Der Kläger vor dem OLG Köln hatte 2017 das Wohnmobil Mercedes Marco Polo 250 d mit dem Motor OM 651 und der Abgasnorm Euro 6 gekauft. Doch schon 2018 flatterte der Rückruf für das Fahrzeug ins Haus. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hatte den Rückruf für den Mercedes Vito 1,6 l Diesel auch auf das Modell des Klägers ausgeweitet. Grund ist die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung.
Kein Software-Update stattdessen Klage auf Schadensersatz
Daimler bot zwar ein Software-Update an. Das ließ der Kläger allerdings nicht installieren und machte Schadenersatzansprüche geltend. Zur Begründung führte er an, dass bei seinem Fahrzeug ein ganzes Bündel unzulässiger Abschalteinrichtungen verwendet werde. So käme u.a. ein Thermofenster bei der Abgasrückführung, eine Aufwärmfunktion mit Erkennung der Prüfstandsituation, ein Wechsel der Motorsteuerung nach 20 Minuten von einem sauberen in einen schmutzigen Modus, Reduzierung der AdBlue-Zufuhr oder die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung zum Einsatz. Alles in allem führten diese und weitere Funktionen dazu, dass die Grenzwerte für den Stickoxid-Ausstoß im Prüfmodus zwar eingehalten werden, nicht aber im realen Straßenverkehr. Damit liege eine unzulässige Abschalteinrichtung vor.
Daimler vermochte diesen Vorwurf nicht zu entkräften
Obwohl der Senat Daimler ausdrücklich aufgefordert hatte, legte die Beklagte weder aussagekräftige Bescheide des KBA noch Informationen zum Stand des Widerspruchsverfahren gegen den Rückruf vor und berief sich auf Geheimhaltungsinteresse. Das ließ das OLG jedoch nicht gelten. Die Berufung auf Betriebsgeheimnisse sei undurchsichtig und könne nur noch als eine nicht näher begründete Schutzbehauptung gedeutet werden, fand das OLG Köln klare Worte.
Die geschwärzten und unvollständigen Bescheide des KBA oder pauschale Behauptungen waren für das OLG Köln zu wenig. Daimler habe nicht dargelegt, dass in dem Fahrzeug keine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet wird. Der Kläger hingegen habe hinreichend greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung geliefert.
Schaden bereits mit Abschluss des Kaufvertrags entstanden
Daimler habe mit dem Inverkehrbringen eines Fahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung Behörden und Verbraucher getäuscht. Diese Täuschung sei auch ursächlich für die Kaufentscheidung des Klägers gewesen, der das Fahrzeug bei Kenntnis der illegalen Abschalteirichtung nicht gekauft hätte. Der Schaden sei ihm schon mit Abschluss des Kaufvertrags entstanden. Der Kaufvertrag sei daher rückabzuwickeln. Daimler müsse den Mercedes Marco Polo zurücknehmen und den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer erstatten, urteilte das OLG Köln. Die Revision zum BGH ließ es, wie zuvor schon das OLG Naumburg, nicht zu.
Chancen auf Schadenersatz steigen weiter
„Die Rechtsprechung kippt auch im Mercedes Abgasskandal mehr und mehr Richtung Verbraucher. Nach verschiedenen Landgerichten haben nun auch zwei Oberlandesgerichte Daimler zu Schadenersatz verurteilt. Das zeigt deutlich, wo der Weg hingeht und die Chancen auf Schadenersatz weiter steigen“, sagt Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.
Wenige Tage vor dem Urteil des OLG Köln hat Rechtsanwalt Dr. Gasser Schadenersatzansprüche für einen geschädigten Mercedes-Kunden am Landgericht Stuttgart durchgesetzt (Az.: 23 O 37/20). Dabei ging es um einen Mercedes CLS 350 CDI.