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Immobilienrecht und Wohnungseigentumsrecht | 05.04.2017

Wohn­eigentum

Gerüche und Messie-Syndrom: Eigentümer muss Wohnung verkaufen, wenn es den Nachbarn stinkt

Dem Nachbarn wurden schwere und jahrelang andauernde Störungen attestiert

Vielen Rechten, die in unseren Gesetzen definiert werden, liegen auch Pflichten zugrunde. Wenn Menschen miteinander klarkommen wollen, dann ist das eine ohne das andere nicht denkbar. Das gilt natürlich auch für das Recht auf Eigentum, das durch das Grundgesetz besonders geschützt ist. Wie aber der Volksmund schon sagt: „Eigentum verpflichtet“. Dass die Abwägung zwischen dem Schutz des Eigentums und den daraus resultierenden Verpflichtungen nicht nur ein rechts­philosophischer Gedanke ist, musste nun ein Wohnungs­eigentümer schmerzlich erfahren, der auf Grundlage eines Urteils des Land­gerichts Hamburg seine Wohnung wieder verkaufen muss.

Zu den Hintergründen dieses sehr besonderen Falles

Eine eigene Immobilie suggeriert Freiheit. Schließlich kann ein Eigentümer in seinen eigenen vier Wänden mehr oder weniger machen was er oder sie will. Und kein Vermieter kann einen raus­schmeißen. Etwas sicheres, als die eigene Immobilie gibt es nicht. Richtig? Eben nicht. Denn im Wohn­eigentums­gesetz ist festgelegt, dass Eigentümer durchaus gezwungen werden können, ihre Immobilie zu verkaufen.

In dem aktuellen Fall klagte eine Wohnungs­eigentümerg­emeinschaft gegen eines ihrer Mitglieder. Den Nachbarn stank es offen­sichtlich bis zum Himmel, denn so wie der Nachbar seine Wohnung nutzte, war für die Mit­eigentümer klar, dass er offen­sichtlich am „Messie-Syndrom“, also an der unerträglichen Vermüllung seiner Wohnung litt. Im Laufe der Jahre wurde es schlimmer und schlimmer, denn irgendwann war dann auch der Kellerflur und die Tiefgarage zugemüllt. Dazu gesellte sich auch ein seit Jahren abgemeldetes Kfz und die ersten Ratten bekamen Appetit.

Weiterhin verhinderte der Problem-Nachbar eine verbrauchsgenaue Abrechnung für die anderen Bewohner, weil er jeglichen Zugang in seine Wohnung verweigerte und deshalb ein notwendiger Kaltwasser­zähler nicht installiert werden konnte. Aus demselben Grund mussten auch neue Fenster kosten­pflichtig eingelagert werden, weil diese nicht eingebaut werden konnten. Auf Abmahnungen durch die Miteigentümer­gesellschaft reagierte der Mann nicht.

Erst 2015 wurde die Wohnung im Rahmen eines Polizei­einsatzes geöffnet, weil ein Notfall vermutet wurde. Der Notfall bestätigte sich zwar nicht, aber den Beamten schlug ein unerträglicher Gestank entgegen.

Ein Eingriff in die Grundrechte ist in besonders schwerwiegenden Situationen statthaft

Es kam zur Klage durch die Mit­eigentümer. Vor Gericht berief sich zwar der Wohnungs­eigentümer auf seine Grundrechte und argumentierte, dass die Vermüllung seiner Wohnung reine Privatsache sei. Das sahen aber sowohl das Amtsgericht als auch später im Berufungs­verfahren das Landgericht Hamburg anders (Az.: 318 S 50/15).

Diese kamen zu der Auffassung, dass die „Entziehung des Wohn­eigentums“ grund­sätzlich möglich ist, wenn ein Eigentümer trotz Abmahnung grob gegen seine Pflichten verstößt. Die Voraus­setzungen für einen solchen Eingriff in die Grundrechte hat der Gesetzgeber zwar sehr hoch angesetzt, in diesem Fall sahen die Richter die Voraus­setzungen aber als erfüllt an. Dem Beklagten wurden schwere und jahrelang andauernde Störungen attestiert, er blockiere Arbeiten am Gemeinschafts­eigentum und vermülle ja nicht nur seine eigene Wohnung. Da sämtliche Gesprächs­versuche und Abmahnungen der Eigentümer­gemeinschaft ins Leere liefen, ging das Gericht davon aus, dass auch künftig keine Verhaltens­änderung zu erwarten sei und kam deshalb zu dem drakonischen Urteil, dass der Beklagte seine Wohnung wieder verkaufen muss.

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