Zu den Hintergründen dieses sehr besonderen Falles
Eine eigene Immobilie suggeriert Freiheit. Schließlich kann ein Eigentümer in seinen eigenen vier Wänden mehr oder weniger machen was er oder sie will. Und kein Vermieter kann einen rausschmeißen. Etwas sicheres, als die eigene Immobilie gibt es nicht. Richtig? Eben nicht. Denn im Wohneigentumsgesetz ist festgelegt, dass Eigentümer durchaus gezwungen werden können, ihre Immobilie zu verkaufen.
In dem aktuellen Fall klagte eine Wohnungseigentümergemeinschaft gegen eines ihrer Mitglieder. Den Nachbarn stank es offensichtlich bis zum Himmel, denn so wie der Nachbar seine Wohnung nutzte, war für die Miteigentümer klar, dass er offensichtlich am „Messie-Syndrom“, also an der unerträglichen Vermüllung seiner Wohnung litt. Im Laufe der Jahre wurde es schlimmer und schlimmer, denn irgendwann war dann auch der Kellerflur und die Tiefgarage zugemüllt. Dazu gesellte sich auch ein seit Jahren abgemeldetes Kfz und die ersten Ratten bekamen Appetit.
Weiterhin verhinderte der Problem-Nachbar eine verbrauchsgenaue Abrechnung für die anderen Bewohner, weil er jeglichen Zugang in seine Wohnung verweigerte und deshalb ein notwendiger Kaltwasserzähler nicht installiert werden konnte. Aus demselben Grund mussten auch neue Fenster kostenpflichtig eingelagert werden, weil diese nicht eingebaut werden konnten. Auf Abmahnungen durch die Miteigentümergesellschaft reagierte der Mann nicht.
Erst 2015 wurde die Wohnung im Rahmen eines Polizeieinsatzes geöffnet, weil ein Notfall vermutet wurde. Der Notfall bestätigte sich zwar nicht, aber den Beamten schlug ein unerträglicher Gestank entgegen.
Ein Eingriff in die Grundrechte ist in besonders schwerwiegenden Situationen statthaft
Es kam zur Klage durch die Miteigentümer. Vor Gericht berief sich zwar der Wohnungseigentümer auf seine Grundrechte und argumentierte, dass die Vermüllung seiner Wohnung reine Privatsache sei. Das sahen aber sowohl das Amtsgericht als auch später im Berufungsverfahren das Landgericht Hamburg anders (Az.: 318 S 50/15).
Diese kamen zu der Auffassung, dass die „Entziehung des Wohneigentums“ grundsätzlich möglich ist, wenn ein Eigentümer trotz Abmahnung grob gegen seine Pflichten verstößt. Die Voraussetzungen für einen solchen Eingriff in die Grundrechte hat der Gesetzgeber zwar sehr hoch angesetzt, in diesem Fall sahen die Richter die Voraussetzungen aber als erfüllt an. Dem Beklagten wurden schwere und jahrelang andauernde Störungen attestiert, er blockiere Arbeiten am Gemeinschaftseigentum und vermülle ja nicht nur seine eigene Wohnung. Da sämtliche Gesprächsversuche und Abmahnungen der Eigentümergemeinschaft ins Leere liefen, ging das Gericht davon aus, dass auch künftig keine Verhaltensänderung zu erwarten sei und kam deshalb zu dem drakonischen Urteil, dass der Beklagte seine Wohnung wieder verkaufen muss.
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