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Schadensersatzrecht | 26.11.2020

Abgas­skandal

Daimler verliert im Abgas­skandal vor dem OLG Köln

Anspruch auf Schaden­ersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung

Fachbeitrag von Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser

Für Daimler wird die Lage im Abgas­skandal immer prekärer. Innerhalb weniger Wochen kassiert der Auto­hersteller zum zweiten Mal eine Niederlage vor einem Oberlandes­gericht. Nach dem OLG Naumburg hat nun auch das OLG Köln Daimler mit Urteil vom 5. November 2020 zu Schaden­ersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aufgrund der Verwendung einer unzulässigen Abschalt­einrichtung verurteilt (Az.: 7 U 35/20).

Der Kläger vor dem OLG Köln hatte 2017 das Wohnmobil Mercedes Marco Polo 250 d mit dem Motor OM 651 und der Abgasnorm Euro 6 gekauft. Doch schon 2018 flatterte der Rückruf für das Fahrzeug ins Haus. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hatte den Rückruf für den Mercedes Vito 1,6 l Diesel auch auf das Modell des Klägers ausgeweitet. Grund ist die Verwendung einer unzulässigen Abschalt­einrichtung.

Kein Software-Update stattdessen Klage auf Schadensersatz

Daimler bot zwar ein Software-Update an. Das ließ der Kläger allerdings nicht installieren und machte Schaden­ersatz­ansprüche geltend. Zur Begründung führte er an, dass bei seinem Fahrzeug ein ganzes Bündel unzulässiger Abschalt­einrichtungen verwendet werde. So käme u.a. ein Thermo­fenster bei der Abgas­rückführung, eine Aufwärm­funktion mit Erkennung der Prüfstand­situation, ein Wechsel der Motor­steuerung nach 20 Minuten von einem sauberen in einen schmutzigen Modus, Reduzierung der AdBlue-Zufuhr oder die Kühlmittel-Soll­temperatur-Regelung zum Einsatz. Alles in allem führten diese und weitere Funktionen dazu, dass die Grenzwerte für den Stickoxid-Ausstoß im Prüfmodus zwar eingehalten werden, nicht aber im realen Straßen­verkehr. Damit liege eine unzulässige Abschalt­einrichtung vor.

Daimler vermochte diesen Vorwurf nicht zu entkräften

Obwohl der Senat Daimler ausdrücklich aufgefordert hatte, legte die Beklagte weder aussagekräftige Bescheide des KBA noch Informationen zum Stand des Widerspruchs­verfahren gegen den Rückruf vor und berief sich auf Geheimhaltungs­interesse. Das ließ das OLG jedoch nicht gelten. Die Berufung auf Betriebs­geheimnisse sei undurchsichtig und könne nur noch als eine nicht näher begründete Schutz­behauptung gedeutet werden, fand das OLG Köln klare Worte.

Die geschwärzten und unvollständigen Bescheide des KBA oder pauschale Behauptungen waren für das OLG Köln zu wenig. Daimler habe nicht dargelegt, dass in dem Fahrzeug keine unzulässige Abschalt­einrichtung verwendet wird. Der Kläger hingegen habe hinreichend greifbare Anhalts­punkte für das Vorliegen einer unzulässigen Abschalt­einrichtung geliefert.

Schaden bereits mit Abschluss des Kaufvertrags entstanden

Daimler habe mit dem Inverkehr­bringen eines Fahrzeugs mit unzulässiger Abschalt­einrichtung Behörden und Verbraucher getäuscht. Diese Täuschung sei auch ursächlich für die Kauf­entscheidung des Klägers gewesen, der das Fahrzeug bei Kenntnis der illegalen Abschalt­eirichtung nicht gekauft hätte. Der Schaden sei ihm schon mit Abschluss des Kauf­vertrags entstanden. Der Kaufvertrag sei daher rückabzuwickeln. Daimler müsse den Mercedes Marco Polo zurück­nehmen und den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungs­entschädigung für die gefahrenen Kilometer erstatten, urteilte das OLG Köln. Die Revision zum BGH ließ es, wie zuvor schon das OLG Naumburg, nicht zu.

Chancen auf Schadenersatz steigen weiter

„Die Rechtsprechung kippt auch im Mercedes Abgas­skandal mehr und mehr Richtung Verbraucher. Nach verschiedenen Land­gerichten haben nun auch zwei Oberlandes­gerichte Daimler zu Schaden­ersatz verurteilt. Das zeigt deutlich, wo der Weg hingeht und die Chancen auf Schaden­ersatz weiter steigen“, sagt Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser, Kooperations­partner der IG Diesel­skandal.

Wenige Tage vor dem Urteil des OLG Köln hat Rechtsanwalt Dr. Gasser Schaden­ersatz­ansprüche für einen geschädigten Mercedes-Kunden am Landgericht Stuttgart durchgesetzt (Az.: 23 O 37/20). Dabei ging es um einen Mercedes CLS 350 CDI.

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