Im Kern geht es um die Frage: Ist ein Induktionsofen, wie ihn die Industrie zum Schmelzen von Metallen verwendet, ein Bauwerk oder eine technische Anlage? Das mag nach Haarspalterei klingen. Für das Unternehmen, das auf Beitragszahlung verklagt wurde, hängt von der Antwort der Richter viel Geld ab.
Wartungsarbeiten und Reparaturen an Industrieöfen
Der Dortmunder Betrieb erledigte hauptsächlich Wartungsarbeiten an Industrieöfen. Solche Öfen werden unter anderem eingesetzt, um Metalle aufzuschmelzen. Das Induktionsschmelzen ist ein typischer Arbeitsschritt etwa beim Herstellen von Legierungen.
Dabei entstehen Schlackereste, die regelmäßig aus den Induktionsöfen entfernt werden müssen. In der Regel geschieht das mit einer sogenannten thermischen Lanze bei Temperaturen von mehreren tausend Grad. Das Entfernen solcher Anhaftungen mit Hilfe einer Sauerstofflanze war ein Schwerpunkt des Unternehmens.
Außerdem tauschte es bei Bedarf die Induktoren, die für das Aufheizen der Öfen sorgen. Es führte Schweißarbeiten zu Reparaturzwecken aus und befestigte an Ofen und Abtrennwänden Bolzen für Keramikfasermatten zum Eindämmen der Hitzeabstrahlung.
Sozialkasse fordert Beitragsnachzahlungen in sechsstelliger Höhe
Das Verfahren um die Sozialkassenbeiträge begann, als die SOKA-Bau von dem Unternehmen die Nachzahlung von Beiträgen für bis zu sieben Mitarbeiter und insgesamt fünf Jahre forderte. Dabei kam einiges zusammen: Zunächst beliefen sich die SOKA-Forderungen auf 200.000 Euro. Nach einem Versäumnisurteil wollte die Sozialkasse später immerhin noch fast 170.000 Euro haben.
Die geforderten Monatsbeiträge lagen bei bis zu 663 Euro pro Mitarbeiter für den letzten Teil des fraglichen Zeitraums, das Jahr 2016. Dieser Wert wurde, wie häufig, nicht auf Grundlage der tatsächlichen Bruttolöhne berechnet: Wenn die SOKA-Bau diese nicht kennt, nimmt sie als Kalkulationsgrundlage die statistischen Durchschnittslöhne von Bauarbeitern.
Ist ein Ofen ein Bauwerk?
Das Unternehmen zahlte nicht, die SOKA-Bau klagte. Das Verfahren nahm seinen Ausgang am Arbeitsgericht Wiesbaden. Dort hat die Sozialkasse ihren Sitz.
Das Arbeitsgericht entschied gegen die Beitragsforderungen. Die Instandsetzungsarbeiten fielen seiner Ansicht nach nicht unter den Tarifvertrag über das Sozialkassenwesen in der Bauwirtschaft: Industrieöfen seien keine Bauwerke.
LAG Hessen sieht es anders
Die SOKA-Bau ging gegen dieses Urteil in Berufung vor das hessische Landesarbeitsgericht in Frankfurt am Main. Die Richter dort konnte die Sozialkasse überzeugen: Sie kamen zum Schluss, dass die Industrieöfen, um die es ging, Bauwerke waren. Gleichzeitig seien sie auch Bestandteile von „übergeordneten“ Bauwerken – den Industriehallen, in denen sie aufgestellt wurden.
Dass es sich bei den Öfen Gleichzeitig um technische Anlagen handle, sei kein Widerspruch. Auch die Tatsache, dass solche Industrieöfen transportabel sind, änderte nichts an der Einschätzung des LAG, Es verwies darauf, dass zum Versetzen der Öfen Gabelstapler und Kräne notwendig seien.
Die Revision zum Bundesarbeitsgericht hat das LAG zugelassen. In der Rechtsprechung ist bislang nicht abschließend geklärt, ob Industrieöfen Bauwerke im Sinne der Sozialkassenpflicht sind. Die Revision läuft, nun wird der BAG entscheiden.
Bauwerk, technische Anlage, Industrieanlage? Für die SOKA-Pflicht ein entscheidender Punkt
Wie lassen sich Bauarbeiten von rein technischen Arbeiten bzw. Bauwerke von technischen sowie Industrieanlagen abgrenzen? Diese Frage taucht im Sozialkassenrecht immer wieder auf. Die SOKA-Bau versucht gern, ihr „Einzugsgebiet“ zu erweitern. Längst nicht immer mit Erfolg. Wir haben schon häufiger über solche Fälle berichtet:
- Beiträge zur Malerkasse für Korrosionsschutzarbeiten?
- SOKA-Bau-Beiträge für Schiffbau? Nein – mit einer Ausnahme
- Für Schweißarbeiten an Rohren SOKA-Beiträge zahlen?
- Druckrohrsysteme für Kraftwerke: Gilt für Industriemontage Beitragspflicht zur SOKA-Bau?
Geht es um die SOKA-Pflicht Ihres Betriebs?
Rechtsanwalt Dr. Meides kann helfen. Rechtsanwalt Dr. Meides ist Fachanwalt für Arbeitsrecht. Die Beratung und Vertretung von Unternehmen gegenüber den tariflichen Sozialkassen ist seit vielen Jahren ein Schwerpunkt seiner Kanzlei. Mit seiner Unterstützung finden Sie die optimale Reaktion auf Forderungen der SOKA-Bau (oder deren Auskunftsbegehren). Sie erreichen die MEIDES Rechtsanwaltsgesellschaft unter MEIDES Rechtsanwälte Frankfurt.