Dem Verfahren lagen zwei Versicherungsverträge aus dem Jahre 2003 zugrunde, die nach dem sogenannten Policenmodell abgeschlossen wurden.
Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers besteht bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung über dieses Recht fort
Der Bundesgerichtshof hatte diesbezüglich bereits mit Urteil vom 7. Mai 2014 (Az. IV ZR 76/11) entschieden, dass das Widerspruchsrecht eines Versicherungsnehmers unabhängig von der Vorschrift des § 5a Abs. 2 Satz 4 Versicherungsvertragsgesetz in der alten Fassung fortbesteht, wenn der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformationen oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat. Die Vorschrift des § 5a Abs. 2 Satz 4 Versicherungsvertragsgesetz in der alten Fassung sah nämlich vor, dass das Widerspruchsrecht – unabhängig von etwaigen Fehlern in der entsprechenden Belehrung – mit Ablauf eines Jahres nach der ersten Prämienzahlung durch den Versicherungsnehmer erlischt.
Vorschrift des § 5a Abs. 2 Satz 4 darf in alter Fassung keine Anwendung mehr finden
§ 5a Abs. 2 Satz 4 Versicherungsvertragsgesetz in der alten Fassung war jedoch auf Grundlage einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 „richtlinienkonform“ auszulegen. Der Bundesgerichtshof hatte dann in seinem Urteil vom 7. Mai 2014 entschieden, dass die Vorschrift des § 5a Abs. 2 Satz 4 Versicherungsvertragsgesetz in der alten Fassung dergestalt unter Berücksichtigung europarechtlicher Regelungen auszulegen sei, dass die Vorschrift keine Anwendung finden darf.
Details der Umsetzung der Rückabwicklung nach Widerspruch bisher ungeklärt
Offen war seitdem nur noch die Frage, wie sich Rückabwicklung von Versicherungsverträgen gestaltet, wenn heute noch der Widerspruch erklärt wird.
Zwar hatte der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 7. Mai 2014 entschieden, dass der dem Versicherungsnehmer zuteil gewordener Versicherungsschutz einen Vermögenswert darstellt, der vom Versicherer im Rahmen der Rückabwicklung geltend gemacht werden kann. Die offen gebliebene Kernfrage war aber, welche weiteren Kostenpositionen der Versicherer gegenüber dem Rückzahlungsbegehren der Versicherungsnehmer noch in Anrechnung bringen kann.
Abschluss- und Verwaltungskosten dürfen bei fehlerhafter Verbraucherinformation nicht von Rückerstattungsansprüchen in Abzug gebracht werden
Mit dem nunmehr gesprochenen Urteil hat der Bundesgerichtshof mehr Rechtssicherheit für die Versicherungskunden und die Versicherungsunternehmen geschaffen:
Ist eine nach dem Policenmodell geschlossene Lebensversicherung wegen fehlerhafter Verbraucherinformation rückabzuwickeln, dürfen insbesondere die Abschluss- und Verwaltungskosten nicht von den Rückerstattungsansprüchen des Versicherungsnehmers in Abzug gebracht werden. Hingegen kann der Versicherer bereits abgeführte Kapitalertragsteuer als Kostenpunkt ansetzen.
Urteil ist deutliche Stärkung des Verbraucherschutzes im Versicherungsbereich
Der Bundesgerichtshof hat weiter entschieden, dass der Kunde auch Anspruch auf Zinsen hat - allerdings nur der Höhe, die das jeweilige Unternehmen auch tatsächlich erwirtschaftet hat. Das Urteil kann im Ergebnis als deutliche Stärkung des Verbraucherschutzes im Versicherungsbereich angesehen werden.
Anwaltskanzlei Lenné steht für Beratung gern bereit
Gerne prüfen wir auch Ihre Möglichkeiten zum Widerspruch und der Rückabwicklung eines bestehenden Versicherungsvertrags.
Beachten Sie: Auch bereits gekündigte Versicherungsverträge können nachträglich rückabgewickelt werden. Auch in diesem Punkt beraten wir Sie gerne.