Kein Ausschluss der Fürsorgepflicht möglich
Zunächst einmal gilt: Umgehen kann der Arbeitgeber die Fürsorgepflicht und ihre Folgen nicht. Sie darf im Arbeitsvertrag weder aufgehoben noch eingeschränkt werden.
Deshalb lässt sich weder im Arbeitsvertrag noch in einer Betriebsvereinbarung wirksam vereinbaren, dass der Arbeitnehmer beispielsweise selbst die Kosten für vorgeschriebene Schutzkleidung, Schutzbrillen oder Gehörschutz tragen muss. Diese Ausgaben muss der Arbeitgeber übernehmen.
Allerdings hat auch die Fürsorgepflicht Grenzen. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber nur zu solchen Maßnahmen verpflichtet, die verhältnismäßig und zumutbar sind.
Was passiert, wenn der Arbeitgeber seine Pflicht verletzt?
- Erfüllt der Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht nicht, kann der Arbeitnehmer ihn vor dem Arbeitsgericht verklagen. Eine mangelnde Fürsorge kann zu einem Erfüllungsanspruch bzw. Unterlassungsanspruch führen, der gerichtlich durchgesetzt werden kann. Auf dieser Grundlage kann der Arbeitnehmer beispielsweise verlangen, dass ihm Schutzkleidung zur Verfügung gestellt wird, wenn die Arbeit dies erfordert.
- Natürlich kann er auch die zuständige Aufsichtsbehörde verständigen, etwa das Landesamt für Arbeitsschutz. Da Arbeitsschutz Ländersache ist, ist die Anlaufstelle von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. In einigen Bundesländern sind sie auf Ebene der Regierungsbezirke organisiert. Allen gemeinsam ist jedoch, dass sie für die Aufklärung, Beseitigung und Ahndung von Missständen zuständig sind. In schweren Fällen ist sogar die vorübergehende Stilllegung des Betriebs möglich.
- Beschweren kann der Arbeitnehmer oder der Betriebsrat sich über mangelnde Fürsorge des Arbeitgebers auch bei der zuständigen Berufsgenossenschaft. Diese hat beispielsweise das Recht, die Arbeitsschutzdokumentation des Unternehmens zu prüfen.
- Unter Umständen kann der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung verweigern, bis die Missstände beseitigt sind. Das gilt zumindest dann, wenn die fehlenden Schutzmaßnahmen seine Gesundheit oder gar sein Leben gefährden. Anspruch auf Lohn oder Gehalt hat er in diesem Fall trotzdem.
- Hat der Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht verletzt und damit einen Arbeitsunfall oder gar eine Berufskrankheit des Mitarbeiters in Kauf genommen, dann übernimmt anders als sonst nicht die Berufsgenossenschaft die Kosten. Vielmehr haftet der Arbeitgeber: Er ist schadenersatzpflichtig und muss gegebenenfalls auch Schmerzensgeld bezahlen.
Es kann teuer werden – aber nicht jeder Anspruch besteht zu Recht
Als Fazit lässt sich festhalten: Es geht bei der Fürsorgepflicht um mehr als abstrakte Formalitäten. Arbeitnehmer können auf Grundlage der Fürsorgepflicht vielmehr sehr konkrete Forderungen stellen – etwa nach einem nikotinfreien Arbeitsplatz, nach angemessener Schutzkleidung oder zumutbaren baulichen Gegebenheiten. Für Arbeitgeber kann das teuer werden.
Allerdings ist die Fürsorgepflicht kein „Wünsch-dir-was“. Der Arbeitgeber muss sich um seine Mitarbeiter und deren Wohlbefinden kümmern, aber nur soweit, wie das vernünftig und zumutbar ist. Überzogene Ansprüche und Forderungen lassen sich mit den Mitteln des Arbeitsrechts abwehren.
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