Was ist passiert?
Der Käufer bestellte sich über das Internet für private Zwecke zwei Matratzen bei der beklagten Verkäuferin. Die Matratzen wurden geliefert und vom Käufer auch bezahlt. Im Anschluss an den Kauf, entdeckte der Käufer dann jedoch bei einem anderen Unternehmen die Matratzen zu einem günstigeren Preis. Er verlangte von der Verkäuferin die Preisdifferenz in Höhe von knapp 33 Euro unter Verweis auf die „Tiefpreisgarantie“ der Beklagten. Zugleich kündigte er auch an, dass er ansonsten von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen werde. Eine Einigung kam nicht zustande, sodass der Käufer den Vertrag tatsächlich widerrief und die Matratzen zurückschickte. Er verlangt nunmehr die Rückzahlung des gesamten Kaufpreises. Die beklagte Verkäuferin lehnte das mit der Begründung ab, dass der Widerruf rechtsmissbräuchlich und deshalb unwirksam sei. Das Widerrufsrecht diene dem Zweck, dass der Kunde die Ware ansehen und prüfe könne. Nicht aber um Rabatte zu erhalten oder um Preisdumping zu betreiben.
Die Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH - Az. VIII ZR 146/15) gab der Klage des Kunden statt. Nach Ansicht des Gerichts konnte der Kläger den Vertrag wirksam widerrufen und somit den Kaufpreis zurück verlangen. Das sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil es dem Käufer um die Durchsetzung eines günstigeren Preises ging.
Der Widerruf eines Vertrages setzt einzig und allein voraus, dass dieser fristgerecht erklärt wird. Die Angabe von Gründen sei hingegen nicht erforderlich. Der Verbraucher soll durch das Widerrufsrecht ein einfaches und unkompliziertes Mittel zur Loslösung vom Vertrag bekommen. Es komme somit nicht darauf an, warum der Kunde widerruft.
Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen sei ein Widerruf ausgeschlossen, zum Beispiel bei Arglist des Verbrauchers oder bei einer Schädigungsabsicht bzw. bei Schikane.
Diese Ausnahmefälle lagen nach Ansicht des BGH im entschiedenen Fall nicht vor. Allein der Umstand dass der Käufer Preise verglichen hat und klar gemacht hatte, den Vertrag bei Zahlung der Preisdifferenz nicht zu widerrufen, stelle kein rechtsmissbräuchliches Verhalten dar.
Das Verhalten des Kunden sei vielmehr nur die Folge des gesetzlich einschränkungslos gewährten Widerrufsrechts. Den sich hieraus ergebenden Wettbewerbsdruck könne der Verbraucher zu seinen Gunsten nutzen.
Fazit
Ob diese Auslegung und ein weitreichendes Verständnis des Widerrufsrechts tatsächlich noch dem Zweck „Verbraucherschutz“ dient, scheint fraglich. Bereits die Entscheidung des AG Bad Segebergs (13.04.2015 - Az: 17 C 230/14) verdeutlicht die ungeahnten Haftungsrisiken für Unternehmen sehr deutlich.
Da das Widerrufsrecht nicht ausgeschlossen werden kann, ist Unternehmen dringen zu empfehlen, sowohl die Informationspflichten als auch die Widerrufsbelehrung stets zu erteilen. Ansonsten können neben dem eigentlichen Widerruf (der ohne Belehrung 1 Jahr und 14 Tage ausgeübt werden kann) auch kostenpflichtige Abmahnungen und Schadensersatzansprüche drohen.
Bei Verträgen außerhalb von Geschäftsräumen sollten Unternehmen sich die Einwilligung zur sofortigen Ausführung der Arbeiten unter Verzicht auf das Widerrufsrecht nachweislich (!) einholen! So kann das Kostenrisiko zumindest minimiert werden.