Aber innerhalb welcher Frist eine Anfechtung von einem bei der Gesellschafterversammlung abwesenden Gesellschafter erhoben werden muss, darüber hat das Oberlandesgericht Dresden entschieden (OLG Dresden, Urteil vom 28.05.2020 – 8 U 2611/19). Nähere Informationen zur Gesellschafterversammlung finden Sie auf unserer Website: https://www.rosepartner.de/gesellschafterversammlung.html
OLG Dresden: Beginn der Anfechtungsfrist von Gesellschafterbeschlüssen ist umstritten
Das GmbH-Recht, besonders das GmbHG, regelt nicht, wie es sich mit Fristen bezüglich der Erhebung von Klagen gegen Gesellschafterbeschlüsse verhält. Weitreichende Anerkennung bekommt die vergleichbare Handhabung aus dem Aktienrecht. Danach wird als Leitlinie die Monatsfrist angesetzt, soweit die Satzung selbst keine abweichende Regelung zur Frist enthält.
Der bei der Gesellschafterversammlung abwesende Gesellschafter hätte also einen Monat Zeit, um Klage gegen einen Gesellschafterbeschluss zu erheben. Lässt er sich länger Zeit dafür, oder erhebt gar keine Klage, sondern ärgert sich nur im Stillen, gilt der Gesellschafterbeschluss als beschlossen und kann nicht mehr angefochten werden.
Unterscheidung anfechtbar vs. nichtig
Dabei darf nicht übersehen werden, dass dies nur hinsichtlich der Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen gilt. Streng davon zu trennen sind nichtige Gesellschafterbeschlüsse. In diesem Fall steht dem Gesellschafter wieder die Möglichkeit frei, eine gerichtliche Feststellung der Nichtigkeit zu erzwingen.
Für den Fall, dass eine sogenannte Nichtigkeitsklage nicht erhoben wird, entfaltet der nichtige Beschluss dennoch keine Rechtswirkung, vorausgesetzt es ist keine zwischenzeitliche Heilung erfolgt. Den Gesellschaftern steht es in einer solchen Situation zu, sich auch ohne Klageerhebung auf die Nichtigkeit des Beschlusses zu berufen.
Gesellschafterversammlung entscheidet über Zwangsabtretung
Die Satzung im vom OLG entschiedenen Fall enthielt keinerlei Regelungen über etwaige Anfechtungsfristen. Bei dem angefochtenen Gesellschafterbeschluss handelte es sich um die Anordnung von Zwangsabtretungen von Geschäftsanteilen. Anlass zu dieser Zwangsmaßnahme bestand aufgrund der Insolvenz der klagenden GmbH, welche im Gerichtsverfahren durch den Insolvenzverwalter repräsentiert wurde.
Die zuerst angesetzte Gesellschafterversammlung, die zu diesem Tagesordnungspunkt entscheiden sollte, war beschlussunfähig, denn für die insolvente Gesellschafterin ist kein Vertreter oder ähnliches erschienen. Dann wurde am 13.12.2018 eine Wiederholungsversammlung abgehalten, welche dann beschlussfähig war – obwohl auch diesmal niemand für die in Insolvenz geratene Gesellschafterin erschienen war. Innerhalb dieser Gesellschafterversammlung sprach man sich antragsgemäß für die Zwangsabtretung ihrer Geschäftsanteile aus.
Erkundigungspflicht nach Gesellschafterversammlung
Der Insolvenzverwalter, der für die insolvente Gesellschafterin Klage erhoben hatte, erhielt erst am 10.01.2019 Kenntnis vom Protokoll der Gesellschafterversammlung. Die aus dem Aktienrecht folgende Monatsfrist zur Klageerhebung hielt er danach ein. In der ersten Instanz wurde ihm Recht gegeben und die Anfechtungsfrist galt als gewahrt.
Das OLG Dresden war jedoch anderer Ansicht. Auch die Dresdner Richter gingen zwar von der Monatsfrist aus dem Aktienrecht aus. Allerdings ist umstritten wann die Monatsfrist zu laufen beginnt. Entweder direkt nach der Beschlussfassung durch die Gesellschafterversammlung oder ab der Bekanntgabe der Beschlüsse an den abwesenden Gesellschafter.
Das Gericht war schließlich der Auffassung, dass ein solcher Streitentscheid im vorliegenden Fall gar nicht erst von Nöten sei, da den abwesenden Gesellschafter ohnehin eine Pflicht zur Erkundigung hinsichtlich der gefassten Beschlüsse treffe. Demzufolge hätte der Gesellschafter zwei Wochen Zeit, um sich danach zu erkundigen, anschließend beginnt die Monatsfrist zu laufen. Auf Grund dessen sei die Anfechtungsklage durch den Insolvenzverwalter bereits verfristet gewesen.
Anfechtungsklage verfristet, wenn Gesellschafter nicht handelt
Mit diesem Urteil wird die Relevanz der Thematik unterstrichen. Es verdeutlicht, dass Gesellschafter, die bei einer Gesellschafterversammlung nicht anwesend waren, nicht bis zum Erhalt des Protokolls Däumchen drehend im Büro warten dürfen, sondern sich unmittelbar nach der Versammlung nach deren Inhalt erkundigen müssen. Ansonsten laufen sie Gefahr, dass eine Anfechtungsklage bereits verfristet ist, bevor sie überhaupt erhoben wurde.
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