaltung in den Fällen der Vertrags­unterzeichnung durch Gesellschafts- bzw. Firmen­vertreter (z.B. Vertretungs­zusatz und Firmen­stempel) bestehen.

Dieser Praxis wollte dann der BGH einen Riegel vorschieben, indem er in einer Vielzahl von Urteilen die Berufung auf den Formmangel als treuwidrig bzw. unzulässige Rechts­ausübung erklärt hat.

Dies gerade in solchen Fällen, in denen der Mieter selbst den Schriftform­mangel herbeigeführt hat (instruktiv BGH v. 23.1.13 zu XII ZR 35/11).

Inzwischen ist auch obergerichtlich geklärt, dass § 550 BGB wegen seiner auch dahin­gehenden Warn­funktion auch für den Beitritt eines weiteren Mieters zu einem Lang­fristigen Miet­verhältnis (Miet­beitritt) zumindest insofern gilt, als dass das Schriftform­erfordernis zumindest im Verhältnis zwischen Vermieter und Beitretendem gewahrt sein muss.

Obwohl zur dahin­gehenden Begründung auf die Warn­funktion des § 550 BGB auch für den sich langfristig Verpflichtenden Bezug genommen wird, wurde die Frage, ob das Schriftform­erfordernis auch für einen bloßen Schuld­beitritt, d.h. der Beitretende übernimmt nur zusätzlich bzw. gesamt­schuldnerisch zu dem Mieter, die Verpflichtungen aus dem Miet­verhältnis, Geltung haben soll, bisher noch nicht obergerichtlich geklärt. Der Schuld­beitritt ist gesetzlich nicht geregelt. Er wird im Falle eines besonderen wirtschaftlichen Interesses des Erklärenden angenommen.

Aus diesem Grunde sollten sich Personen mit einem solchen besonderen wirtschaftlichen Interesse, wie bspw. die Geschäfts­führer einer GmbH mit Erklärungen, wie z.B. dass sie für die Miet­schulden der GmbH gegebenenfalls schon persönlich einstehen werden, tunlichst zurück­halten. Nach der bis heute nicht höchstrichterlich geklärten Frage des Erfordernisses der Einhaltung des Schriftform­erfordernisses hinsichtlich eines Schuld­beitritts zu einem Lang­fristigen Gewerberaum­mietvertrag kann eine solche „einfache“ Erklärung möglicher­weise zu einer persönlichen Mithaftung für auch die zukünftigen Miet­verbindlichkeiten der GmbH führen.

Vermieterpfandrecht

Praxis­relevant im gewerb­lichen Mietrecht wird immer häufiger auch das Vermieter­pfandrecht an den in das Mietobjekt ein­gebrachten Sachen des Mieters.

Für den gewerb­lichen Vermieter ist hier vornehmlich folgendes von Bedeutung: Außerhalb der Mieter­insolvenz sichert das Vermieter­pfandrecht auch künftige Forderungen für das laufende und das künftige Mietjahr (§ 562 Abs. 2 BGB). Für den Gewerbe­vermieter unbedingt zu beachten ist § 562 Abs. 2 S. 2 BGB, nach welchen das Vermieter­pfandrecht hinsichtlich aus dem Mietobjekt entfernter Gegenstände erlischt, sofern der Vermieter nicht binnen Monatsfrist ab Kenntnis von der Entfernung Klage auf Rück­verschaffung der Gegenstände erhebt. (Nur) bei Geschäfts­raum­miet­verhältnissen erstreckt sich das Vermieter­pfandrecht grund­sätzlich dann auch auf die im Rahmen des Geschäfts­betriebes des Mieters genutzten Fahrzeuge. Von erheblicher praktischer Bedeutung ist noch die Frage der Kollision von Vermieter­pfandrecht und einer Sicherungs­übereignung der im Mietobjekt befindlichen Sachen durch den Gewerbe­mieter (meistens an kredit­gebende Banken). Sofern die Sicherungs­übereignung erst nach Einbringung der Sachen in das Mietobjekt stattgefunden hat, geht das Vermieter­pfandrecht vor, da das Sicherungs­eigentum der Bank nur mit dem Vermieter­pfandrecht belastet entstanden ist.

Umsatzsteuerproblematik bei Geschäftsraummietverträge

Schlussendlich soll noch auf die häufig auftretende Umsatz­steuer­problematik im Hinblick auf Geschäfts­raum­miet­verträge hingewiesen werden.

Diese fällt (nur) dann an, wenn der Vermieter gem. § 9 Abs. 1 UStG zur Mehrwert­steuer optiert hat.

So stellt sich m. E. schon die Frage, ob der eigentliche Mietvertrag überhaupt als Dauermiet­rechnung i.S.d. § 14 UStG. anzusehen ist.

Jedenfalls hat der Mieter im Falle des zwischen­zeitlichen Vermieter­wechsels Anspruch auf Erstellung einer durch den neuen Vermieter ausgestellten Dauermiet­rechnung.

Andernfalls kann er Zurück­behaltungs­rechte zumindest an der anfallenden Umsatz­steuer sowie Rücker­stattungs­ansprüche wegen an den neuen Vermieter bereits gezahlter Mehrwert­steuer geltend machen (OLG München v. 13.3.12 zu 32 U 4761/11).

Dies kann z.B. bei einer Kündigung wegen Zahlungs­verzuges insofern von ganz entscheidender Bedeutung sein, als dadurch der kündigungs­relevante Zahlungs­rückstand möglicher­weise nicht mehr erreicht ist.

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