Ein Dachdeckerbetrieb aus Hürth bei Köln musste demnach erst vor das Sozialgericht Köln ziehen, um die Winterbeschäftigungsumlage für Dachdecker-Meister im Betrieb zurückzubekommen. Die SOKA-Dach, die für den Einzug zuständig ist, hatte sich dem Bericht zufolge auf Vorgaben der Arbeitsagentur berufen, an die sie gebunden sei. Die Arbeitsagentur gab den schwarzen Peter an die Sozialkasse Dach zurück.
Der Clou an der Sache: Ein Jahr später wurde – trotz des Urteils – erneut Winterbeschäftigungsumlage für Dachdecker-Meister gefordert.
Arbeitsagentur und SOKA-Dach interpretieren „gewerblicher Arbeitnehmer“ unterschiedlich
Die SOKA-Dach behandelt auf der Baustelle tätige Meister in Bezug auf die Sozialkassenbeiträge als gewerbliche Arbeitnehmer, und zwar auch dann, wenn diese gemäß Arbeitsvertrag Angestellte sind. Die Arbeitsagentur sieht in ihnen jedoch Angestellte, keine gewerblichen Arbeitnehmer, und Agentur-Einordnung ist für die Winterbeschäftigungsumlage von Belang, auch wenn diese im Dachdeckerhandwerk von der SOKA-Dach eingezogen wird.
Das Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, sich bei Fehlern aktiv zu wehren. Sonst zahlt man ohne es zu müssen – und ohne Gegenleistung: Winterbeschäftigungsförderung konnten die Hürther Dachdeckermeister trotz der geforderten Umlage nämlich nicht in Anspruch nehmen.
Keine Winterbeschäftigungsumlage für Meister und Poliere
Winterbeschäftigungsumlage für Dachdecker-Meister und Poliere fällt nicht an, umgekehrt haben sie auch keinen Anspruch auf ergänzende Leistungen.
Saison-Kurzarbeitergeld bezahlt die Arbeitsagentur aus den Arbeitslosenversicherungsbeiträgen. Die sogenannten ergänzenden Maßnahmen (Zuschuss-Wintergeld und Mehraufwands-Wintergeld) werden dagegen über eine Umlage finanziert, die Baubetriebe, Dachdeckerbetriebe, Gerüstbaubetriebe sowie Garten- und Landschaftsbaubetriebe bezahlen müssen. Diese Winterbeschäftigungsumlage beträgt regelmäßig 2 Prozent vom Bruttolohn der gewerblichen Arbeitnehmer – 1,2 Prozent Arbeitgeber und 0,8 Prozent Arbeitnehmeranteil (bei Gerüstbaubetrieben ist es nur ein Prozent, das der Arbeitgeber trägt).
Winterbeschäftigungsumlage auf gewerbliche Arbeitnehmer beschränkt
Die vollen Sozialkassenbeiträge und die Winterbeschäftigungsumlage sind – auch in den Tarifverträgen – auf „gewerbliche Arbeitnehmer“ beschränkt. Entscheidend ist die ausgeübte Tätigkeit und deren Einordnung in die Lohn- bzw. Gehaltsgruppe gemäß den Tarifverträgen (z. B. gemäß dem „Rahmentarifvertrag für Angestellte und Poliere des Baugewerbes“).
Sozialkassenbeiträgen auch für Poliere und angestellte Meister?
- Für die Winterbeschäftigungs-Umlage der Arbeitsagentur gilt: Angestellte, und damit von der Umlage befreit, sind nicht nur angestellte Bürokräfte, sondern auch angestellte Meister und Poliere. Ihnen kann in der Schlechtwetterzeit witterungsbedingt gekündigt werden.
- Ergänzende Maßnahmen gibt es nur, wenn eine solche witterungsbedingte Kündigung tarifvertraglich ausgeschlossen ist: Das ist bei gewerblichen Arbeitskräften („Arbeitern“), aber auch bei Werkpolieren und Baumaschinen-Fachmeistern der Fall. Sie sind damit umlagepflichtig.
- In Bezug auf die Sozialkassenbeiträge unterscheidet die SOKA-Dach dagegen zwischen auf der Baustelle tätigen Meistern und überwiegend kaufmännisch tätigen Meistern. Für Meister, die auf der Baustelle tätig sind, verlangt sie Beiträge, selbst wenn diese im Betrieb als Angestellte geführt werden.
- Tarifrechtlich ist diese Praxis zumindest zweifelhaft. Der persönliche Geltungsbereich der Tarifverträge für Dachdecker ist klar auf „gewerbliche Arbeitnehmer“ eingegrenzt.
Was im konkreten Fall zählt, weiß Rechtsanwalt Dr. Meides
Rechtsanwalt Dr. Meides ist Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht und seit vielen Jahren auf Rechtsfragen rund um die Sozialkassen spezialisiert. Sie erreichen ihn unter eMail MEIDES Rechtsanwälte.