Sachverhalt und Klageverfahren
Entschieden wurde über die Klage einer (mit 13/25) teilzeitbeschäftigten Gymnasiallehrerin. Diese hatte gemeinsam mit einem vollzeitbeschäftigten Kollegen an einer mehrtägigen Klassenfahrt teilgenommen (a. a. O.). Im Nachgang stellte sie einen Antrag auf „gehaltsanteilige Vergütung von Mehrarbeit“ bzw. „Zahlung von Vergütung für Mehrarbeitsunterrichtsstunden (MAU)“ wegen der Vollzeitbeschäftigung während der Klassenfahrt.
Daraufhin erhielt die Klägerin zunächst eine Zahlung von 628,68 Euro für 12 Stunden Mehrarbeit durch das Landesamt für Besoldung (LBV; a. a. O.). Nach behördeninternen Kontroversen (die Teilnahme an einer außerunterrichtlichen Veranstaltung stelle rechtlich „keine MAU“ dar), forderte das LBV die ausbezahlte Vergütung für 12 Stunden zurück (a. a. O.).
Auf den klägerischen Widerspruch wurde die Rückzahlung wegen Mitverschuldens des Dienstherrn (30 %) auf 440,08 Euro reduziert (a. a. O.).
Die daraufhin erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 10.9.2019 ab (a. a. O.). Der Klägerin sei Vergütung für 12 Stunden „zu viel gezahlt“ worden. Sie habe auch während der Klassenfahrt entsprechend ihrer Teilzeitquote nur einen 13/25-Besoldungsanspruch. Weder aus § 8 LBesG (noch aus § 67 Abs. 3 LBG) folge etwas Anderes. Es liege schon keine „Mehrarbeit“ vor; auch fehle es an einer entsprechenden „Anordnung oder Genehmigung“ (a. a. O.).
Vielmehr habe sie allein Anspruch auf innerschulischen Ausgleich durch geringere Heranziehung zu Lehrerdienstleistungen in anderen Bereichen oder Teilnahme z.B. nur an jeder zweiten Klassenfahrt (a. a. O.). Hiergegen hatte sich die Klägerin mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung an den VGH gewandt (a. a. O.).
Beschluss des VGH Mannheim
Dieser hat die Berufung nicht zugelassen. Zwar bedeute die Teilnahme des begleitenden und Aufsicht führenden Lehrers an einer Klassenfahrt auch beamtenrechtlich ggf. einen „24-Stunden-Dienst“ (a. a. O.). Insoweit bestehe z.B. Dienstunfallschutz (a. a. O.). Die Teilnahme einer verbeamteten Lehrkraft an Klassenfahrten gehöre aber auch bei Teilzeitkräften zum „normalen Schuldienst“ und stelle damit grds. keine „Mehrarbeit“ dar (a. a. O.).
teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte hätten jedoch Anspruch darauf, nicht über ihre Teilzeitquote hinaus zur Dienstleistung herangezogen zu werden (a. a. O.). Die Schulleitung müsse der Teilzeitquote entweder bei der Übertragung von Lehrerarbeit Rechnung tragen oder einen zeitlichen Ausgleich durch entsprechend geringere Heranziehung zu anderen Aufgaben gewähren (a. a. O.). Auch unter rein wochenarbeitszeitlicher Betrachtung überobligatorischer Dienstleistung resultiere jedoch grds. kein zusätzlicher Geldanspruch gegenüber dem Dienstherrn (a. a. O.).
Zudem würde die Anordnung/Genehmigung einer regulären, im Lehrplan oder üblicherweise vorgesehenen Klassenfahrt durch die Schulleitung grds. keine Anordnung oder Genehmigung von „Mehrarbeit“ darstellen (a. a. O.).
Aus den „Besonderheiten des Lehrerberufes“ folge, dass regelmäßig nur die Unterrichtsverpflichtungen konkret festgelegt würden, obwohl die Dienstpflichten einer Lehrkraft weit darüber hinausgingen (a. a. O.). Der Gesetzgeber wäre zulässigerweise pauschalierend davon ausgegangen, dass die Summe aller Lehrerpflichten bei vollem Deputat trotz rund 12 Wochen Schulferien im Wesentlichen der Jahresarbeitszeit anderer Beamter (derzeit 1.804 Stunden) entspreche (a. a. O.). Daher sei nach Sicht des VGH klar, dass eine Tätigkeit, die über die Unterrichtsverpflichtung hinausgehe, aber typischerweise zum Lehrerberuf gehöre, dienstrechtlich nicht als „Mehrarbeit“ bewertet werden könne (a. a. O.).
Rechtliche Einordnung
Die Entscheidung des VGH Mannheim vom 28.1.2020 (Az. 4 S 2891/19) betrifft diverse Fragen zur dienstrechtlichen Gestaltung der Arbeitszeit und Mehrarbeit (inkl. Abgeltung derselben) im Schuldienst.
Diese werden jedoch z.B. für angestellte Lehrkräfte in ständiger Rechtsprechung etwa des BAG anders als hier durch den VGH bewertet. Demnach besteht für angestellte Lehrer grds. Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung der Vergütung oder auf zusätzliche anteilige Vergütung (vgl. BAG, Urteil vom 25. Mai 2005 – 5 AZR 566/04 –, BAGE 115, 12-18 unter Hinw. auf: BAG, Urteil vom 22. August 2001 – 5 AZR 108/00 – BAGE 98, 368).
Der VGH Mannheim vertritt demgegenüber weitgehend die bisherige Sichtweise des BVerwG (vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 23. September 2004 – 2 C 61/03 –, BVerwGE 122, 65-75).
Unter Berücksichtigung der Pflicht des Arbeitgebers zur Einrichtung eines Systems zur Erfassung der täglichen effektiven Arbeitszeit - Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei der Arbeit – Art 3, 5 und 6 EGRL 88/2003 – Art 31 Abs 2 EUGrdRCh – EWGRL 391/89 – tägliche und wöchentliche Ruhezeit – wöchentliche Höchstarbeitszeit- (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Mai 2019 – C-55/18 –, juris), die grds. auch für Lehrkräfte im Beamtenverhältnis in der BRD gilt, erscheint sehr fraglich, ob die o. g. Begründung auch beamtenrechtlich weiterhin tragen kann.
Die Frage nach dem Anspruch auf finanzielle Abgeltung von Mehrarbeit für Lehrer z.B. bei Klassenfahrten wird deshalb weiter kontrovers diskutiert und in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte früher oder später auch unter Berücksichtigung des höherrangigen Gemeinschaftsrechts beantwortet werden müssen.