Ähnlich wie das Oberlandesgericht Karlsruhe lässt auch das Oberlandesgericht Köln wiederholt keine Zweifel an der Rechtslage. Die Rechtslage wird so bestätigt, wie die Rechtsanwälte Rogert und Ulbrich sie bereits seit 2016 in ihren Klageschriften darstellen. Im Januar 2017 war es diese Kanzlei, die den ersten Erfolg aus Delikt gegen Volkswagen einfuhr.
Deutliches Signal an Landesgerichte
Es ist überaus erfreulich, dass die Oberlandesgerichte ein deutliches Signal an die Landgerichte senden, die der herrschenden Rechtsprechung bislang nicht folgen möchten. Circa dreiviertel der deutschen Landgerichte urteilen mehrheitlich pro Kläger in diesen Fällen. Es wird Zeit, dass sich das letzte Viertel von den klaren Worten der Oberlandesgerichte nunmehr ebenfalls überzeugen lässt.
OLG: Verwendung illegaler Abschalteinrichtung stellt vorsätzliche und sittenwidrige Schädigung dar
Der 16. Senat des Oberlandesgerichts Köln lässt keinen Zweifel daran, dass die Verwendung der illegalen Abschalteinrichtung, die Betroffenen vorsätzlich und sittenwidrig schädige.
Aus der Verheimlichung des Einsatzes der Software sowohl gegenüber dem Kraftfahrtbundesamt und den übrigen beteiligten Stellen als auch gegenüber den potentiellen Kunden ergebe sich, dass die beteiligten Mitarbeiter in der Vorstellung handelten, dass der Einsatz der Software zu Schwierigkeiten hinsichtlich der Typengenehmigung und der Betriebszulassung der Fahrzeuge führen könne und dass potentielle Fahrzeugkäufer ein Fahrzeug, das derart mit rechtlichen Unsicherheiten belastet war, nicht ohne weiteres erwerben würden.
Dabei seien andere Gründe für den Einsatz der Software als eine Kostensenkung und eine damit verbundene Gewinnmaximierung nicht erkennbar.
Für das Gericht erschloss es sich nicht, warum Volkswagen trotz des Risikos des Verlustes der Zulassung für den streitgegenständlichen Motorentyp sowie strafrechtlicher Verfolgung eine solche Software in ihren Motoren installiert haben sollte, ohne dass sie sich hiervon einen besonderen Nutzen versprochen hätte.
OLG rügt Täuschung als „besonders verwerflich“
Im Hinblick auf die Täuschung einer öffentlichen Stelle sowie der potentiellen Kunden in einer immensen Zahl von Fällen, sei dieses Verhalten auch als „besonders verwerflich“ anzusehen.
Soweit sich die beklagte Volkswagen AG während des Prozesses darauf beruft, dass „Gewinnstreben im Wirtschaftsleben nicht verwerflich sei“, verkenne sie nach Ansicht des Senats, dass sie den maßgeblichen Mangel der produzierten Fahrzeuge bewusst herbeigeführt und vor den Behörden verschleiert hat, um aus Profitinteresse in großem Umfang Fahrzeuge zu verkaufen, welche als besonders umweltfreundlich gelten. Dies sei mit dem Fall des vereinzelten Verkaufs einer mangelhaften Sache nicht zu vergleichen, so die Richter.
Sekundäre Darlegungslast liegt bei VW
Dem Gericht genügte der Vortrag des Klägers, der VW-Vorstand habe Kenntnis von der rechtswidrigen Software gehabt, zur Darlegung der Zurechnung aus. Denn Volkswagen treffe hier eine sogenannte sekundäre Darlegungslast.
Diese sei insbesondere anzunehmen, wenn die beweisbelastete Partei außerhalb des von ihr vorzutragenden Geschehensablaufs stehe und keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen besitze, während der Gegner zumutbar nähere Angaben machen könne.
Das sei hier nach Ansicht des Senats der Fall. Den Klägern stehen lediglich öffentliche Erklärungen der Volkswagen AG sowie öffentlich abrufbare Informationen, beispielsweise aus Medien der Presse, zur Verfügung. Für den beklagten Konzern handele es sich hingegen um Betriebsinterna betreffend die Führungsebene. Das heißt, es gehe um einen relativ begrenzten Personenkreis, so dass eine Informationsbeschaffung zumutbar sei.