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Erbrecht | 05.12.2017

Gleich­behandlung unehelicher Kinder

Endlich absolute Gleich­stellung?

Was ist nun eigentlich mit der Gleich­behandlung unehelicher Kinder?

Fachbeitrag von Rechtsanwalt Dr. Ronny Jänig

Das Erbrecht ist immer noch ein unübersichtliches Kuddel­muddel, wenn es zur Erben­stellung unehelicher Kinder kommt. Kaum hatte der Gesetzgeber ein neues Gesetz auf den Markt geworfen, erklärte der Europäische Gerichtshof für Menschen­rechte (EGMR) es schon wieder für ungenügend und konventions­widrig. Was gilt denn nun eigentlich für die unehelichen Kinder?

Frischer Wind kam in die Diskussion im Sommer diesen Jahres, als der Bundes­gerichts­hof (BGH) erneut zu den Ansprüchen einer unehelichen Tochter zu entscheiden hatte. Diese hatte ihren Vater zuletzt mit vierzehn Jahren gesehen und dann in den Wirren des zweiten Weltkrieges aus den Augen verloren. Sie landete anschließend in der DDR — und ihr Vater auf der anderen Seite der innerdeutschen Grenze. Ihn ausfindig zu machen war unmöglich. Nach der Wende gelang es ihr, ihn wieder­zufinden.

Nachlassgericht lehnt trotz eidestattlicher Versicherung Erbschein ab

Sie kümmerte sich die letzten Jahre um ihn und organisierte auch das Begräbnis, als er 1992 starb. Kurz zuvor hatte er seine Vaterschaft eides­stattlich versichert. Als die Tochter einen Erbschein beantragte, wurde dieser vom Nachlass­gericht abgelehnt. Später wurde das Erbe einem Neffen, einer Nichte und einer Großnichte des Erblassers zugesprochen. Nach einer Entscheidung des EGMR im Jahr 2014, die einen ähnlich gelagerten Fall betraf, beantragte sie erneut einen Erbschein und klagte schließlich.

Rechtslage für neue Generationen geregelt

Einfach ist es für die neuen Generationen. Heutzutage sind die Rechte unehelicher Kinder mit denen ehelicher Kinder absolut gleichgestellt. Geregelt ist dies im Zweiten Erbrechts-Gleich­stellungs­gesetz (ZwErbGleichG). Dies gilt aber erst seit einigen Jahren, genauer genommen, seit der EGMR die deutsche Rechtslage als Diskriminierung wertete und einen Verstoß gegen die Europäische Konvention für Menschen­rechte (EMRK) feststellte.

Neuregelung für Altfälle nur begrenzt anwendbar

Aber für alte Fälle gilt die Neuregelung nur begrenzt. Ein nicht­eheliches Kind, das vor dem 1. Juli 1949 geboren wurde und dessen Vater vor dem 29. Mai 2009 gestorben ist, hat keine erbrechtlichen Ansprüche. Diese Regelung wurde von dem EGMR nun bereits häufiger moniert, zuletzt in einem Urteil im März 2017.

Gesetzgeber: Entscheidungen betreffen Einzelfälle

Der deutsche Gesetzgeber setzte sich über diese bis zuletzt mit dem Hinweis hinweg, die Entscheidungen beträfen nur Einzel­fälle und nicht die Regelung per se. Er möchte damit vor allem das Vertrauen der Betroffenen in die bisherige Rechtslage schützen und eine umfassend rückwirkende Neuregelung vermeiden.

Wirkung der Urteile des EGMR

Zwar haben die Urteile des EGMR in Deutschland nur den Rang eines einfachen Bundes­gesetzes. Nur weil der Gerichtshof eine deutsche Regelung für konventions­widrig erklärt, wird diese dadurch also noch lange nicht unwirksam. Aber die deutschen Gerichte sind bei ihrer Anwendung des deutschen Rechts verpflichtet, die EMRK zu berücksichtigen und nationale Gesetze wo möglich konventions­konform auszulegen oder zu erweitern.

Teleologische Erweiterung des ZwErbGleichG unter besonderen Umständen geboten

Hierzu führte der BGH aus, dass eine teleologische Erweiterung des ZwErbGleichG jedenfalls für Einzel­fälle, in denen ein gerechter Ausgleich unter besonderen Umständen nicht erreicht werden könne, geboten sei. Dabei sind nach den Ausführungen des EGMR vor allem die Kenntnis der Beteiligten, der Zeitpunkt der Geltend­machung der Ansprüche und die Möglichkeit ander­weitiger finanzieller Entschädigungs­möglichkeiten zu berücksichtigen. So lag es auch hier: Die Neffen wussten von der Existenz der unehelichen Tochter. Ihr Vertrauen ist nicht schützens­wert. Die Tochter aber hatte ein inniges Verhältnis zu ihrem Vater.

Ein Fachbeitrag von

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