Wie eine mündliche Verhandlung vor dem Landgericht München I im September verdeutlichte, hätte der Münchener Versicherungskonzern vor Gericht allerdings schlechte Karten. Die Vorsitzende Richterin stellte klar, dass dem Versicherungsriesen in der gerichtlichen Auseinandersetzung mit Gastwirten und Hoteliers eine Niederlage drohen dürfte.
Zahlt die Betriebsschließungsversicherung?
Im Zentrum der Auseinandersetzungen steht die Frage, ob die betroffenen Gastronomen und Hoteliers Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung aus ihrer Betriebsschließungsversicherung haben. Im Rahmen des behördlich angeordneten Lockdowns mussten Geschäfte, Hotels und Gaststätten im Frühjahr geschlossen werden, wodurch viele ohne eigenes Verschulden in Existenznot gerieten. Die betroffenen Betriebe wollten daraufhin ihre Betriebsschließungsversicherung in Anspruch nehmen, die für den Schaden aufkommen sollte.
Pandemien generell nicht abgedeckt
Die Versicherer beriefen sich jedoch oft darauf, dass es sich bei der Corona-Pandemie nicht um einen speziellen Einzelfall in dem jeweiligen Unternehmen handele, der durch eine Betriebsschließungsversicherung abgesichert sei – also keine Krankheitserreger oder Infektionen im Betrieb selbst, die eine Schließung erforderten. War es beispielsweise in einem Eiscafé zu einem Salmonellenbefall gekommen oder war eine Norovirus-Erkrankung bei Hotelangelstellten aufgetreten, hatte die Versicherung in der Vergangenheit gegriffen. Das sei bei der Corona-Pandemie jedoch nicht der Fall, so die Versicherer. Viele Assekuranzen verwiesen zudem darauf, dass Pandemien generell in den Policen nicht abgedeckt seien.
Allianz droht Niederlage vor Gericht
Bei der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht München ließ die Vorsitzende Richterin jedoch durchblicken, dass die Allianz bei einem Gerichtsverfahren schlechte Aussichten hätte. Nach Auffassung des Gerichts müsse die Betriebsschließungsversicherung möglicherweise auch dann zahlen, wenn die Versicherungspolice keinen konkreten Hinweis auf COVID-19 enthalte. Geklagt hatte hier das bekannte Wirtshaus Paulaner am Nockherberg.
Besonders häufig klagten vor allem Gastronomen gegen die Versicherer. Rund 71 Klagen sind allein am Landgericht München eingegangen. In Bayern war zwar eine Vereinbarung zwischen der Staatsregierung und dem Hotel- und Gaststättenverband mit den Versicherern zustande gekommen, laut der dem Gastgewerbe 15 Prozent der vertraglich vereinbarten Tagesentschädigung zugesprochen wurde. Für die Gastronomen reichte das allerdings nicht aus.
Prüfung des Versicherungsvertrags im Einzelfall
Wie der Branchenverband GDV angibt, sollen rund ein Viertel der Hotels und Gaststätten in Deutschland über eine Betriebsschließungsversicherung verfügen. Das entspricht etwa 73.000 Policen. Eine pauschale Beurteilung all der unterschiedlichen Verträge sei laut dem Landgericht München nicht möglich. Bei einer früheren Verhandlung hatte die Vorsitzende Richterin erklärt, dass die individuellen Vertragsklauseln von Fall zu Fall geprüft werden müssten. Im Rahmen dieser Verhandlung im Sommer wurde der Versicherungsriese Allianz von der Kammer bereits stark kritisiert. Die Policen seien intransparent, so der Vorwurf. Der Versicherungsnehmer müsse schließlich auch verstehen können, wann sein Versicherungsschutz greife und wann nicht.
Ähnliche Auseinandersetzungen zwischen Gastronomen und Versicherern gibt es auch in Österreich, der Schweiz und in Großbritannien. Einige Gerichte sprachen sich bereits zu Gunsten der Gastronomen aus. Grundsätzlich verweisen die Richter aber immer wieder auf die individuelle Ausgestaltung der jeweiligen Versicherungsverträge, die es im Einzelfall zu prüfen gelte.
Wir helfen Ihnen gerne!
Hoteliers und Gastronomen, die wissen möchten, wie ihre Chancen gegen ihren Versicherer vor Gericht aussehen, sollten ihre Versicherungspolice daher vorab genau von einem Fachanwalt prüfen lassen. Dafür stehen wir Ihnen in der Anwaltskanzlei Lenné gerne zur Verfügung. Lassen Sie sich im Rahmen eines kostenlosen Erstgesprächs von uns beraten.