Die Gründe:
In einer Vielzahl von Darlehensverträgen wurde der Beginn der Widerrufsfrist rechtswidrig wie folgt dekliniert: „Die Frist beginnt nach Abschluss des Verfahrens, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angabe zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrages, Angabe der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat.„
Selbst ein etwaig vorhandener Verweis im Rahmen der Darlehensverträge auf die AGB, die ihrerseits auf das Preis-Leistungsverhältnis Bezug nehmen, ist nicht ausreichend, zumal diese Formulare eben nicht Teil der Vertragsurkunde oder des Darlehensantrags sind, wie es aber die Widerrufsbelehrung voraussetzt.
Unter Verweis auf die Entscheidung des BGH vom 22.11.2016, XI ZR 434/15, und unter Bezugnahme auf die in der Musterwiderrufsbelehrung nicht vorgesehenen Pflichtangaben in einem von der hiesigen Kanzlei in einem vergleichbaren Fall der fehlerhaften Benennung von Pflichtangaben verklagten Hamburger Sparkasse vertritt z.B. die 6. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg, wie auch das Landgericht Offenburg - in einem weiteren diesseits begleiteten Verfahren - zu der Auffassung, die Widerrufsbelehrung sei irreführend, weil sie den Fristlauf für die Ausübung der Widerrufsfrist nicht hinreichend deutlich definiert. Vergleichbar entschied jüngst das LG Stuttgart (29 O 286/16, Urt. v. 29.07.2016)
Zum rechtlichen Hintergrund:
Es handelt sich bei “der zuständigen Aufsichtsbehörde„ eben gerade nicht um gesetzlich vorgesehene „Pflichtangaben“ nach § 492 Abs. 2 BGB. Vielmehr ist von vertraglich vereinbarten Angaben auszugehen, ohne dass sich für den Darlehensnehmer die zuständige Aufsichtsbehörde aus der Vertragsurkunde selbst ermitteln lässt. Dies vorausgeschickt, hat eine Vielzahl von Sparkassen und anderen Banken häufig nicht alle Voraussetzungen erfüllt, um das von ihr selbst vorgegebene Kriterium des Fristlaufs/Fristbeginns wirksam in den Vertrag miteinzubeziehen. Hieraus resultiert die nicht ordnungsgemäße Belehrung über den Fristbeginn zur Ausübung des Widerrufsrechts. Die Widerrufsfrist hat damit noch nicht zu laufen begonnen und der Widerruf kann auch heute noch erklärt werden.
Auch Widerrufsbelehrungen der ING-DiBa aus den Jahren 2011-2015 häufig rechtswidrig
Die ING-DiBa hat es in einer Vielzahl von Darlehensverträgen versäumt, die Kreditlaufzeit in ihren Verträgen anzugeben! Exemplarisch für dieses Fehlverhalten wurde in einem der von der hiesigen Kanzlei geprüften Verträge die Anzahl der Raten (im dortigen Vertrag 160) nur auf den Zeitraum der Zinsbindungsfrist (im dortigen Vertrag 15 Jahre) bezogen angegeben. Die Gesamtlaufzeit des Darlehensvertrages gehört jedoch zu den gesetzlichen Pflichtangaben!
Ziel des Darlehenswiderrufs ist die sofortige Entlassung aus dem hoch verzinsten Altvertrag ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung, verbunden mit der Möglichkeit der Refinanzierung zu Rekordtiefstzinsen bei einer Drittbank und die Geltendmachung einer Nutzungsentschädigung auf erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über Basiszinssatz.
MPH Legal Services – Rechtsanwalt Dr. Martin Heinzelmann LL.M., Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht – vertritt Darlehensnehmer bundesweit erfolgreich gegenüber Sparkassen, privaten Kreditinstituten und Genossenschaftsbanken in Darlehenswiderrufsfällen.