Jedwedes Entfernen von der Unfallstelle erfüllt auch bei nur geringen (Sach)Schäden grundsätzlich den Tatbestand der Fahrerflucht gem. § 142 StGB; dies mit regelmäßig gravierenden Folgen.
Machen Sie von Ihrem Schweigerecht Gebrauch
Nach einer Fahrer- bzw. Unfallflucht sollte daher niemals vorweg die Fahrereigenschaft zum angeblichen Unfallzeitpunkt gegenüber den Ermittlungsbehörden eingeräumt werden.
Da die Amts- bzw. Staatsanwaltschaft diese Fahrereigenschaft im späteren Prozess nachweisen muss und sich gleichzeitig der Tatvorwurf in diesen Fällen oftmals nur aus der über das Fahrzeugkennzeichen ermittelten Haltereigenschaft begründet, würden Sie sich eine wichtige Verteidigungslinie von vornherein verbauen.
Es handelt sich oftmals um auf den ersten Blick geringfügige Unfälle beim Ausparken, welche vom Verursacher gar nicht bemerkt werden. Dabei zeigen sich die Polizisten dann häufig erst einmal verständnisvoll.
Sobald Sie jedoch „in gutem Glauben“ die Fahrereigenschaft eingeräumt haben, kommt es in der Praxis nur noch auf die Höhe des verursachten Schadens an. Die sogenannte Geringfügigkeitsgrenze von aktuell immer noch lediglich ca. 1.400 Euro ist dabei regelmäßig schnell erreicht.
Folgen der Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze
Das Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze hat dann wiederum zur Folge, dass Ihnen neben der Geldstrafe von dreißig bis vierzig Tagessätzen eine sechsmonatige oder ggf. sogar noch längere Entziehung der Fahrerlaubnis (Führerscheinentzug) droht, wobei es häufig zudem vorab zu einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 111a StPO kommt.
Ist der Führerschein erst einmal vorläufig entzogen, bekommen Sie ihn jedenfalls vor der meist erst Monate später stattfindenden strafrechtlichen Hauptverhandlung regelmäßig nicht wieder. Dies auch dann, wenn sich dort Ihre Unschuld herausstellt. Zwar kann man gegen die vorläufige Entziehung Beschwerde einlegen. In der Praxis ist dies allerdings eher theoretischer Natur und führt überdies dazu, dass die Hauptverhandlung später stattfindet.
Auf das weitere Tatbestandmerkmal an sich des Bemerkens bzw. faktisch jedoch des „Bemerkenmüssens“ eines Unfalls, also auch Parkanstoßes, wird nämlich in dem „verkürzten“ Verfahren nach § 111a StPO kaum geachtet. Hier wird regelmäßig nur auf die verursachte Schadenhöhe abgestellt und der Führerschein (schon) darauf hin vorläufig entzogen. Dies jedenfalls dann, wenn Sie die Fahrereigenschaft - in an sich ja gutem Glauben an Ihre „Unschuld“ - vorschnell eingeräumt haben.
Auch im Rahmen der späteren gerichtlichen Hauptverhandlung kommt es bei eingeräumter Fahrereigenschaft dann faktisch fast zu einer Beweislastumkehr, d.h. Sie müssen im Ergebnis nachweisen, dass Sie die Verursachung des Schadens nicht bemerken konnten.
Sind Sie erst einmal verurteilt, kommt dann auch noch die Regressforderung der Kfz-Versicherung hinzu.
Rechtsschutzversicherte und Vielfahrer sollten keine Erledigung im Strafbefehlsverfahren akzeptieren
Selbst wenn die Geringfügigkeitsgrenze nicht erreicht wird, sollten zumindest Rechtsschutzversicherte und Vielfahrer keine Erledigung im Strafbefehlsverfahren akzeptieren. In dem Ihnen zugehenden Strafbefehl werden nämlich die daraus resultierenden Punkte/Einträge im Fahreignungsregister (FAER) noch nicht aufgeführt.
Die dahingehende Mitteilung kommt dann - nicht mehr angreifbar - erst nach der Rechtskraft des Strafbefehls.
Man könnte diesbezüglich auch von der „Punktefalle Strafbefehl“ sprechen, was im Übrigen für sämtliche verkehrsrechtliche Vergehen nach StGB gilt.
Ihr Verteidiger kann (zumindest) das finanzielle „Ergebnis“ des Strafbefehls regelmäßig auch über den Versuch einer Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO erreichen. Dies dann mit dem günstigen Ergebnis, dass keine Einträge in das FAER erfolgen und Sie sich auch im Hinblick auf den zu erwartenden Regress Ihrer Kfz-Versicherung zumindest besser stellen.
Verfahrenseinstellung wird nicht als Schuldeingeständnis gewertet
Im Gegensatz zu der Akzeptanz eines Strafbefehls wird die Einstellung nach § 153a StPO nämlich von der neueren Rechtsprechung zumindest überwiegend nicht als Schuldeingeständnis gewertet, so dass Ihnen in dem Zivilprozess gegen Ihre Kfz-Versicherung die inhaltliche Verteidigung gegen die Regressforderung offen bleibt.
Aus diesem Grunde lassen dann die Versicherungen oft außergerichtlich mit sich verhandeln.
Im Übrigen sei noch darauf hingewiesen, dass bei einer Einstellung nach § 153a StPO Ihre Rechtsschutzversicherung auch die Kosten des Strafverfahrens übernimmt.
Werden Sie hingegen wegen des Vorwurfs einer Vorsatztat im Strafbefehlsverfahren „verurteilt“, d.h. Sie lassen den Strafbefehl also rechtskräftig werden, ist dies nicht der Fall.
Auch Verursachung eines Fremdschadens am Eigentum der öffentlichen Hand kann ungeahnte Folgen haben
Schlussendlich möchte ich noch darauf aufmerksam machen, dass auch die Verursachung eines Fremdschadens am Eigentum der öffentlichen Hand (wie z.B. Leitplankenunfälle) einen i.S.d. § 142 StGB relevanten Sachschaden darstellt.
Es kann dann zu dem Paradox kommen, dass derjenige, welcher einen Unfall ohne (eigentliche) Fremdbeteiligung erleidet, nach einem Verlassen der Unfallstelle dann nicht nur fassungslos vor seinem eigenen Totalschaden steht, sondern wegen des zugleich verursachten Leitplankenschadens auch noch der Fahrerflucht angeklagt wird.